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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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Madre von ihnen überrannt worden. Man hat uns schikaniert und brutalisiert. Wir waren froh, als die Nacionales uns befreiten.« Die Erzählung El Corazóns klang echt und ohne Fehl.
    »Ah, ich habe in der Zeitung von dem Kloster gelesen, Santa Maria de la Sierra! Dort haben es die Internacionales aber schwer auf den Kopf bekommen. Tausend Russen sind dort gefallen!«
    »Russen?«
    Maria Christina war blaß geworden. »Kann ich bitte das Glas Wasser haben?«
    »Sofort!« Der Wirt watschelte eilfertig hinter die Theke zurück.
    »Russen«, wiederholte El Corazón leise. »Sie müssen auch noch Russen auf der Seite der Republik erfinden, um die eigenen Leute an der Nase herumzuführen und zu verschrecken.«
    »Red kein Blech«, sagte Brenski, und er gab sich nicht einmal die Mühe, leise zu sprechen. »In den internationalen Brigaden wimmelte es von politischen Kommissaren – und sie waren alle Russen. Sag mir nur noch, Stalin hätte kein Interesse daran, aus Spanien einen Bolschewiki-Staat zu machen.«
    »Warum hast du dann gekämpft, bei den Internacionales?«
    »Weil ich es nicht gewußt habe. Weil ich für ein Ideal zu kämpfen glaubte. Wofür schon mein Vater gekämpft hat, auf den Straßen von Berlin, für eine Demokratie. Eine Sozialdemokratie, aber keinen Bolschewiki-Staat.«
    Sie schwiegen beide, denn der Wirt war mit einem Krug Wasser, einem Glas Bier und einer dickbauchigen Flasche Wein gekommen, die Gläser klirrten, und der Wirt sagte: »Das erste Glas ist das Glas der Cantina, auf euer Wohl und eine gute Gesundheit, vor allem für Señora, Euer Ehren …«
    Sie tranken, lobten den Wein, und der Wirt verschwand in der Küche, laut nach dem Cocido rufend, als simmere der eßfertig auf dem Herd. Und tatsächlich, kaum fünf Minuten vergingen, in denen keiner von ihnen etwas sagte, und der Wirt brachte die Cocido-Schüssel, drei irdene Teller, Besteck – ja, sogar rotleinene Servietten wurden aufgelegt.
    Nach dem ersten Bissen sprang El Corazón auf, umhalste den Wirt, der abwartend stehengeblieben war, diesmal ein Hund, der auf das Lob seines Herrn wartet, und rief: »Der beste Cocido, den ich je gegessen habe!«
    Die alten Männer blickten einmal teilnahmslos von ihren Karten oder ihren Zeitungen auf, El Corazón schlug dem Wirt auf den Rücken, setzte sich dann wieder. Der Wirt strahlte über seine rasierten Backen und entfernte sich dann.
    »Madre de los niños«, sagte El Corazón, »bei dem Essen könnte ich glatt eine Woche hierbleiben.«
    »Warum sollten wir nicht?« fragte Maria Christina.
    »Wir können nicht hierbleiben, das weißt du doch!« Brenskis Worte klangen so scharf, daß El Corazón den Kopf vorschob und ihn zornig ansah.
    »Wir müssen so schnell wie möglich nach Córdoba.«
    »Willst du mich so schnell wie möglich loswerden?« Maria Christina blickte ihn haßerfüllt an.
    »Nicht überall wird man uns Märchen glauben. Nicht überall wird es so einfach' sein durchzukommen. El Corazón hat selbst erklärt, daß die Nacionales auf seinen Kopf eine Belohnung von tausend Goldpesetas gesetzt haben. Und auf meinem wird auch eine stehen – und zwar auf beiden Seiten, weil ich einerseits ein Deserteur bin und andererseits ein Internacional. Willst du, daß die Nacionales mich erwischen und eventuell nach Deutschland bringen lassen, den Nazis und der Gestapo übergeben?«
    »Prahlst du da nicht ein bißchen?« fragte Maria Christina.
    Wortlos legte Brenski den Löffel hin. Er schob den Teller weg, stand auf und ging nach draußen.
    »Das hättest du nicht zu sagen brauchen«, sagte El Corazón bekümmert. »Was ist nur in euch beide gefahren? Ihr liebt euch doch?«
    Maria Christina senkte die Augen. »Entschuldige, daß ich mich so gehen ließ.«
    »Ich weiß, es ist viel passiert«, sagte er, »ich weiß auch, daß nach dem, was in der Hütte geschah … Ich meine … Ich möchte nicht davon sprechen – aber es geht ja um euch beide … Und …« Er brachte es nicht fertig weiterzusprechen.
    »Du meinst es gut.« Maria Christina legte ihre Hand auf seine Hand. »Gib mir noch etwas von dem Cocido. Er schmeckt herrlich.«
    Verdammte Weiber, dachte El Corazón. Wer kennt sich schon aus mit ihnen? Selbst bei Mama Elena habe ich manchmal nicht gewußt, woran ich war. Wie froh bin ich, daß ich nie geheiratet habe. Aber andererseits – ich habe nur Huren gekannt, und die waren gewiß nichts zum Heiraten. Ich hatte einfach nie die richtige Gelegenheit. Ich hatte zwei linke Füße auf

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