Der Geschmack der Gewalt
seinem Arm. Er wurde taub. Ließ die Waffe fallen. Dieselbe schnelle Hand fing ihn auf. Eine Gerade traf ihn, Zeigefinger gekrümmt, darüber der Daumen, erwischte ihn unter der Nase. Legte die Motorik im ganzen Körper lahm.
Angus fiel nach vorn. Wurde von einem kleinen Mann über die Schulter gehievt. Mit dem Gesicht nach unten in den Kofferraum eines Wagens geworfen, wo es nach Ledersitzen und Nudeln mit Rindfleisch roch. Die Ellbogen wurden ihm verdreht, die Arme hinter den Rücken gebogen. Die Wunde an der Schulter brannte. Handgelenk wurde über Handgelenk gelegt. Dann verzurrt. Er konnte sie nicht bewegen. Ein Stoffsack wurde ihm über den Kopf gezogen. Die Heckklappe zugeschlagen. Der Motor angelassen.
Bald darauf saß Angus aufrecht. Den Stoffsack immer noch über dem Kopf. Alles drehte sich. Er war aus dem Kofferraum gezogen, aus der Hitze im Freien in die klimatisierte Kälte eines Raums getragen worden. Noch immer waren seine Hände auf dem Rücken fixiert. Gebändigt. Sein Rücken drückte gegen das kalte Holz eines Stuhls. Wo auch immer er war, es roch nach frischem Estrich. Ein Keller möglicherweise. Leichte Schritte. Beinahe lautlos. Er wollte sich gerade bewegen, als er einen metallenen Stich spürte. Etwas Nadelfeines drang ihm ins Fleisch, traf einen Nerv. Seine Beine erschlafften. Er spürte einen weiteren Stich. Seine Arme wurden gefühllos. Fuck!
Ihm wurde der Sack vom Kopf gezogen. Deckenlampen brannten grell. Angus taxierte den kleinwüchsigen Mann. Sah die flachen Knöchel von Händen, die an knochenharten Armen hingen. Der Mann trug eine Brille, blickte schlangenartig durch die dicken Gläser. Er stand neben einem kleinen Tisch aus Jade. Darauf eine Schale aus rostfreiem Stahl. Darin Nadeln. Der Geruch von Wundbenzin.
Hinter dem Mann hingen zwei große Ledersäcke an Ketten von den Dachsparren. Ausgestopft wie Boxsäcke. Auf Schulterhöhe. Angus wollte den Mund aufmachen, aber der Asiate kam ihm zuvor.
»Ich heiße Fu. Ich arbeite für einen Mann namens Mr. Zhong. Er hat einen Kunden, Mr. Eldon, der bei ihm hohe Spielschulden hat. Mr. Zhong sagte mir, Sie und ihre Schwester hätten mit Mr. Eldon eine Geldübergabe vereinbart. Geld, das er an Mr. Zhong abführen sollte. Wie die Sache aussieht, ist Eldon tot. Also müssen Sie und ihre Schwester zur Zufriedenheit aller Beteiligten das besagte Geld an Mr. Zhong zahlen.«
Alles, was Angus wollte, war Liz und Ned finden, seinen Stoff zurückkriegen. Irgendwelches Geld, das sie womöglich hatten, würde er sicher nicht teilen. Aber hier gelähmt mit einer Nadel im Nacken herumzusitzen brachte ihn auch nicht weiter. Er würde bei dem Schlitzauge sein Glück versuchen. »Ich habe Ihr Geld nicht. Meine Schwester und irgendein Schwanz haben die ganze Kohle von Eldon, dem Perversling, mitgenommen. Und die Drogen. Mich halbtot liegen lassen. Daher hab ich meine neue Schulterdekoration.«
Fu blinzelte nicht einmal. »Was wollten Sie in der Bar?«
»Das Gleiche wie Sie. Mich nach meiner Schwester und einem Typen namens Ned erkundigen. Sie hat dort rumgehangen. Ab und zu unser Crank verkauft.«
»Weshalb hatten Sie mit dem Mann auf dem Parkplatz eine Auseinandersetzung?«
Angus lachte in sich hinein. »Missverständnis.« Er wollte handeln, also legte er ein paar Karten auf den Tisch. »Aber ich weiß, wo meine Schwester hinwill.«
Fus Gesicht hellte sich auf, aus Stein wurde brutal süßer Puderzucker. »Und wohin?«
»Passen Sie auf«, sagte Angus, »Sie ziehen mir die Nadeln raus und binden mich los, dann können wir reden.«
Fu schüttelte den Kopf. »Sie sagen es mir, dann werde ich Sie gehen lassen«, log er.
Angus biss die Zähne zusammen. Versuchte es mit ein paar anderen Karten. »Sie können das Geld haben«, sagte er. »Ich will bloß mein Crank. Und zusehen, wie Liz und dieser Ned in ihren eigenen Exkrementen ertrinken. Hören Sie, ich werde mitfahren und Sie lotsen.«
Fu stand da, überlegte. Erinnerte sich, wie Angus den Mann, den er mit zwei Schlägen erledigt hatte, zur Bar zurückbegleitet hatte. Wie er sich benommen hatte. Er hatte einen Anflug von Respekt gespürt. »Sie werden mir also sagen, wo ich hinfahren muss? Und wir werden das Geld von ihrer Schwester bekommen?«, fragte er.
»Ganz genau«, sagte Angus, »denn es ist ganz schön ab vom Schuss. Nichts für ungut, aber auch wenn ich Ihnen sagen würde, wo es ist, würden Sie sich in der Pampa verfahren. Und in der Pampa sind die Leute meistens nicht allzu scharf
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