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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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entfernt«, sagte El Corazón. »Wir müssen bis Mitternacht da sein, um uns im Schutz der Dunkelheit auch wieder zurückziehen zu können. Da dies hier ein Platz ist, der mit Glück gesegnet scheint, weil wir hier zwei neue Cantaradas gefunden haben, bleiben die Maultiere mit Ricardo und zwei Posten hier.«
    Er blickte zu den beiden Männern auf, die neben ihm standen, halb über die Karte gebeugt.
    »Sobald wir weg sind, beginnt ihr damit, die Pfade am Südhang und nach Westen zu verminen. Schärft die Minen und seid vorsichtig, daß ihr nicht selbst drauflatscht. Den Weg nach Osten laßt ihr frei. Wir werden den Hügel hier umkreisen, dann nach Westen vorstoßen. Mama Elena, du bleibst auch hier, zusammen mit Agostina und den anderen Frauen.«
    Mama Elenas Gesicht blieb passiv.
    »Wenn sie kommen – wenn irgendwer kommt, der nicht den dreimaligen Ruf des Kuckucks hören läßt, dann wißt ihr, daß wir es nicht sind. Dann macht ihr euch schleunigst auf den Weg nach hier unten.« Er tippte mit seinem Bleistift auf einen Punkt auf der Karte. »Das ist ein Wasserturm auf einem kleinen Hügel. In der Nähe sind zwei Windmühlen. Die könnt ihr auch bei Nacht nicht verfehlen. Wir werden über diese Stelle zurückkommen. Sollten wir den Punkt schon passiert haben, dann eilt uns nach, um uns zu warnen. Alles klar?«
    Mama Elena sagte: »Wir sind bisher immer zusammengeblieben, weshalb sollten wir uns jetzt trennen?«
    »Weil die Maultiere mir im Weg sind. Und weil auch du, Mama, nicht mehr die Jüngste bist. Es ist ein langer Marsch. Und ich brauche hier jemanden mit klarem Kopf, der das Lager hält.«
    »Ich habe mich seit den ersten Tagen unseres Kampfes nicht von dir getrennt. Es ist ein böses Omen.«
    El Corazón stand auf, legte die Arme um Mama Elena und küßte sie auf beide Wangen, dann auf den Mund.
    »Nun gut«, sagte Mama Elena. »Wenn es so sein soll, dann soll es so sein. Aber dann bleibt unsere kleine Nonne auch hier, denn sie kann, auch wenn sie flinke Hände hat, die einen Mann zu Boden werfen mögen, keine vierzig Kilometer in einer Nacht marschieren.«
    »Recht hast du, Mama, aber wenn wir lautlos einen – aus dem Weg räumen müßten? Sie ist glatt wie eine Schlange, und sie könnte uns gute Dienste tun.«
    Brenski schwieg.
    »Ich gehe mit«, sagte Maria Christina.
    »Sie bleibt hier«, beharrte Mama Elena.
    El Corazón hob die Schultern. »Na schön, vielleicht hast du recht.«
    »Ich will aber mitgehen!«
    »Halt den Mund, Nonne, wenn meine Mutter befiehlt, dann gehorchst du!«
    »Es ist besser so«, sagte Brenski, als Maria Christina sich an seinen Arm klammerte.
    Sie blickte zu ihm auf. »Ich will nicht von dir getrennt werden.«
    »Bei Mama Elena bist du in besten Händen.« Er küßte sie, führte sie dann zu Mama Elena.
    »Gib gut auf sie acht. Sie ist das einzige, was ich je im Leben gehabt habe.« Die Augen von Mama Elena weiteten sich einen Herzschlag lang, dann legte sie ihre Hand auf Brenskis Schulter, während sie die andere beschützend um Maria Christinas Taille legte.
    »Das darfst du nicht sagen, Muchacho. Du hast einen Vater gehabt, der dich liebte, und eine Mutter.«
    »Sie sind beide tot.«
    »Ja, aber haben sie dir nichts bedeutet?«
    »Doch, sehr viel. Ich war der einzige Sohn.«
    »Wir alle müssen einmal sterben, und für den, der zurückbleibt, ist es ein großer Verlust. Aber du lebst, und deine kleine Maria Christina lebt, und sie wird weiterleben. Ich sehe es in euren Gesichtern. Ihr werdet noch lange leben, wenn wir alle schon tot sind.«
    Maria Christina beugte, sich schnell herab und küßte die Hand der alten und doch noch so rüstigen Frau.
    »Laß das«, sagte diese, aber ihre Stimme klang nicht erbost, sondern begütigend.
    Brenski küßte sie auf die Wange.
    »Sí, das ist etwas anderes«, lachte Mama Elena leise.
    »Seid ihr endlich fertig mit der Abschiednehmerei?« frotzelte Felicio.
    El Corazón hob die Hand.
    Sie marschierten los, in das aufsteigende Dunkel der Nacht hinein. Am Himmel hing der Abendstern flimmernd in der Hitze des ausgehenden Tages, wie ein Irrlicht.
    Brenski schaute nicht zurück. Er blickte nur auf den Rücken seines Vordermanns, Ramón, und achtete darauf, daß sein Fuß an keinen Stein stieß und keinen Zweig brach. So stiegen sie den Hang hinunter und marschierten nach Westen, wo irgendwann einmal der blinkende Schienenstrang der Eisenbahn Madrid – Burgos auftauchen mußte.

18.
    Nur das Kaminfeuer erhellte die Blockhütte, und auch

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