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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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darauf ankommen lassen, in der Nacht von einem Spähtrupp aufgestöbert zu werden. Ich halte heute nacht Wache. Du schläfst dich aus. Morgen, tagsüber, kannst du wachen. Wir müssen uns ausruhen, denn morgen nacht werden wir über den Guadavera gehen, und das ist der schlimmste Teil. Ich habe die Karten studiert. Wenn wir unerkannt bleiben wollen, gibt es nur eine Stelle, wo wir hinüberschwimmen können. Und danach sind wir auf dem Gebiet der Falangisten.«
    »Ich wünschte, wir könnten hierbleiben.«
    »Das wünschte ich auch. Aber über kurz oder lang würde man uns hier entdecken.«
    Als er angezogen war, beugte er sich über sie und küßte sie, leicht, wie ein Bruder, auf die Stirn. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, zog ihn zu sich herunter und küßte ihn auf den Mund. Sekundenlang verharrten sie so, dann befreite er sich aus ihren Armen, ging zur Tür, schloß sie leise hinter sich.
    Plötzlich bekam sie Angst. Wenn er nun nicht wiederkehrte? Wenn ihm etwas passierte?
    Nein, Paul Brenski würde nichts passieren. Er paßte auf sich und andere auf. Er mochte zwar viel diskutiert und debattiert haben, aber er war auch wachsam wie ein wildes Tier.
    Wie ein Raubtier.
    Ja, so konnte er sein. Das wußte sie, denn sie hatte ihn im Kampf um das Kloster gesehen. Sie hatte in seine Augen geschaut und darin den Tod erkannt, in den wenigen Minuten vor ihrer Flucht.
    Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie preßte sich ganz tief in das Bett und dachte daran, wie glücklich sie sein konnte, einen solchen Mann gefunden zu haben, der sie beschützen würde, wo immer sie hinging.
    Bis ans Ende.
    Ja, bis ans Ende. Und über diesen Gedanken schlief sie ein.

14.
    Die beiden Männer trugen schwarze Lederjacken, und auch sonst sahen sie aus wie zwei von der Gestapo, wie Bull McKenzie sie aus Filmen kannte. Vielleicht waren sie, wenn es sein mußte, sogar noch schlimmer als die Gestapo. Es waren politische Kommissare des Armeekorps, denen die Internationalen Brigaden unterstellt waren.
    Einer saß zur Rechten McKenzies am Lazarettbett, der andere zur Linken.
    »Genosse, wir sind sehr geduldig, und wir wissen, daß du noch unter dem Schock des Geschehens stehst, aber mach es uns nicht zu schwer. Es geht um die Republik. Es geht um Spanien.«
    »Euer Spanien hat mich beide Beine gekostet«, sagte Bull McKenzie.
    »Sí, aber du lebst wenigstens noch. Alle anderen sind tot. Auch Luigi Milano, von dem wir die Aussage haben. Er ist gestorben, das ist ja kein Geheimnis.«
    »Aber er ist nicht hier im Lazarett gestorben, sondern in eurem Büro.«
    Die beiden sahen sich an. Der Ältere von ihnen deutete mit dem Kopf auf die beiden Beinstümpfe, die, dick bandagiert, auf einem Kissen hochgelagert waren, damit die Wunden nicht wieder nachbluteten.
    »Du meinst, du kannst dir alles leisten, weil du keine Beine mehr hast und damit nichts zu verlieren? Da hast du falsch getippt, Genosse McKenzie. Wir können dich zum Reden bringen, wenn du nicht aussagen willst.«
    McKenzie schaute ihm in die Augen, aber der Kommissar wich seinem Blick nicht aus.
    »Kein Wunder, daß ihr hier die Inquisition gehabt habt«, sagte McKenzie. »Aber ich möchte mich selbst von eurer Anwesenheit befreien. Ihr seid schlimmer als die Mücken und die Fliegen, die mich hier peinigen. Gut denn. Ich wiederhole, ich habe Brenski nicht gesehen, nachdem die Maschinengewehrstellung gefallen ist.«
    »Luigi hat ausgesagt, daß er mit einem Mädchen, mit einer der Novizinnen aus dem Kloster, in den Wald geflohen sei, ohne sich um seine Kameraden zu kümmern.«
    »Zu dem Zeitpunkt gab es, wenn das stimmen sollte, keine Kameraden mehr, um die er sich kümmern konnte. Ich war schon auf dem Weg nach hinten. Der letzte noch intakte Lastwagen hat mich nach Vesovia und dann nach hier gebracht. Ich war der letzte, der aus dem Kloster rauskam.«
    »Du vergißt Luigi.«
    »Er ist vor mir verwundet worden, nicht nach mir. Er ist mit mir zusammengewesen in dem Lastwagen, und er hat mich noch gefragt, ob ich Brenski gesehen hätte.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Daß ich ihn nicht gesehen habe.«
    »Und du willst uns weismachen, daß du von Luigi nicht erfahren hast, wo Brenski geblieben war?«
    »Luigi hat mir nichts gesagt. Und wenn er mir nichts gesagt hat, dann hat er euch auch nichts gesagt. Und das bedeutet, daß ihr ihm die Worte in den Mund gelegt habt. Ihr müßt ja einen Verantwortlichen für das Desaster finden. Und das darf nicht hinten beim Stab sein, wo die dicken

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