Der Geschmack von Glück (German Edition)
hättest, dann wüsstest du, dass ich außerdem Zauberer bin.«
– Oje.
– Was?
– Ich habe mein Telefon liegenlassen.
– Ja und?
– Und wie soll ich dir jetzt mailen?
– Dann müssen wir uns wohl so unterhalten.
zwanzig
Als sie den Hafen hinter sich hatten – das gefährliche Labyrinth von Bojen und Stegen –, entspannte sich Graham. Vor ihnen lag das offene Meer, blaugrüne Wellen mit weißen Kronen, wie eine tolle Süßspeise mit Puderzucker drauf, und weit hinten die schmale Linie, die den helleren Himmel vom dunkleren Wasser schied. Alles schimmerte in der Sonne, und Graham schloss die Augen vor dem Wind und der Gischt, die zu beiden Seiten des Bootes aufspritzte.
Ellie stand neben ihm, eine Hand am Steuer, das sie gelegentlich etwas hin oder her drehte, kleine Korrekturen, die kaum spürbar waren, während das Boot voranschoss, weißes Kielwasser hinter sich lassend. Zuerst sagten sie nichts; der Fahrtwind rauschte ihnen zu laut in den Ohren. Doch auch ohne Worte fühlten sie sich wie Komplizen: Gemeinsam war ihnen die Flucht gelungen.
»Siehst du?« Graham übertönte den Wind. »Du bist ein Profi.«
Sie zuckte die Achseln. »Ist doch nicht so anders als das Wasserskiboot.«
Als er das letzte Mal hier draußen gewesen war, hatte Olivia neben ihm gestanden, und zwischen den Aufnahmen hatte sie sich die Wassertropfen vom Gesicht gewischt und mürrisch geschaut. Sie hatten bloß noch zwei Drehtage, und er wusste, sie wollte nur noch zurück nach L.A., denn für sie war das hier nicht mehr als ein Zwischenspiel, eine unerfreuliche Störung ihres üblichen Lebens, das vor allem aus Fototerminen, Schickeria-Partys, Maniküren und Meetings bestand.
Graham jedoch fürchtete den letzten Drehtag hier, jetzt, da Ellie wieder bei ihm war. Er würde es vermissen, morgens die Fischerboote auslaufen zu sehen, den Sonnenaufgang über dem Grün, das Rauschen der Wellen, das überall im Ort zu hören war. Und natürlich würde er Ellie vermissen. Er war noch nicht bereit für den Abschied und musste den Gedanken daran erschreckend oft aus seinem Kopf vertreiben.
»Kann ich es mal versuchen?«, fragte er, und Ellie trat zur Seite, ließ aber zwei Finger auf dem Steuer liegen, bis sie sah, dass er es im Griff hatte. Durch die Scheibe sah er den Bug auf und ab schwanken wie einen Schaukelstuhl.
»Du bist ein Naturtalent.« Zu seiner Überraschung lehnte sie sich an ihn, und er legte ihr den freien Arm um die Schultern. Es war ihm fast peinlich, wie erwachsen er sich dabei fühlte, wie gut.
»Ich glaube, ich habe meine neue Berufung gefunden«, sagte er. Sie lachte und entglitt ihm so flink wie ein Fisch. Sie holte eine Wasserflasche aus dem Rucksack, nahm einen Schluck und bot sie ihm dann an, doch er schüttelte den Kopf. »Ich komme mir vor wie Ahab«, sagte er. »Schon wieder auf der Suche.«
»Diesmal hoffentlich erfolgreicher.«
»Ganz bestimmt«, versprach er.
»Und wenn nicht, hast du immerhin eine Alternative zu diesem Filmkram gefunden«, neckte sie. »Du kannst die sieben Weltmeere befahren.«
»Gar keine so schlechte Idee. Auf jeden Fall besser als Los Angeles.«
Sie setzte sich auf die Bank, die an beiden Bordwänden entlanglief und unter der Tauwerk, Netze und Bojen verstaut waren. »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Die Leute vom Zirkus finden die Städte, in denen sie auftreten, wahrscheinlich auch gar nicht so langweilig.«
»Willst du damit sagen, ich bin vom Zirkus?«
Sie grinste. »Jedenfalls ein Clown.«
»Vielen Dank«, sagte er lachend und schaute zur felsigen Küste, an der riesige Häuser lagen. Sie überholten ein Segelboot, und das Pärchen an Bord winkte. Graham hob die Hand zum Gruß.
»Das macht die Sache noch schlimmer, oder?«, fragte Ellie, und er sah sie fragend an. »Dass wir das Boot genommen haben.«
»Vielleicht.« Er zuckte die Achseln. »Aber wir schmuggeln ja keine Drogen oder so.«
»Zählt Schokolade dazu?«
»Nein, die geht in Ordnung. Bin ich ziemlich sicher.«
»Gut.« Sie zog eine Tüte Konfekt aus dem Rucksack und warf sie ihm hin. Er fing sie mit einer Hand, hielt das Steuer mit dem Unterarm fest und riss sie auf. Die Schokolade war weich von der Sonne und schmolz auf der Zunge. Ein warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus, und er wünschte, er könnte den ganzen Tag hier draußen bleiben. Aber er wusste ja, sie hatten eine Mission: Ellie sah man die grimmige Entschlossenheit bei jeder Bewegung an.
»Und, bist du
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