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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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verblichenen, verbogenen, rot-gelben Blechschild auf dem Dach. BANKS BEER stand darauf. Neben der Hütte, die als Dorfladen diente, war ein grob gezimmertes, ebenfalls mit Blättern bedecktes Dach über Holztischen errichtet, an denen mehrere Männer saßen und ihr Näherkommen beobachteten. Ein paar windschiefe Hütten rechts und links bildeten so etwas wie eine ›Hauptstraße‹.
    »Sieht aus wie der Wilde Westen in Miniatur«, meinte Connor lachend.
     
    Die Bierflaschen waren gut gekühlt und kosteten viermal so viel wie in Georgetown, aber niemand erhob Einspruch. Sie gesellten sich zu den Pork-Knockers unter dem Sonnendach und tauschten Grüße aus. Die Männer, junge und alte, dunkelhäutig und unrasiert, lächelten sie zwar an, zeigten aber eine vorsichtige Zurückhaltung, die nicht ermutigend war.
    John erklärte, dass sie zu Fuß aufgestiegen waren, und die Männer nickten. »Das tun wir auch, wenn's sein muss. Aber meistens fliegen wir her. Da hinten ist 'ne Landebahn.« Sie zeigten auf eine Piste in der Ferne.
    »Sie suchen hier oben also nach Diamanten?«, fragte Viti. »Gibt es viele im Fluss?« Ihre liebenswerte Naivität war entwaffnend. John und Ann wussten, dass die Männer nicht über ihre Funde redeten – noch nicht einmal miteinander. Käufer und Agenten flogen her, um direkt von den Pork-Knockers zu kaufen. Manche der Männer zogen es vor, ihre Ausbeute in Georgetown zu verkaufen. Aber dort gingen sie das Risiko ein, den Gewinn gleich wieder zu verjubeln. Hier oben gab es wenig Gelegenheit, das Geld auszugeben, außer für Rum, Bier und Kartenspielen.
    Madi war fasziniert und begann zu fragen, wie das Ausschwemmen vor sich ging und wie die Diamanten aussahen. »Ich meine, sind sie so schwer zu finden wie Gold?« Sie erinnerte sich an ein Goldsucher-Wochenende mit ihren Eltern in Hill End in New South Wales, das für eine Elfjährige sehr enttäuschend gewesen war. Pork-Knockers hatten als Einzige ein winziges Goldnugget gefunden.
    Einer der jungen Männer lachte. »Die glitzern, ham ein Feuer, Mädchen. Kannste nich verwechseln.«
    »Könnte ich mal einen sehen?«
    Der Mann regierte auf Madis begierigen Blick und ihre überschäumende Begeisterung. Er griff in seinen Schuh und zog eine blau-weiße Wick-VapoRub-Sprühflasche aus seiner Socke.
    »Himmel, so eine hab ich seit Jahren nicht gesehen. Wenn meine Nase verstopft war, hat mir meine Großmutter immer so eine in die Nase gesteckt«, lachte John.
    »In Australien gibt es das auch. Aber da ist es in einem Töpfchen, so ein schmieriges Zeug, mit dem man sich die Brust einreibt«, sagte Connor.
    Der junge Mann schraubte die Plastikkappe ab und schüttete sich den Inhalt in die Hand.
    Die rohen, ungeschliffenen Steine glitzerten in vielen Farben, in jedem einzelnen schimmerte ein eigenes inneres Feuer.
    Sie beugten sich fasziniert über die Diamanten, und dann zog einer der anderen Männer eine zusammengeknotete Socke aus seiner Hosentasche und zeigte ihnen seinen Fund. Gleich darauf redeten sie alle durcheinander, und die Pork-Knockers versuchten sich gegenseitig mit ihren Geschichten zu übertreffen. Nach einer weiteren Runde Bier begannen die Männer, über die Vorzüge und Nachteile der demokratischen Regierung zu diskutieren. Connor warf Madi einen Blick zu, als der Tod von Ernesto St. Kitt erwähnt wurde.
    »Wir ham's im Radio gehört. Mann, so wie dieses Land geführt wird, ham die Bosse ihn vielleicht nich in den Fluss geschmissen, aber, Mann, 'n Mord war's ganz bestimmt. Er hat Reden gehalten, dass man dem Mann von der Straße helfen muss und dass man was für dieses Land tun muss. Ich glaub nich, dass der 'n Drogensüchtiger war. Meine Schwester kennt dem seine Frau. Das is 'ne gute Familie.«
    Die anderen Pork-Knockers nickten zustimmend.
    »Die Stadt is 'n böser Sumpf, Mann. Hier oben haste nur die Bushmaster und deinen Nachbarn, der dir eins übern Schädel haun kann«, witzelte ein anderer.
    »Bushmaster? Gwen hat sie erwähnt. Eine Giftschlange, stimmt's?«, sagte Madi.
    »Sehr giftig«, bestätigte John. »Aber ihr Aussies seid ja an so was gewöhnt.«
    »Pass auf, wo du heute nacht schläfst, Madi«, meine Viti mit einem Zwinkern.
    »Ich hab meine Hängematte dabei«, erwiderte sie.
    »Ich denke, wir sollten uns langsam auf den Weg machen. Wir brauchen nur noch das Kerosin. Madi, schau mal, was es an Nahrungsmitteln gibt. Seid ihr sicher, dass ihr beide zurechtkommt?«, fragte Ann.
    »Natürlich. Das wird ein Abenteuer«,

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