Der Geschmack von Apfelkernen
freundlich:
- Ja, Frau Lünschen, das ist viel Geld.
Aber als er Inga ansah, hielt er plötzlich inne. Inga schaute weg.
- Gut, gut, gut! Oh Inga, er macht es!
Harriet war selig.
- Warten Sie, liebster Herr Klaasen, ich muss den Kalender holen, dann können wir einen Tag ausmachen. Rosmarie, wann hast du noch nachmittags Turnen? Ich bin sofort bei Ihnen. Einen Augenblick, bitte. Ja?
Harriets Stimme drang aus der Küche, in die sie, ein wenig kopflos, auf der Suche nach dem Kalender gestürzt war. Ihre Hast rührte sicher auch daher, dass sie verlegen war. Schließlich traf man ja nicht jeden Tag auf die jüngeren Verehrer seiner älteren Schwester und schon gar nicht auf welche, die auch noch hübsch aussahen und Mathematik beherrschten. Wir hörten Harriet zerstreut vor sich hin murmeln, während sie die Schublade des Küchentischs durchwühlte.
- Mittwochs, Mama.
Rosmarie verdrehte die Augen.
Harriet kam zurück und schwenkte einen Taschenkalender. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen.
- Also, mittwochs hast du Turnen, mein Kind, damit du das weißt.
Rosmarie seufzte schwer und schüttelte resigniert den Kopf.
- Also, was ist denn an den anderen Tagen so los?
Harriet hielt den Kalender weit von sich gestreckt und blinzelte.
- Ach, es ist so dunkel hier drin. Man kann ja gar nichts erkennen.
Peter Klaasen schaute kurz auf den Esstisch, trat einen Schritt heran, griff sich die Vase mit der Dahlie und schob sie rasch neben Harriets Kalender. Dann trat er wieder einen Schritt zurück. Die dicke gelbrosa Blüte schwebte wie eine altmodische Leselampe über Harriets Kalender.
Harriet starrte verdutzt die Blume an, dann blickte sie hoch und lachte hell auf. Ihre Augen leuchteten, als sie von Peter Klaasen zu ihrer Schwester und wieder zurück zu Peter Klaasen schaute. Bertha lachte auch, ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Ingas Herz zog sich zusammen. Sie konnte ihn kaum ansehen, so sehr liebte sie ihn in diesem Moment. Es machte ihr Angst.
Sogar Mira lächelte unter ihrem schwarzen Pony.
Rosmaries Augen schienen noch heller zu werden.
Ich musste auch lachen. Dann betrachtete ich die Gesichter der anderen Frauen: Für diesen einen Moment waren wir ihm alle verfallen.
- Wie wäre es denn mit freitags? fragte er höflich.
Harriet lächelte ihn warm an, klappte den Kalender zu und sagte:
- Freitags also.
- Prima, sagte Inga und stand auf.
Peter stand auch auf. Rosmarie blieb sitzen und sah den beiden gespannt zu. Mira schaute erst auf Inga und Peter und dann auf Rosmarie, und dann goss sie sich mit gerunzelter Stirn Kaffee nach.
Bertha hatte ihren Schuh ausgezogen und zeigte ihn mir. Sie flüsterte:
- Das ist nicht meiner.
- Doch, Oma, das ist doch dein Schuh, zieh ihn schnell wieder an, sonst wird dir kalt.
- Er ist ganz schön.
- Ja, Harriet hat dir diese Schuhe gekauft.
- Aber er gehört mir nicht, ist es deiner?
- Nein, Oma, es ist dein Schuh, zieh ihn wieder an.
- Harriet, guck mal. Hier. Wo soll das denn hin?
Sie hob hilflos den Schuh hoch.
- Ja, Mutti. Warte, ich helfe dir.
Harriet kroch unter den Tisch und zog Bertha den Schuh wieder an.
- Wie gut, Rosmarie. Ihr könnt gleich nächste Woche anfangen!
Harriets Stimme kam etwas angestrengt von unten.
Mira setzte die Kaffeetasse ab, öffnete den Mund und sagte:
- Ich mach auch mit.
Rosmarie schaute sie an, ihre Augen schienen noch heller.
- Warum nicht, sagte Harriet und stand auf. Dann können wir uns die Bezahlung teilen. Willst du vielleicht auch mitmachen, Iris?
- Nein. Ich habe jetzt Ferien. Und bin zwei Klassen drunter. Außerdem kriege ich bei meinem Vater Mathe-Unterricht umsonst. Und mehr als mir lieb ist.
Ich verdrehte die Augen und mimte einen Brechreiz.
- Warum sind hier nicht meine …?
Berthas Stimme klang aufgewühlt. Sie hatte schon wieder ihren Schuh in der Hand, diesmal aber den anderen.
- Warum … Oh bitte, bitte, Harriet. Warum ist das nicht mehr so? Ich meine. Wird das nochmal wieder? Ich glaube nicht, oder?
Also bekamen Rosmarie und Mira freitagnachmittags Mathematik-Nachhilfe bei Peter Klaasen. Danach fuhr er mit seinem Citroën rüber zur Tankstelle.
Eine Zeit lang ging alles gut. Der Unterricht machte Peter Spaß, Rosmarie und Mira waren gar nicht so kapriziös, wie er vielleicht befürchtet hatte. Als sich Rosmarie schon in der nächsten Mathematik-Arbeit um eine ganze Note verbesserte, freute ihn das fast noch mehr als Harriet. Hinzu kam, dass er, wenn er mit der Nachhilfe fertig war, sehr
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