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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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aussterbenden Klasse etwas zurück. Das ist deinem Vater nie gelungen, obwohl er es versucht hat. Aber die Sache ist die, auch wenn du hier gewinnst, kannst du die Horde, die dir und deiner Familie zusetzen wird, nicht retten. Du kannst bloß andere finden, die sind wie du, und für Veränderung kämpfen.«
    »Wovon zum Teufel redest du?«, fragte Jarhead. »Woher solltest du irgendwas über meinen richtigen Vater wissen?«
    Purcell lächelte. »Ich weiß Vieles. Du wirst schon sehen.«
    Irgendwo aus der Ferne rumpelte ein Pick-up heran. Hunde heulten. Im Ring plätteten Männer ihre Knöchel am Fleisch anderer Männer. Jarhead wandte seine Aufmerksamkeit der Scheune zu. Sah die Frau mit dem sicheren Gang und den Mann, der beim Brook die erste Runde gewonnen hatte. »Was ist mit den beiden, die da von der Scheune weglaufen?«, fragte er Purcell.
    Purcell sah hin. Wandte sich wieder Jarhead zu. »Ich glaube, ihr Handlungsspielraum wird bald sehr beschränkt sein«, sagte er.
    *
    Schweißperlen bedeckten Whalens Stirn. Blut wärmte ihm die Lippen. Seine Beine waren von den Schüssen aufgebohrt. Die Arme lagen reglos an den Seiten – an der linken Hand waren mehrere Finger abgerissen, die rechte Hand hielt den Revolver –, während seine Wirbelsäule auf dem harten Boden ruhte.
    Die Tür des Jeeps öffnete sich quietschend. Schritte kamen auf Whalen zu. Durch geborstenes Glas hindurch sah Fu ihn an. Er hatte darüber nachgedacht, wie er Whalen würde bluten lassen, wenn sie den Donnybrook erreicht hatten. Angus gefunden. Liz.Mr. Zhongs Geld wiederhatten. Nicht mit Hilfe von Kugeln jedenfalls. Er sah zum Jeep. Wie sollte er jetzt bloß zum Donnybrook kommen und Mr. Zhongs Schulden eintreiben? Er hatte keine Ahnung, wo er war.
    Fu kniete sich hin, fuhr mit der Hand über die fingerspitzengroßen Einschusslöcher in Whalens linker Schulter. Sein Körper war warm. Der Brustkorb hob sich kaum merklich.
    Hinter Fu kam Pete in Unterhose und Arbeitsstiefeln aus der rostigen, windschiefen Garage. Klebrig vor Schmutz. Insekten umschwirrten seinen Körper. In der Rechten hielt er eine Brechstange. Mit der anderen presste er sich einen motorölfleckigen Lappen an die durchlöcherte Backe. Er saugte Schleim und sagte: »Bist du der dreckige Mistpartner von dem Bullenschwein?«
    Fu drehte sich um und ging auf Pete zu. »Was zum Henker willst du machen, Schlitzauge, mir den Arsch versohlen?«, fragte der ihn.
    Als er mit der Brechstange gegen Fus Rippen ausholte, hatte Pete das Gefühl, schnell zu sein und stark. Aber er war langsam. Fu teilte die Luft mit der linken Hand, packte Petes rechtes Handgelenk. Umgriff dann die Brechstange und hielt sie von sich weg. Gleichzeitig fuhr er mit den Fingern der rechten Hand unter Petes Kinn, die Handfläche von ihm abgewandt. Fus Fingerspitzen bohrten sich in das weiche Fleisch. Verhakten sich am gefurchten Kieferknochen. Drückten nach oben. Zogen und hängten Petes Kiefer aus. Das Brecheisen schlug auf dem Boden auf. Gefolgt von Petes Knien. Der Mund stand ihm offen. Er war unfähig, Worte zu formen, lediglich: »Ahh! Ahh!«
    Pete berührte den Kiefer, versuchte, ihn wieder zurückzudrücken. Aber der Schmerz war einfach zu stark.
    Fu lachte. »Du musst lernen, andere zu respektieren«, erklärte er Pete.
    Im Haus kam Elbow aus dem Schlafzimmer gehumpelt, wohin er sich in Sicherheit geschleppt hatte, als Whalen das Feuer erwidert und ihm die Kniescheibe gespalten hatte. Jetzt war es still im Haus, als er den Flur entlang ins Wohnzimmer schlich. Die Wände waren mit murmelgroßen Löchern übersät, die Holzverkleidung zersplittert und alles mit Gipskartonstaub weiß überzogen. Baumwolle spross aus der speckigen Couch. Der Fernseher stand zerschmettert da. Cramp lag still und reglos am Boden.
    Elbow humpelte unbeholfen auf seinen Bruder Dodge zu. Dodges Kopf war auf die rechte Schulter gesackt. Sabber rann auf die durchlöcherte Brust. Seine Augen bewegten sich nicht, ebenso wenig der Brustkorb. Elbow wisperte: »Nein, nein, bitte nicht.«
    Seine Lippen zuckten, Tränen hinterließen Schmierspuren auf den Wangen, und er streckte eine Hand nach Dodges Gesicht aus. Die Haut war rau und warm. Der Blutkreislauf kam zum Erliegen.
    Elbow fuhr Dodge mit der Hand durch den Schopf angelschnurartiger Haare, bemerkte das Sturmgewehr auf seinem Schoß. Jemand wird dafür bezahlen, dachte er. Er löste Dodges Finger einen nach dem anderen von der Waffe. Griff danach. Zog das Magazin heraus. Es war

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