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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Hetäre, und das wundert mich nicht – du bist so schön wie Aphrodite.“
    Neaira bedankte sich für sein Lob, denn wie sie nun wusste, war er ein berühmter Mann. Chabrias war von seiner Polis bereits einige Male in das Amt eines Strategen berufen worden, wie Phrynion ihr auf dem Weg zu seinem Fest erklärt hatte. Vor wenigen Jahren hatte er einen großen Sieg über die Spartaner bei Naxos errungen. Zudem wusste er sehr genau, dass er ein gutaussehender Mann war.
    Zwar war er nicht von der gemeißelten Schönheit eines Phrynion, sondern breitschultrig und mit einer starken Ausstrahlung auf Frauen. Chabrias war es nicht gewohnt, von Frauen abgewiesen zu werden. Unverhohlen musterte er Neaira. „Ich habe die Spartaner besiegt, den Efeukranz bei den Spielen gewonnen – wie kann ich nun dich bekommen, Neaira?“
    Phrynion legte besitzergreifend den Arm um sie.
    Chabrias grinste frech und geleitete Phrynion und Neaira zu ihrer Kline, wo sie von den anderen Gästen mit lauten Rufen begrüßt wurden. Ein nackter Knabe reichte ihnen Weinschalen. Neaira fiel auf, dass sie bis auf ein paar Musikantinnen die einzige Frau auf dem Gelage war. Die anwesenden Herren bestaunten sie neugierig. Elende Berühmtheit , dachte sie unwillig, prostete den Männern jedoch zu.
    „Man könnte fast meinen, dass er seinen Sieg mit einer neuen Hetäre krönen will“, zischte Phrynion ihr ins Ohr, während er scheinbar gelassen neben ihr lag.
    „Woher soll ich wissen, was dieser Mann will? Es war doch dein Wunsch, dass ich dich zu diesem Fest begleite.“
    Er brummte unwillig, gab sich jedoch mit ihrer Antwort zufrieden. Neaira war froh, als Phrynion sich zu entspannen schien, und dankte Aphrodite, dass diese sie vor weiterem Übel bewahrt hatte.
    Der Abend wurde ausgelassener, je mehr Wein ausgeschenkt wurde. Chabrias schien ein Mann zu sein, der sich ähnlich wie Phrynion gerne den Genüssen des Lebens hingab. Sein Fest war vergleichsweise zotig zu den Symposien der Athener Gesellschaft. Neaira meinte zu sehen, dass Chabrias überlegte, wie er das Wort an sie richten sollte. Sie bemühte sich so zu tun als würde sie seine aufdringliche Blicke nicht bemerken.
    „Neaira, man sagt, dass du nur noch Phrynion deine Gunst schenkst. Das wundert mich, da ich mich unserer kleinen Wette mit Lais entsinne. Sie hat damals viel Geld verloren, und ich habe viel gewonnen.“ Chabrias Augen funkelten herausfordernd.
    Neaira begriff mit Schrecken, dass es ihm bei seiner Einladung allein um sie gegangen war. Was stand einem Sieger, Krieger und Spieler wohl besser zu Gesicht als sich die begehrteste Hetäre Athens in sein Haus zu holen?
    „Wie geht es Lais?“, versuchte sie das Thema in eine ungefährliche Richtung zu lenken.
    Chabrias zuckte mit den Schultern und nahm einen großen Zug aus seiner Schale. „Sie wird alt und zänkisch, jammert ständig ihrer Jugend nach ... ich interessiere mich nicht für den untergehenden Stern, nur für den aufgehenden.“ Wieder grinste er frech.
    Phrynions Arme legten sich wie Fesseln um Neairas Mitte. „Ich wusste nicht, dass ihr euch kennt.“
    Seine Worte klangen harmlos, doch sie waren es nicht.
    Hätte sie es ihm doch gesagt! Nun fühlte er sich verraten und war misstrauisch ... und diese Stimmung war eine der gefährlichsten bei Phrynion. Neaira wagte kaum zu atmen, als er sich Chabrias zuwandte. „Du hast richtig gehört, mein lieber Chabrias. Neaira schenkt allein mir ihre Gunst.
    Sie würde alles für mich tun, doch niemals für jemand anderen – auch nicht für einen erfolgsverwöhnten Mann wie dich.“
    „Große Worte Phrynion, aber Worte sind keine Taten!
    Ich bin davon überzeugt, dass ich Neaira haben kann, wenn ich nur klug genug um sie werbe.“ Chabrias Rede wurde mit Gelächter und zustimmenden Rufen bedacht.
    Neaira meinte, Phrynions Hände wie Glut auf ihrer Schulter zu spüren, während Chabrias sie angrinste.
    Aphrodite steh mir bei , dachte sie.
    „Chabrias, ich werde dir beweisen, dass sie mir gehört“, riss Phrynion sie aus ihren Gedanken. „Neaira wird sich mir hingeben, hier und jetzt, vor den Augen von euch allen!“
    Wie ein Stein trafen Phrynions Worte Neaira in Magen, und ihr wurde schlecht. Der Wein schmeckte auf einmal sauer auf ihrer Zunge, und im Andron war es still. Es war unerhört, vollkommen undenkbar! Egal wie ausschweifend ein Gelage wurde; nur selten gerieten die Gäste so außer sich, dass sie sich vor den Augen aller ihrer körperlichen Gelüste hingaben. Die

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