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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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Elbow im Schlepptau, der sich die Weichteile hielt. »Was zum Henker ist in meinem Haus los?«, brüllte Dodge. Quer über sein angeschossenes Bein hielt er ein AR-15-Sturmgewehr, sah aus wie eine halbautomatische Tötungsmaschine auf Rädern, das Blut am Schienbein war schwarz getrocknet. Er hob das Gewehr, sagte: »Willst du mir nicht antworten?«
    Ohne Vorwarnung eröffnete er mit einer schweifenden Bewegung quer durchs Wohnzimmer das Feuer. Elbow presste sich die Hände in den Schritt und brüllte: »Fickt Euch!«, wobei er wie im Delirium Pogo durch den Raum tanzte. Whalen duckte sich, drehte den Körper in Pete hinein. Beförderte ihn auf der Schulter durch die offene Tür in den Vorgarten. Auf den Boden. Derweil öffnete sich im Haus Cramps Körper durch die Kugeln wie ein Teich, dessen Oberfläche von Steinen durchschlagen wird. Blut blubbernd ging er zu Boden.
    Im Vorgarten kämpften Whalen und Pete grunzend um die Waffe des jeweils anderen. Whalen sah, dass Pete einen Schraubenzieher in der Hand hatte, keinen Revolver, und bleckte die Zähne. Versuchte, sein Handgelenk aus Petes Griff zu befreien. Presste Pete den Lauf der Glock gegen den Kiefer. Drückte von der anderen Seite mit dem Schraubenzieher dagegen.
    Die Schüsse hörten auf. Dodge fluchte im Haus. »Das verdammte Mistding klemmt!«
    Cramp lag zuckend auf dem Wohnzimmerboden. Sah hinauf zu Dodge und sagte gurgelnd: »Du hast auf mich geschossen, du Hurensohn, du hast auf mich geschossen.«
    Elbow machte einen Satz hinter Dodge, sagte: »Das hast du nun davon, dass du Fremde in unser Haus gebracht hast.«
    Draußen kämpfte Pete liegend gegen Whalens fünfzig Jahre alte Kraft, spürte, wie ihm der Revolver die Wange eindellte. Spucke zog Fäden wie von einem geschmolzenen Karamellbonbon, als er den Mund öffnete. »Nicht schhh…«
    Petes Hände ließen los, als die Glock seine Wange in einen Brandherd verwandelte, die Kugel das Fleisch so weit aufriss, dass er das Gefühl hatte, ihm würde der Kiefer herausfallen. Whalen rollte von ihm runter. Pete rollte in die entgegengesetzte Richtung, die Hände gegen das Gesicht gepresst, und brüllte: »Scheiße! Scheiße!«
    Whalen kam auf die Knie. Dann auf die Beine. Sein linker Arm baumelte an ihm herab, während er mit rechts die Glock ans Ohr hielt. Seine Trommelfelle waren von dem Schuss zerfetzt.
    Er sah, wie Pete wankend aufstand und auf eine Wellblechgarage zuhumpelte. Whalen schlug sich dreimal an den Kopf, versuchte, den Schwarz-Weiß-Schnee vor seinen Augen zu vertreiben. Er ließ die Pistole vom Ohr sinken, zielte damit auf Pete. Spürte, wie von hinten etwas gegen seinen Oberschenkel prasselte und ihn wärmte. Dann gegen die Wade. Schließlich öffnete sich seine linke Hand wie ein explodierender Feuerwerkskörper.
    Whalen ging auf ein Knie. Drehte sich unter Schmerzen zur offenen Tür, wo Dodge halb verdeckt saß, den Mund geöffnet, während eine Messinghülse aus der Kammer des AR-15 flog. Whalen hob die Glock. Schloss ein Auge. Spaltete Elbows Kniescheibe. Nahm Dodge ins Visier. Und antwortete mit demselben heißen Zucken.
    *
    Das Metalltor wurde in der Mitte zu einem V verzogen. Entriss dem Tahoe Scheinwerfer und Kühlergriff. Lief hinauf über Motorhaube und Fahrerkabine, zerkratze und zerschrammte der Länge nach das Metall. Angus hielt das Gas durchgedrückt, derMotor brüllte genauso wie der Mann, dessen Arm er im Pick-up festhielt.
    Die Beine des Mannes wurden in den zahlreichen heftigen Kurven auseinandergerissen, flogen bei Senken und Furchen auf und ab. Angus steuerte mit rechts in eine Kurve, brach dann, nur Zentimeter von einem Baum entfernt, seitlich aus. Ließ den Arm des Mannes los. Hörte, wie er ächzte und mit einem dumpfen Schlag gegen das Holz prallte.
    Lang, die Augen von Adrenalin geweitet, saß auf dem Beifahrersitz. »Verdammt noch mal, du wirst wahrscheinlich dran glauben müssen, aber es ist jede Sekunde wert«, sagte er.
    Die Straße öffnete sich auf ein Feld voller Autos hin. Pick-ups. Zelte. Rauch. Menschen, weithin verstreut wie Kakerlaken auf Krümel-Wallfahrt. In der Ferne stand eine Scheune, schwarz-grau wie der Schuppen, an dem Angus vorbeigefahren war. Abseits der Menschenmenge befanden sich weitere Nebengebäude, identisch gestrichen. In der Mitte des Geländes stand ein riesiger viereckiger Ring, der von oben bis unten mit Stacheldraht eingefasst war. Von einer Holzbühne daneben rief ein Mann durch ein Megafon die nächsten zwanzig Kämpfer auf, die

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