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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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wie es ihr möglich war „Du warst ja nicht bei mir, um ihn vor aller Augen eindrucksvoll vorzuführen.“
    Er machte einen Schritt auf sie zu, mit erhobener Hand als wolle er sie schlagen, besann sich jedoch und ließ die Hand wieder sinken. „Du hast mich enttäuscht, meine Schöne, und du hast mich bloßgestellt! Ich habe dir alles gegeben was mir gehört, und du hast es mir mit Verrat gedankt. Aber heute, während du fort warst, habe ich mir etwas genommen, das dir gehört. Und nun werden wir Chabrias vergessen und neu beginnen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Stimme klang kalt und scharf.
    „Ich denke, dass wir uns jetzt endlich verstehen, Neaira.
    Du bist, was du bist - und ich bin, was ich bin. Wenn du lernst, dies zu akzeptieren, wird unser Leben sehr erfüllt sein.“
    Dein Leben wird erfüllt sein! , dachte sie aufgebracht und stutzte dann. Er hatte sich etwas genommen, was ihr gehörte? Kokkaline! Neaira rannte in ihre Räume.
    Kokkaline saß auf dem Boden und wagte nicht aufzuschauen. Erst als Neaira durch die Tür gestürmt kam und sie mit harschen Worten aufforderte sie anzusehen, hob Kokkaline den Kopf.
    „Was hat er getan?“
    „Er kam, als du fort warst, Herrin. Er sagte, dass du mich mehr lieben würdest als ihn und dass es nur gerecht wäre, wenn er sich diese Liebe nun von mir zurückhole, da sie ihm allein gehört.“ Ohne es zu wollen, begann Kokkaline zu zittern als sie sich daran erinnerte - daran, wie Phrynion ihr den Chiton mit einem Ruck heruntergerissen und sie dann auf das Lager geworfen hatte, auf dem ihre Herrin nachts schlief. Sie hatte geblutet und war so trocken gewesen, dass sie meinte, er würde sie zerreißen. Doch nur beim ersten Mal - beim zweiten und dritten Mal war sie nass von seinem Samen gewesen. Ängstlich betrachtete sie ihre Herrin. Kokkaline war zeitlebens eine Sklavin gewesen und hatte gesehen, wie die eifersüchtigen Frauen Sklaven verkauften oder verprügelten, weil ihre Gatten sie ihnen vorzogen. Manchmal gaben sich die Sklaven auch freiwillig hin, da sie sich eine Verbesserung ihres Lebens dadurch erhofften. Auf jeden Fall waren es immer die Sklaven, welche bestraft wurden. Kokkaline wagte kaum sich zu rühren, während Neaira vor ihr stand, die Fäuste geballt, die Augen voller Zorn. Gleich würde die Herrin zum gefürchteten Gürtel greifen. Sie konnte so hart zuschlagen, und Kokkaline tat ohnehin schon alles weh.
    „Er wird alles zerstören, was mir lieb und teuer ist!“
    Neaira ging neben Kokkaline in die Knie. „Kokkaline, heute Nacht werden wir gehen. Wenn wir es jetzt nicht tun, wird er uns nie fortlassen!“
    Keine Schläge? Was hatte die Herrin da gesagt?
    Kokkaline dachte an die Schatulle, die noch immer in Phrynions Besitz war. „Aber Herrin! Deine Freilassungsurkunde ... er wird sie dir nicht geben. Und wie sollst du leben ... du bist Armut nicht gewohnt!“
    Kokkaline sah, wie ihre Herrin die Tränen hinunterschluckte und sich zu einem Lächeln zwang. „Es ist bedauerlich, dass ich meine Urkunde nicht mitnehme.
    Doch was nutzt sie mir, wenn ich bei ihm bleibe? Wie eine Hure hat Phrynion mich behandelt und vorgeführt, dabei aber vergessen, dass ich kostspielig bin! Wenn er betrunken auf seiner Kline liegt, werden wir an kostbaren Dingen mitnehmen was wir tragen können und Athen verlassen.“
    Kokkaline streckte einem Gefühl folgend die Hand aus und war überrascht, als die Herrin ihre Hand ergriff. „Ab heute werde ich mich nicht mehr auf die Männer verlassen ... das schwöre ich bei Aphrodite. Keiner von ihnen kann mir mehr den Kopf verdrehen. Ich nehme ihr Geld, ihr Herz und alles, was nützlich ist.“ Ihre Augen glitzerten als wären sie aus geschliffenen Steinen. „Ab heute sind wir verschworen, Kokkaline. Wir werden uns gegenseitig beschützen und niemandem erlauben, uns zu verletzen ... schwöre es Kokkaline ... bei Aphrodite!“
    Kokkaline legte ihre Hand auf ihr Herz und nickte.
    „Ich schwöre es bei Aphrodite, Herrin!“

12. Kapitel
Ein gehobenes Haus
    Als der Mond am Himmel stand und Phrynions vom Wein trunkene Stimme nicht mehr zu hören war, öffnete Neaira leise die Tür ihrer Räume und lauschte. Es war still im Haus. Phrynion schlief seinen Weinrausch aus, die müden Sklaven hatten sich auf ihre Schlafmatten gelegt. „Zieh deine Sandalen aus, damit niemand aufwacht.“ Neaira schob Kokkaline aus der Tür und wies auf eine kleine goldene Statue des Dionysos, die auf einem Ziertisch im Flur vor ihren

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