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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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versuchte. Kämpfte gegen das Schnaufen an, das seine Lungen blockierte.
    Einer der aknenarbigen Männer kam auf die Beine. Angus servierte ihm einen Jab ins Gesicht. Ließ seinen Schädel nach hintenschießen. Sorgte mit einem Konterschlag gegen die Kehle dafür, dass mit Schlucken Feierabend war. Der Kehlkopf des Mannes zersplitterte wie Porzellan. Er griff sich an die Kehle, schnappte nach Luft, die aber nicht mehr einströmte, und fiel auf die Knie.
    Der andere Mann von der Tür landete einen rechten Haken. Hinterließ eine Kerbe an Angus’ linker Wange. Angus trat ihm direkt unter den Nabel. Verschob sein Gravitationszentrum. Er stellte sich neben den Mann, versenkte fünf Knöchel in dem weichen Fleisch direkt unterhalb seiner Armbeuge. Lungenmeridian. Der Mann umarmte sich selbst und knallte auf den Boden.
    Angus wandte sich zur Theke. Legte die Hände auf den Tresen und wuchtete sich hinüber. Spürte die Schmerzstiche in der Schulter. Lang lag am anderen Ende auf dem Hintern, versteckte sich, Blut an Nase und rechtem Auge, und zerrte mit der linken Hand am Schaft einer abgesägten, doppelläufigen Schrotflinte, die über ihm unter der Theke klemmte. Er zog sie zu sich. Spannte die Hähne beider Läufe. Angus’ linker Arm folgte seinen Beinen nach vorn, harkte die Whiskey- und Wodkaflaschen, die hinter der Bar aufgereiht standen, auf den Boden, als er die Explosion der abgesägten Schrotflinte hörte.

16
    Sie umkreisten sich und drohten einander wie Raubtiere. Männer mit Zähnen wie Talkbrocken, die Haut von Narben gekerbt. Die Haare zu Zöpfen gebunden, nach hinten gegelt oder strähnig. Kurzgeschnitten oder kahlgeschoren. Bärtig oder mit Stoppeln. Groß. Klein. Mager. Drahtig oder dickbäuchig. Es gab sie in allen Ausführungen. Sie trugen Latzhosen oder Jeans, die genauso zerrissen waren wie die Stiefel an ihren Füßen. Dies waren die Bare-Knuckle-Kämpfer aus den hintersten Ecken der Provinz.
    Einige durchlöcherten gestohlene Freon-Kartuschen. Steckten sie in schwarze Plastiktüten. Hielten abwechselnd ihre Gesichter daran. Schnüffelten. Hielten das Gas in der Lunge, bis das Schwindelgefühl ihnen die Wahrnehmung verbeulte, die Stimmen um sie herum begannen widerzuhallen und Umrisse schwammig wurden. Andere schnupften und drückten Meth. Spürten, wie der Dopaminkick sich durch ihre Hirne grub wie eine Kugel.
    Die Meute verteilte sich vor der Bühne, wartete auf den Mann, der das verwitternde Holz betreten und die ersten zwanzig Nummern verkünden würde, damit die erste von sechs Auswahlrunden mit blanken Fäusten beginnen konnte.
    Zwischen Flecken von Feldgras standen genügend verbeulte, dreckige und verrostete Fahrzeuge, um damit zehn Football-Felder zu füllen, vielleicht sogar mehr. Zuschauer entluden Campingstühle und Proviant. Schlugen ihre Zelte auf. Die Waldfeuer erfüllten die Luft mit Rauch und dem Geruch ganzer Hühner oder Stücken von Hirsch-, Ziegen-, Eichhörnchen- oder Waschbärfleisch, die sie grillten. Und das würden sie die nächsten drei Tage lang tun. Ihr Essen an andere verkaufen. Dasitzen und Pillen und Crank mit Bourbon oder Selbstgebrautem hinunterspülen.Zusehen, wie zwanzig Mann einen knapp zehn mal zehn Meter großen, stacheldrahtumspannten Ring betraten und fighteten, bis nur noch einer stand. Dann wurden wieder zwanzig Nummern aufgerufen für den nächsten Massenkampf. Bis am Sonntag die Gewinner gegeneinander antraten, so lange, bis nur noch ein Mann aufrecht stand und blutig und zahnlos auf seinen Preis wartete – zwanzig Riesen in bar.
    Es gab nur eine Zufahrt zum Bare-Knuckle-Festival und nur eine Ausfahrt: eine Schotterstraße, anderthalb Kilometer lang, zu beiden Seiten von Kiefern gesäumt. Ein Eisentor zerteilte sie auf halber Höhe. Neben dem Tor stand ein blechgedeckter Holzschuppen, schwarz gestrichen mit grauen Rändern. Heraus kamen vier Männer mit schulterlangen, schmierigen Haaren. Dicken Bärten. Verspiegelten Panoramasonnenbrillen. Sie trugen verwaschene T-Shirts, alte Jeans und Stiefel. Ihre Haut war mit Herzen tätowiert – darin stand »MOM« mit einem Dolch mitten hindurch –, Mighty Mouse oder dem White-Pride-Zeichen. Jeder war mit einer Schrotflinte bewaffnet. Außen am Schuppen waren zwei braune Jagdhunde festgebunden. Zwei braunschwarze Treeing Walker Coonhounds. Und zwei walnussbraune Bluthunde.
    Die vier Männer wollten wissen, ob man Kämpfer oder Zuschauer war. Sie kassierten die Teilnahmegebühr und gaben dir ein Plastikbändchen

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