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Der Geschmack von Glück (German Edition)

Der Geschmack von Glück (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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doch auch nicht, er hatte das Gefühl, er brauchte ein bisschen mehr Trommelwirbel vorweg.
    Aber er wusste natürlich, dass die meisten Jungs in seinem Alter alles dafür geben würden, Olivia Brooks zu küssen, und er wurde auch noch dafür bezahlt – ziemlich gut sogar. Im Augenblick besprach sie irgendwas mit dem Regieassistenten am anderen Ende des Sets, und Graham hüpfte ein wenig auf und ab, um sich in Schwung zu bringen. Die Kostümbildnerin kam zu ihm gelaufen und streckte die Hand aus, doch es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass sie auf sein T-Shirt wartete. Als er es sich über den Kopf zog, gab es ein paar spitze Jubelschreie vom Zaun, und Graham musste lachen, auch dann noch, als jemand mit einem Kamm herbeieilte, um seine zerwühlten Haare zu ordnen. Noch einmal ließ er den Blick über die Menge schweifen und hoffte, dass Ellie nicht zuschaute, doch er vermutete, dass man sie hier am allerwenigsten erwarten durfte.
    Als es endlich losging, holte Graham noch einmal tief Luft. Er sollte die Straße entlanglaufen, Olivia um die Taille fassen und sie halb hochheben, während sie sich küssten. Um ehrlich zu sein, fand Graham das ein bisschen zu akrobatisch und nicht besonders realistisch, und beim Proben hatte es auch nicht sonderlich gut geklappt. Das Umfassen und Hochheben bekam er ganz gut hin, aber der Schwung der Bewegung hatte mehrmals dazu geführt, dass er beim Küssen ihren Mund verfehlte, und zwei Mal hatte er sie stattdessen auf den Hals geküsst.
    »Wir sind hier doch nicht bei Twilight «, hatte sie gemault.
    Jetzt war er bereit zum Losrennen, und kaum rief der Regisseur »Action«, eilte er auch schon die Straße entlang. Als er noch zur Schule ging, war er in der Fußballmannschaft Mittelstürmer gewesen, und dieser Teil der Szene machte ihm Spaß – Seeluft in der Lunge, die Muskeln angespannt, die Flipflops klatschten aufs Pflaster. Ein Stuntfahrer steuerte ein blaues Auto aus einer Parklücke, und Graham hüpfte ein wenig zur Seite, um ihm auszuweichen, doch dabei riss der Riemen eines Flipflops, und er stolperte.
    Der Regisseur rief »Cut!«, und die Kameraleute reckten die Köpfe hinter ihren schwarzen Riesenkisten hervor. Während der Stuntman den Wagen wieder rückwärts einparkte und Olivia am anderen Ende der Straße genervt seufzte, kam eine Kostümassistentin mit einem Ersatzflipflop angelaufen. Er zog ihn an und fragte sich dabei, wie viele sie davon wohl vorrätig hatten; wäre interessant zu erfahren, wie hoch das Flipflop-Budget für einen Film dieser Größenordnung war.
    Beim zweiten Take schaffte er es bis zu Olivia, sogar der Kuss gelang ihm perfekt, doch als er den Regisseur anschaute, runzelte der die Stirn.
    »Das fühlte sich nach … gar nichts an«, sagte er. »Im besten Fall bringen wir das Publikum damit zum Gähnen. Wollen wir versuchen, das ein bisschen stärker hinzukriegen?«
    Graham warf einen Blick in Richtung Zuschauer und überlegte, ob ihm diese Kritik an seiner Art zu küssen peinlich sein sollte. Beim nächsten Versuch glaubte er, es besser gemacht zu haben, doch der Kommentar war der gleiche.
    »Langweilig«, sagte der Regisseur. »Können wir ein bisschen mehr Knistern spüren?«
    Graham knirschte mit den Zähnen. Der Typ war vielleicht genial, hatte jedoch die nervige Angewohnheit, ständig »wir« zu sagen, wenn er »du« meinte, und außerdem war Graham überzeugt, dass man das gewisse Knistern nicht einfach einfordern konnte; entweder es war da oder eben nicht, und zwischen ihm und Olivia knisterte einfach nichts. Aber obwohl zu diesem Kuss zwei Leute gehörten, bekam nur er eine Standpauke. Egal, er nickte brav und machte sich für den nächsten Versuch bereit.
    Aber der war offenbar auch nicht besser.
    Während er Micks Predigt über Leidenschaft und Schönheit und über die wahre Bedeutung der Liebe lauschte, wanderte sein Blick an den Kameras und Sicherheitsleuten vorbei zum Dorfplatz, über den gerade ein rothaariges Mädchen schritt.
    »Die Zuschauer müssen es dir glauben«, sagte Mick und schlug Graham mit der Faust auf die Brust. »Sie müssen es hier fühlen.«
    »Ähm, könnt ihr mal eine Sekunde warten?«, fragte Graham und ging ein paar Schritte zurück. »Ich brauche bloß eine kurze Pause …«
    »Ja«, sagte Mick. »Gut. Okay. Lass es dir durch den Kopf gehen, und wenn du dann zurückkommst, möchte ich dich voller Leidenschaft sehen. Verstanden?«
    Graham nickte, den Blick immer noch auf Ellie gerichtet.

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