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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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wahrscheinlich arrangieren lassen«, sagte John und dachte an die kühlen Drinks und das Bad im Fluss beim Haus der Bells.
    »Bist du denn darauf vorbereitet?«, fragte Connor.
    »So in etwa.« Madi klopfte auf ihren Rucksack.
    »Gut. Ich nämlich auch.« Er grinste sie an. »Ich hatte so das Gefühl, das es schwer sein würde, dich von hier loszueisen. Ich bleibe bei dir. Hoffentlich ist es das wert, trockene Sandwiches und lauwarmes Wasser in Kauf zu nehmen.«
    »O Connor.« Madi umarmte ihn.
    Ann griff nach ihrem Rucksack. »Ihr könnt im Dorf wahrscheinlich etwas zu essen kaufen. Also, dann los.«
    Sie kamen an einem verlassenen Gästehaus vorbei, das, wie John erzählte, für den ehemaligen kanadischen Premierminister Pierre Trudeau gebaut worden war und seitdem kaum noch benutzt wurde, da nur wenige der hierher transportierten Staatsgäste über Nacht bei den Fällen blieben. Eine Stunde Aufenthalt, und sie flogen am späten Nachmittag nach Georgetown zurück.
    Es war heiß auf dem Weg zum Dorf. Die Frauen redeten leise miteinander, die Männer hörten mit halben Ohr zu und dachten an das kühle Bier, das auf sie wartete. »Und wenn es ihnen ausgegangen ist?«, fragte John.
    »Daran darfst du noch nicht mal denken«, erwiderte Connor.
    Hinter ihnen schwenkte der Indiojunge den leeren Kanister und sang leise in seiner Sprache vor sich hin. Für Madi schienen die unvertraute Sprache und ihr Rhythmus genauso zu dieser Umgebung zu gehören wie die fremden Pflanzen und Bäume und das Gefühl der Abgeschiedenheit, und doch fühlte sie sich auf seltsame Weise wohl und mit allem verbunden. Lag es daran, dass sie sich, genau wie Gwen, zu diesem Land hingezogen fühlte? Als hätte er ihre Gedanken gelesen, fragte Connor plötzlich: »Ist deine Freundin Gwen auch zum Kaieteur hinaufgeklettert?«
    »Ich glaube nicht. Wenigstens hat sie nichts davon geschrieben. Sie war nur darauf aus, am Mazaruni nach Diamanten zu schürfen.«
    »Also liest du uns nichts mehr aus Gwens Buch vor?«, fragte Viti.
    »Hat sie Diamanten gefunden?«, wollte Sharee wissen.
    »Ja. Aber als sie gerade so richtig in Schwung kam, erhielt sie eine Botschaft und reiste eilends nach New York ab. Warum sie nach New York fuhr, wird nicht gesagt. Sie gibt überhaupt nichts über ihr Privatleben preis. Es ist frustrierend. Ich würde so gern mehr von ihr wissen.«
    »Da musst du nach Ballarat fahren, wo sie geboren ist, und versuchen, mehr über sie herauszufinden«, sagte Connor.
    »War sie verheiratet?«, fragte Ann, für die Gwen allmählich zu einem unsichtbaren Gast in der Gruppe wurde. »Vielleicht musste sie zurück, um nach ihrem Gatten zu sehen.«
    »Welcher Ehemann hätte in jener Zeit seine Frau allein in die Wildnis ziehen lassen?«, fragte John.
    »Es gab genug Abenteurerinnen, die das getan haben, sogar indem sie sich im 19. Jahrhundert als Männer verkleideten«, sagte Madi.
    »Fangt bloß nicht davon an. Abenteurerinnen sind ihr Hobby«, grinste Connor.
    »Und wie war das mit Gwen?«, fragte Viti. Die anderen Frauen mussten zugeben, dass sie immer mehr fasziniert waren von der romantischen Figur der attraktiven, wohlhabenden Miss Gwendoline Richardson, die in den zwanziger Jahren die weite Reise von Australien antrat und schließlich am Mazaruni in Guyana nach Diamanten schürfte.
    »Die Regierung von Britisch Guiana war nicht bereit, einer Frau die Erlaubnis zu erteilen, allein eine Expedition ins Landesinnere zu unternehmen«, erklärte Madi. »Also tat sich Gwen mit einem Briten zusammen – einem Major Blake –, der flussaufwärts Land besaß und sich bereit erklärte, ihr einen Teil davon zu verpachten und als ihr Auftraggeber aufzutreten. Aber es war von Anfang bis Ende allein Gwens Unternehmen.«
    »Chauvinistische Dreckskerle. Ich hoffe, sie hat ein Vermögen gemacht«, sagte Ann.
    »Hatte sie was mit dem Major?«, wollte John wissen.
    »Also, davon hat sie nichts geschrieben. Es schien alles sehr korrekt zuzugehen. Ein- oder zweimal macht sie ihm Komplimente für seinen Einfallsreichtum, nachdem er sie aus schwierigen Situationen herausgeholt hat. Aber Gwen konnte gut allein zurechtkommen und tat das auch. Sie war die Leiterin der Expedition.«
    »O Gott, ist das eine Fata Morgana, oder seht ihr das auch?«, rief Connor und blieb mit einem Mal stehen. Die anderen starrten in die Richtung, in die er schaute, und brachen in Gelächter aus. Auf einer sandigen Lichtung stand eine kleine, blättergedeckte Hütte mit einem

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