Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geschmack von Apfelkernen

Der Geschmack von Apfelkernen

Titel: Der Geschmack von Apfelkernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagena
Vom Netzwerk:
verunsicherten sie. Inga wusste nicht, ob sie ihn jetzt mütterlich-gönnerhaft oder einfach nur distanziert und kühl behandeln sollte. Als der Tankwart sie nur kurz anzwinkerte und lachte, ertappte sich Inga dabei, wie sie zurücklächelte. Der junge Mann wollte doch nur nett sein, und sie spielte sich auf wie eine Diva. Beim Hinausfahren sah sie im Rückspiegel, dass der junge Mann mit den grauen Haaren hinter ihr herschaute, während ein Kunde versuchte, mit ihm zu sprechen.
    Am Sonntag drauf war der junge Mann wieder da und begrüßte sie höflich, aber ohne ihren Namen zu nennen. Inga sagte:
    - Na kommen Sie, ich bin doch Stammkundin.
    Er lächelte sie offen an.
    - Ja, Frau Lünschen, das sind Sie, aber ich möchte nicht aufdringlich sein.
    - Nein. Das sind Sie gar nicht. Ich bin nur eine launische alte Ziege.
    Der Mann schwieg. Er schaute sie an. Ein bisschen zu lange für Ingas Geschmack.
    - Nein. Sind Sie nicht. Und Sie wissen es auch.
    Inga lachte.
    - Ich denke, das war wohl ein Kompliment. Vielen Dank.
    Ich flirte mit ihm, dachte sie beim Weiterfahren erstaunt, ich flirte mit diesem merkwürdigen Tankwart.Sie schüttelte den Kopf, aber sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

    An den folgenden Sonntagen sprach sie auch mit ihm, immer nur kurz, aber doch so, dass sie sich auf der Rückfahrt im Auto beim Lächeln erwischte. An Bertha und wie es weitergehen könne, dachte sie nur noch bis zur Ortsausfahrt. Und irgendwann begann sie, schon beim Abendbrot mit Bertha, Harriet und Rosmarie ans Tanken zu denken. Sie hatte herausbekommen, dass er genau wie sie immer nur am Wochenende hier war. Er war eigentlich Maschinenbauer, hatte gerade sein Studium beendet und arbeitete vorübergehend bei der Tankstelle. Sie gehörte einem Freund seines Vaters. Ingas Namen hatte er vom Tankstellenbesitzer erfahren, bei dem auch schon Ingas Vater seinen alten schwarzen Mercedes hatte auftanken lassen. Er war nett, nicht besonders wortgewandt, aber durchaus selbstbewusst. Er sah gut aus, war ein bisschen eitel, und vor allem war er viel zu jung, noch jünger als Inga zuerst gedacht hatte, und sie gestattete sich nicht, ihn näher kennenzulernen. Er bewunderte sie offensichtlich, aber das war Inga gewohnt. Deshalb musste sie sich nicht sofort für einen Mann interessieren. Aber Peter Klaasen, inzwischen wusste sie auch seinen Namen, war hartnäckig, ohne aufdringlich zu sein.
    An einem der letzten warmen Herbsttage fragte er sie, ob sie gern Räucheraal möge. Als sie nickte, sagte er, er müsse jetzt gleich zu seiner Räuchertonne, ein Freund habe ihm einen Eimer grüner Aale geschenkt, schon geschlachtet und ausgenommen.
    Inga lachte.
    - Interessantes Geschenk.
    - Ich habe ihm den Motor seines Außenbordersrepariert. Er hat ein paar Reusen im Hafen liegen. Wollen Sie nicht mitkommen?
    - Nein!
    - Ach kommen Sie, es ist schön da draußen.
    - Ich weiß, ich bin dort aufgewachsen.
    - Na gut, dann tun Sie es mir zuliebe.
    - Warum sollte ich das tun?
    - Hm. Vielleicht weil ich mir nichts Schöneres vorstellen könnte?
    Nach einer Pause sagte Inga:
    - Oh. Verstehe. Sehr nett. Dann muss ich ja wohl.
    Inga lachte über sein Freudengeheul und stieg in seinen Wagen. Peter fuhr zu einem Schuppen in der Nähe der Schleuse. Inga war nicht beunruhigt, sie kannte diese Gegend genau, das Weideland ihrer Familie lag gleich da drüben. Obwohl Peter Klaasen ihr gegenüber auch gern den Frauenverführer gab, genoss Inga seine Fröhlichkeit und seinen Eifer.

    Die alte rostige Tonne stand mitten auf der Wiese. Peter ging in den Schuppen und holte einen schwarzen Eimer heraus, in dem sich dunkle Aalrücken wanden. Die toten Tiere bewegten sich noch. Er kramte in seinen Jackentaschen. Immer hastiger durchwühlte er sie. Schüttelte den Kopf, fluchte und sah dann Inga auf die Beine. Als er aufschaute, war sein Grinsen zugleich verschmitzt und schüchtern.
    - Frau Lünschen, wir brauchen Ihre Strümpfe.
    - Wie bitte?
    - Ehrlich. Ich habe meine vergessen. Wir brauchen Nylonstrümpfe.
    - Wollen Sie meine Strümpfe räuchern oder meine Beine?
    - Weder noch. Wir brauchen die Strümpfe, sonst kriegen wir die Aale nicht. Sie bekommen von mir neue, das verspreche ich Ihnen.
    Er lächelte so erwartungsvoll, dass Inga seufzte, hinter das Auto ging und ihre Feinstrumpfhose auszog.
    - Hier, bitte. Diese Geschichte muss bald lustiger werden, sonst gehe ich zu Fuß zur Tankstelle zurück.
    Peter Klaasen fragte, ob sie ihm erlaube, seine Hand in den einen

Weitere Kostenlose Bücher