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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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passiert sein?«
    »Hat seine Mutter im hohen Gras verloren. Wir könnten Glück haben und es finden.«
    Schweigend ritten sie weiter. Madi genoss es in vollen Zügen und wünschte, ihre ehemaligen Kollegen aus dem Hotel in Sydney könnten sie jetzt sehen.
    Der Tagtraum zerplatzte mit beängstigender Plötzlichkeit, als ein riesiger Schatten über sie hinwegglitt, und einen Moment lang dachte Madi, ein Flugzeug würde auf sie herabstürzen. Das alles war ohne Vorwarnung passiert, bis auf ein Brausen in der Luft und einen Schrei von Kate, die ihr Pferd antrieb und losgaloppierte. Madis Pferd folgte ihr, stürmte vorwärts, und Madi klammerte sich an den Zügeln fest, die Knie eng an den Sattel gepresst, ängstlich bemüht, nicht abgeworfen zu werden, während das Pferd hinter Kate hergaloppierte.
    Vor Kate stieß ein riesiger Vogel herab, schwang sich wieder höher und stieß erneut herab, und einen Moment lang sah es so aus, als wolle er Kate aus dem Sattel stoßen.
    Es war ein Adler mit einer Flügelspannweite von über zwei Metern, die Krallen an den ausgestreckten Fängen so groß wie die eines Grizzlybären. Zu Madis Erstaunen ritt Kate in vollem Galopp geradewegs auf ihn zu, stand in den Steigbügeln, fuchtelte mit den Armen und schrie den Adler an. Der Vogel drehte ab, gewann in Sekundenschnelle an Höhe und kreiste kreischend über ihr. Kate zügelte ihr Pferd, und auch Madis blieb stehen, sie rutschte auf den Hals vor, verlor das Gleichgewicht, ihre Füße lösten sich aus den Steigbügeln, aber sie blieb im Sattel.
    »Eine Harpyie. Was für eine Schönheit.« Kate legte die Hände über die Augen und beobachtete den beige-braunen Raubvogel, der mit reglosen Schwingen im Aufwind kreiste.
    »Ich dachte, er würde Sie angreifen. Noch nie habe ich einen so großen Vogel gesehen.«
    »Der größte Adler der Welt. Steht auf der Liste der bedrohten Tierarten. Das bedeutet, dass das Kalb hier irgendwo sein muss.« Kate stieg ab und half auch Madi vom Pferd. »Lassen Sie uns die Pferde für eine Weile am Zügel führen und schauen, ob wir irgendwas entdecken oder hören.«
    Sie gingen durch das schulterhohe Gras und Kate deutete auf eine schmale Spur aus umgeknickten Halmen. Sie folgten ihr, und Madi zupfte Kate am Ärmel. »Ich hab was gehört.«
    Kate nickte. »Es kam von da drüben.«
    Ein leises Gurgeln, eine Art Blöken war zu hören, und dann lag das neugeborene Kalb vor ihnen im Gras, in einer kleinen Senke, das eine Bein aufgerissen und blutend. Ängstliche braune Augen sahen flehend zu den beiden Frauen auf. »Halten Sie die Pferde.« Kate reichte Madi die Zügel ihres Pferdes und rutschte in die Senke hinunter.
    Sie hatte das Tier fast erreicht, als der Adler herabstieß, auf dem Hals des Kalbes landete und ihm die gewaltigen Krallen ins Fleisch schlug. Blut schoss hervor, und das Kalb zuckte nur noch schwach. Kate rannte auf das hilflose Kalb und den Adler zu, und Madi schrie: »Nein!« Die Pferde bäumten sich auf, Madi versuchte, sie zu halten, und der Adler erhob sich in die Lüfte. Mit raschen Schlägen seiner gewaltigen Flügel suchte er an Höhe zu gewinnen, in den Klauen das schlaffe Bündel mit den dürren Beinchen und dem verdrehten Hals. Er kämpfte sich etwa hundert Meter im Tiefflug voran, dann plumpste das Kalb herab. Der Adler kreiste, stieß wieder herunter und krallte sich in die im hohen Gras verborgene Beute. Da er sich nicht wieder erhob, war Madi klar, dass er nun den kleinen Kadaver mit seinem scharfen, gebogenen Schnabel in Stücke riss.
    Kate drehte sich um und beruhigte die Pferde.
    »Ein Jammer. Ich hoffe, es ist schnell gestorben. Das ist das Gesetz der Natur, nicht wahr?« Schweigend ritten sie zurück.
     
    Sie überließen die Vaqueros ihrer Arbeit mit den Rindern und ritten zu dritt eine Stunde lang über einen Pfad, der sie durch eine niedrige Hügelkette zu einer Schlucht mit einem glitzernden Teich brachte. Ein Wasserfall, der sich über Felsen aus Jaspis und Sandstein ergoss, speiste den Teich, der von dürren Palmen gesäumt war. Madi und Connor zogen sich bis auf die Badesachen aus und tauchten hinein, planschten begeistert in dem erfrischend kühlen Wasser und lieferten sich eine Wasserschlacht.
    Kate rauchte eine selbst gedrehte Zigarette und sah belustigt zu. Schließlich setzten sich Madi und Connor zu ihr an das schattige Ufer. »Ein richtiges kleines Paradies«, rief Madi begeistert, lehnte sich auf die Ellbogen zurück und nahm die Schönheit dieser

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