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Der Geschmack von Glück (German Edition)

Der Geschmack von Glück (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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viel zu lange aufgeblieben.
    Aber das war es wert.
    Selbst jetzt noch musste sie beim Gedanken an diese E-Mails lächeln, denn sie wirkten nicht weniger ehrlich als die meisten anderen persönlichen Gespräche. Sie lebte praktisch schon nach kalifornischer Zeit, blieb lange wach und wartete darauf, dass seine Adresse auf ihrem Bildschirm auftauchte, und ließ ihre Gedanken ständig quer über den Kontinent zur anderen Küste schweifen. Sie wusste, das war lächerlich. Sie wussten nicht mal voneinander, wie der andere hieß. Doch am Morgen nach jener ersten fehlgeleiteten Mail hatte sie bereits eine neue Nachricht von ihm vorgefunden.
    Guten Morgen, E , hatte er geschrieben. Hier ist es schon spät, ich bin grad nach Hause gekommen und habe Wilbur schlafend im Kleiderschrank entdeckt. Normalerweise schläft er in der Waschküche, wenn ich nicht da bin, aber sein »Babysitter« hat wohl vergessen, die Tür richtig zuzumachen. Wärst du hier gewesen, hättest du das sicher besser hingekriegt …
    Ellie war eben aufgestanden, saß am Schreibtisch, die Morgensonne schien durchs Fenster, sie blinzelte, gähnte und lächelte – ohne recht zu wissen, warum. Sie schloss die Augen. Guten Morgen, E .
    Konnte man den Tag besser beginnen?
    Als sie an den Mailaustausch der vorigen Nacht dachte, fühlte sie wieder das bekannte Herzklopfen. Es kam ihr zwar seltsam vor, dass sie seinen Namen immer noch nicht wusste, aber irgendetwas hielt sie davon ab, ihn zu fragen. Die beiden kleinen Wörter würden, dass wusste sie, eine unvermeidliche Kettenreaktion in Gang setzen: zuerst Google, dann Facebook, dann Twitter und immer so weiter, ein unermüdliches Graben in den Tiefen des Netzes, bis jedes Geheimnis aus der Sache herausgepresst war.
    Und vielleicht waren die bloßen Fakten auch unwichtiger als alles andere: die Vorfreude, als ihre Finger damals über der Tastatur geschwebt hatten, und die Schnelligkeit, mit der das Fragezeichen, das die ganze Nacht an ihr genagt hatte, beim Anblick seiner Mail durch ein Ausrufezeichen ersetzt worden war. Vielleicht war es das Nichtwissen, das es ihnen ermöglichte, all die langweiligen Fragen, die man sonst stellen musste, zu überspringen.
    Sie hatte den Bildschirm noch eine Weile angeschaut und dann die Hände auf die Tasten gesenkt. Lieber G , hatte sie geschrieben, und so war es weitergegangen.
    Ihre Verbindung speiste sich eher aus scheinbar nichtigen Details als aus wesentlichen Fakten. Und diese Einzelheiten waren das Beste daran. Ellie wusste zum Beispiel, dass GDL – wie sie ihn in Gedanken nannte – sich als Kind einmal die Stirn bei dem Versuch aufgeschlagen hatte, vom Dach des Familien-Vans zu springen. Ein anderes Mal hatte er so getan, als ertränke er im Pool der Nachbarn, und so alle zu Tode erschreckt. Er zeichnete gern Gebäude – Häuser mit Sandsteinfassaden, Wolkenkratzer mit endlosen Fensterreihen –; wenn er angespannt war, entwarf er ganze Städte. Er spielte Gitarre, aber nicht sehr gut. Eines Tages wollte er in Colorado leben. Das Einzige, was er zubereiten konnte, waren überbackene Käsesandwiches. Er konnte Mailen eigentlich nicht leiden, außer mit ihr.
    Kannst du gut Geheimnisse bewahren? , hatte sie ihn einmal gefragt, weil sie das Gefühl hatte, das sei wichtig zu wissen. Sie fand, man erfuhr viel über einen Menschen, wenn man wusste, wie er mit Geheimnissen umging; ob das Anvertraute bei ihm sicher war, wie rasch er es weitergab, wie er zu verhindern suchte, dass er etwas verriet.
    Ja , hatte er geantwortet. Und du?
    Auch , hatte sie geantwortet, und dabei hatten sie es belassen.
    Ihr ganzes Leben waren Geheimnisse schwere Lasten gewesen. Aber das hier war anders: eher wie eine Luftblase in ihrem Inneren, leicht und sprudelnd und mit genug Auftrieb, sie durch jeden Tag schweben zu lassen.
    Es war erst drei Monate her, dass die erste Mail irrtümlich bei ihr gelandet war, doch es kam ihr viel länger vor. Wenn ihrer Mutter irgendein Unterschied aufgefallen war, hatte sie es jedenfalls nicht erwähnt. Und Quinn hatte auch kein Wort darüber fallenlassen, dass sie sich komisch benahm. Der einzige Mensch, der davon wusste, war der, mit dem sie Mails tauschte.
    Sie merkte, wie sie den Becher rosa Eiscreme angrinste, den sie dem kleinen Jungen reichte. Hinter ihr war ein lautes Klicken und Knattern zu hören, dann ein zähes Blubbern, und als Ellie sich umdrehte, erblickte sie die Folgen einer Schoko-Milchshake-Explosion. Das Zeug hing überall: an den

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