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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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und angerührt war von dem Zauber und der unverdorbenen Schönheit dieses Landes wie sie. Ihre Ansichten klafften fundamental auseinander, und das bedeutete, dass sie weit voneinander abweichende Lebenseinstellungen hatten.
    Was hatte Pieter van Horen noch darüber gesagt, dass zwei Menschen die gleichen Interessen, die gleiche Leidenschaft miteinander teilen müssten? Connor war ein pragmatischer und praktisch denkender Banker, der das Leben aus einer praxisbezogenen, zahlenorientierten Perspektive betrachtete. Und dann wurde ihr klar, dass Matthew vermutlich völlig mit Connor übereinstimmen würde. War das eine männliche Einstellung? Die eines westlichen Geschäftsmannes? Stewart Johns und Kevin Blanchard würden Connor ebenfalls zustimmen.
    Auf der anderen Seite gab es Pieter, Kate, Xavier und Lester, die kein Kasino wollten. Wäre Connor mit einem Kasino am Ayers Rock einverstanden? Oder einer weiteren Uranmine in Kakadu? Schläfrig rieb sich Madi die Augen, es war zu schwierig und zu deprimierend, darüber nachzudenken. Sie zog die Hängematte über ihrem Kopf zusammen und schlief ein.
     
    Irgendwann in der Nacht wurde sie wach, drehte sich zur Seite und schaute über das im Mondlicht liegende Gelände. Zwischen zwei Bäumen nicht weit von der Hütte stand ein Tier im Schatten, das sie zunächst für einen Hund hielt, doch als sie die schwingenden Bewegungen seines langen Schwanzes sah, wurde sie vollends wach. Es war ein Jaguar, wunderschön gezeichnet mit dunklen Flecken, der kompakte Kopf war hoch erhoben, während er witterte und dann langsam und mit königlicher Haltung davonschritt. Madi schloss die Augen, völlig ruhig und gelassen. Nichts, was sie in Guyana sah, konnte sie noch überraschen. Lächelnd schlief sie wieder ein.
     
    Connor weckte sie mit einem Kuss. »Sei mir nicht böse, Madi«, flüsterte er. »Komm zurück ins Bett und lass uns schmusen.« Er sah so zerknirscht aus, dass Madi seinen Kuss erwiderte. »Connor, du kannst nicht alles durch ein bisschen Schmusen lösen.«
    »Aber es ist besser, als zu streiten.« Er rieb seine Wange an der ihren und versuchte, sie aus der Hängematte zu heben, worauf sie fast zu Boden fiel. Lachend versetzte sie ihm einen spielerischen Boxhieb. »Du bist unmöglich. Übrigens, wir hatten letzte Nacht Besuch von einem Jaguar. Ich wette, man kann da draußen noch die Abdrücke seiner Tatzen sehen.«
    Als Madi lief, um nachzuschauen, verdrehte Connor die Augen und seufzte. Plötzlich sehnte er sich danach, in New York, Washington oder Sydney zu sein. So faszinierend das alles hier war, es sprach doch vieles für den Komfort der modernen Welt. Er fragte sich, ob Madi ihre neu entdeckte Leidenschaft für den Charme primitiver Lebenserfahrungen bald überwinden würde. Doch darauf stellte sich die große Frage … was dann? Er hatte seit einiger Zeit intensiv darüber nachgedacht. Viele Frauen hatten für kurze Zeit in seinen Armen gelegen, manche auch länger als die zweieinhalb Monate, die er Madi kannte. Und dann war unvermeidlich der Tag gekommen – oft im passenden Moment –, wo er weiterziehen musste.
    An vielen dieser Beziehungen hatte ihm durchaus etwas gelegen, und ihm war klar, dass er vermutlich einige Herzen gebrochen hatte. Aber Madi war irgendwie anders. Es frustrierte ihn, dass sie so zurückhaltend mit ihrer Liebe war, einer Liebe, die er spürte und mit ihr teilte, wenn sie ihre Barrieren fallen ließ. Zum ersten Mal fühlte er, dass jemand Macht über ihn hatte, ohne diese Macht auszunutzen, Spielchen zu spielen oder Forderungen zu stellen.
    Genau wie Matthew war er etwas verblüfft über ihre Verwandlung von der unschuldigen Naiven in eine sehr selbstbewusste junge Frau, die den Rausch der Leidenschaft für eine Sache erlebte, die weit über ihre eigenen Grenzen hinausging. Aber als die beiden Männer über sie gesprochen hatten, waren sie der Ansicht gewesen, dass Madis Leidenschaft für Guyana und ihr Einsatz für die Notwendigkeit, soziale Ungerechtigkeiten aufzudecken, abebben würden, sobald sie das Land verlassen und ihr gewohntes Leben wieder aufgenommen hätte. Jetzt fragte sich Connor, ob er und Matthew Madi nicht unterschätzten, und das verwirrte ihn sogar noch mehr. Ein Bad im Fluss mochte ihm helfen, seinen Kopf wieder klar zu bekommen.
     
    Madi duschte und schlenderte den sandigen Pfad unter blühenden Bäumen entlang zum Fluss hinunter, wo Connor sich auf dem Rücken treiben ließ. Sie setzte sich auf den Baumstamm neben

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