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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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drauf, einem nett den Weg zu beschreiben.«
    Fu dachte darüber nach. Er konnte keinen Ärger gebrauchen. Wenn er Angus jetzt töten würde, würde Mr. Zhong womöglich noch länger warten müssen, als er es ohnehin bereits getan hatte. Eldon stand mit zwanzig Riesen bei Mr. Zhong in der Kreide, der sein Geld jetzt haben wollte. Fu nickte. Ging auf Angus zu. Ein Grunzen drang aus einem der Ledersäcke hinter ihm. Fu hielt inne und drehte sich um. »Ruhe!«, sagte er.
    Seine Stimme prallte von den Betonwänden ab. Aus demGrunzen wurde Keuchen. Der Ledersack begann, heftig zu rotieren und sich auszubeulen. Angus’ Augen traten hervor. Sein Herzschlag beschleunigte. Fu ging auf den Sack zu. Schnell wie der Wind schlug er mit der rechten Hand dagegen. Mit dem linken Ellbogen. Der Sack krümmte sich und zuckte. Das Geräusch verstummte. Am unteren Ende bildete sich ein Fleck. Verfärbte das Leder. Tropfte auf den grauen Fliesenboden, begleitet von leisem Schluchzen.
    Fu lachte. »Studenten«, erklärte er Angus.
    Er nahm eine neue Nadel aus der Schale. Ruhig wie ein wolkenloser blauer Himmel. Ging auf Angus zu und glitt neben ihn. Angus versuchte, den Körper anzuspannen, aber er spürte rein gar nichts.
    Fu dachte an das Schmetterlingsmesser mit Obsidianschneide in seiner Tasche. Betrachtete Angus’ bezopften Skalp. Stellte sich vor, wie die Klinge seine Kehle mittig durchtrennte. Methodisch und langsam. Ihm die Luft nahm. Er würde zusehen können, wie das Blut hervorblubberte und heruntersickerte. Zusehen, wie Angus hustete und um Luft rang.
    Angus versuchte, sich wegzudrehen. »Sind wir also im Geschäft, Arschloch?«, fragte er.
    Fu grinste. Drückte Angus die Nadel seitlich in den Hals. Ihm gingen die Lichter aus. »Wir sind im Geschäft«, flüsterte Fu. »Aber jetzt wird erst einmal geschlafen.«
    *
    Purcell zündete sich eine Marlboro an. Rauch schlängelte sich mit den Worten aus seinem Mund. »Hilf mir mal auf die Sprünge, wieso bist du von Alonzo Conways Grundstück geflohen?« Er fuhr mit der Hand durch die Luft. »Etwas verworren, das Ganze.«
    Jarhead trommelte mit den Fingern auf dem Holztisch. Die Schnitte in seinem Gesicht waren gesäubert. Sein Körper rochnach Irish Spring. Purcell hatte ihm angeboten, dass er über Nacht bleiben, etwas essen und sich ausruhen könne. Gesagt, er würde ihn am nächsten Morgen nach Orange County fahren.
    »Bin kurz vor Frankfort liegengeblieben«, erklärte Jarhead. »Tig hat mich mitgenommen. Meinte, er würde mich nach Orange County fahren. Hab ihm geholfen, unterwegs ein bisschen Benzin abzuzapfen. Hatte keine Ahnung, was er und sein Cousin Alonzo da eigentlich alles am Laufen haben. Hat mir ein minderjähriges Mädchen angeboten. Wollte mich mit ihr dafür bezahlen, dass ich ihm und Tig geholfen habe. Damit wollte ich nichts zu tun haben. In dem Moment kreuzte die Polizei auf. Also hab ich mich verdrückt. Woher kennst du Alonzo?«
    Purcell grinste. »Kenn auf beiden Seiten des Ohio River jeden. Weiß, was sie tun. Mit wem sie ficken. Wann sie kacken gehen. Alonzo und Tig machen alles, was Geld bringt. Huren und Waffen hauptsächlich. Weiß außerdem, dass du nicht aus der Gegend bist.«
    Jarhead nickte. »Aus Hazard, Kentucky.«
    Purcell schüttelte den Kopf. »Ich weiß. Schöne Gegend.«
    »Stimmt, du weißt ja alles«, sagte Jarhead mit sarkastischem Unterton. »Dann weißt du ja sicher auch, dass Hazard zwar wirklich schön ist, es aber keine Arbeit gibt. Man nicht mal mehr in den Kohleminen, wo mein Stiefvater gearbeitet hat, einen Fuß in die Tür kriegt.«
    Purcell schnippte Asche in den Aschenbecher. »Heutzutage gibt es nirgendwo mehr Arbeit. Es wird immer weniger und weniger.«
    »Sieht so aus, als ob ein Mann, wenn er keine Schule besucht hat, nur noch überleben kann, indem er sich die Hände dreckig macht, irgendwelche krummen Geschäfte «, sagte Jarhead.
    »Die Welt hat sich verändert«, sagte Purcell. »Wir leben in Zeiten, in denen Bildung und Selbstvervollkommnung keine Rolle spielen. Sind zurück an dem Punkt, wo ein Mann sich daraufbesinnen muss, worin er gut ist. Die eigene Geschichte wird einem entweder helfen oder einen behindern.«
    Jarhead wedelte den Rauch vor seinem Gesicht weg. »Geschichte?«
    »Die deiner Sippe. Was sie getan haben in der Hoffnung, die Welt zu verbessern. Dinge, die dein Vater und Großvater dir beigebracht haben. Wie man seine Hände benutzt. Einen Garten anlegt. Jagt. Fischt. Kämpft. Was einige offenkundig

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