Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
Wassers auch weitere Geräusche wahrnehmen. Madi hob den Kopf und spitzte die Ohren. »Ich hab was gehört. Lass uns ein bisschen weiter von den Fällen weggehen.«
    Sie suchten sich ihren Weg im Licht der Taschenlampe und gingen zurück zu den Bromelien. Connor ging voraus, um Madi über unebene Stellen hinwegzuhelfen und ihr zu leuchten. Sie brauchten länger als am Nachmittag, aber dann hatten sie die Felsplatte etwas abseits der Fälle erreicht. Das Büschel Bromelien glitzerte im Mondlicht, die grünen Blätter waren vom Silberschein des Mondes überzogen.
    Beide hörten es gleichzeitig. Ein volltönender, klangvoller, kehliger Gesang. Er hob und senkte sich wie ein anhaltender Pulsschlag. Stille, dann begann er erneut. Diesmal im Chor, ein glucksender, freudiger Gesang, der über die Schlucht hinweghallte und zurückgeworfen wurde.
    »Die Goldfrösche … sie singen«, flüstere Madi. Sie hielt Connors Hand, während die Töne tief in ihr Herz eindrangen.
    Connor küsste sie auf den Kopf. »Dann ist alles gut. Jetzt lass uns schlafen gehen.«
    Madi dachte an den gestrigen Abend und wollte ihn mit all der Freude, die sie an diesem denkwürdigen Tag miteinander geteilt hatten, zurückküssen. Aber er küsste nur leicht ihren Scheitel wie ein liebevoller Vater, dann brachte er sie zu Bett und deckte sie nach einem raschen Gutenachtkuss in ihrer Hängematte zu.
     
    Madi erwachte vor Sonnenaufgang. Ein fast unheimliches, nebliges Licht zog sich in Schwaden durch die tropfenden Bäume. Alles war feucht, ihr Haar und ihr Gesicht waren nass. Sie schaute hinüber zu Connor und sah, wie der Tau in kleinen Rinnsalen über die Plastikplane hinablief, die er über seine Hängematte gebreitet hatte.
    Rasch ging sie zum Rand der Fälle, setzte sich mit angezogenen Knien hin und beobachtete, wie Dunst und Nebel aus der Schlucht aufstiegen und sich über den glasigen Potaro legten. Wie Salomes Schleier hoben sich die Nebelschwaden und begannen sich im streifigen, pastellfarbenen Licht der aufziehenden Morgendämmerung aufzulösen.
    Sie lief zurück, um Connor zu holen. »Ich kann dich nicht den Sonnenaufgang verschlafen lassen.« Sie schüttelte ihn sanft. »Komm schon.«
    Zusammen sahen sie, wie sich die Farben des Flusses und der Fälle veränderten, als der goldrote, dicke Sonnenball in Sicht kam, höher stieg und sich das rote Glühen in scharfkantiges Weißgold verwandelte, das den Augen wehtat.
    »Da kann man wirklich verstehen, was mit den Worten, ein neuer Tag bricht an, gemeint ist …«, sagte Madi.
    »Alles scheint möglich, wenn man so etwas wie das hier sieht. Als würde man von innen erneuert.« Connor legte den Arm um Madis Schultern. »Ich bin so froh, dass wir das gemeinsam erlebt haben, Madi.«
    »Das ist ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Wir sollten einen Schwur leisten, Connor, dass wir uns an all das hier erinnern werden, wann immer wir schwere Zeiten haben oder deprimiert und traurig sind.« Sie schwenkte den Arm über das Panorama des unberührten, Regenwalds auf den umliegenden Bergen, die in die letzten Nebelschwaden eingehüllt waren, den samtigen Streifen des glitzernden Flusses, die schäumende Gischt dieser grandiosen Wasserfälle.
    Kurze Zeit saßen sie schweigend da, bis Connor sie enger an sich zog. Madi wandte sich zu ihm und hob ihr Gesicht zu einem Kuss.
    Wenn es je einen Augenblick, gegeben hatte, einen Ort, an dem die Leidenschaft mit der Umgebung in Einklang war, dann war es hier. Connor und Madison liebten sich im Licht der ersten Sonnenstrahlen, ihre erhitzen Körper gekühlt durch den Nebeldunst, das Donnern der Fälle ein Echo ihrer wild klopfenden Herzen.
    Madi ließ sich auf die moosigen Felsen zurücksinken, während Connor sanft ihren ganzen Körper küsste. Madis Schönheit, die Gefühle, die sie in ihm weckte, der Zauber dieses Ortes überwältigten ihn, und er suchte nach Worten, um das auszudrücken. »Fühlst du das, was ich fühle, Madi? Ich kann es einfach nicht beschreiben … ich bin wie verloren … über die Fälle hinabgestürzt, alles hat sich aufgelöst.« Er verbarg sein Gesicht zwischen ihren Brüsten, um ihn der süße Duft und das prickelnde Gefühl ihrer Haut. Sie lächelte und streichelte seinen Kopf. Zufriedenheit und eine wohlige Wärme breiteten sich von den Zehen her in ihrem ganzen Körper aus. »Es ist wunderbar, Connor … auch ich kann keine Worte dafür finden. Lass es uns einfach genießen.« Schweigend lagen sie da, die Körper eng

Weitere Kostenlose Bücher