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Der geschmuggelte Henry

Der geschmuggelte Henry

Titel: Der geschmuggelte Henry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Herkunft wie er, hatten sich aber irgendwie besser angepaßt.
    Auch Mrs. Butterfield begann Mr. Claiborne bald glühend zu hassen, da er seine abfälligen Bemerkungen über ihr Kochen mit so lauter Stimme machte, daß, wenn sich die Schwingtür öffnete, sie bis in die Küche drang, und das, was sie nicht selbst hörte, berichtete ihr Mrs. Harris entrüstet.
    Mr. Claiborne war laut und ungehemmt in allem, was ihn selbst betraf. Als zum Beispiel eines Abends Mrs. Butterfield ein wirklich delikates Käsesoufflé bereitet hatte, weigerte sich der Hillbilly-Sänger, nachdem er daran gerochen hatte, etwas davon zu nehmen: «Puh! Das stinkt! Was würde ich für Gerichte nach alter Art aus dem Süden geben — fetter Schweinerücken mit Rübengemüse und Brühe oder gebratenes Huhn mit Mais. Das ist das richtige Essen für einen Mann. Mein Magen kann dieses ausländische Zeug nicht vertragen. Ich warte lieber, bis Fleisch und Kartoffeln gereicht werden.»
    Bei einem anderen Essen verbreitete er sich über seine Rassenvorurteile. «Ich habe nichts für Nigger über, Leute, die Nigger lieben, oder Ausländer. Ich sage, schickt all die Nigger dorthin zurück, woher sie kommen, und laßt keine Ausländer mehr rein. Dann wird es hier endlich wieder Gottes eigenes Land sein.»
    Der arme Mr. Schreiber wurde dunkelrot bei diesen Worten, und einige der Gäste sahen aus, als ob sie gleich explodieren würden. Dennoch wußten sie alle, daß, wenn Mr. Claiborne gereizt wurde, er plötzlich die Vertragsverhandlungen abbrechen und mit seiner märchenhaften Popularität und seinem Kassenwert anderswohin ginge.
    Mrs. Harris machte Mrs. Butterfield gegenüber ihrer Ansicht über Mr. Claiborne in kräftigen echten Battersea-Ausdrücken Luft, schloß dann aber milder: «Als er das von den Ausländern sagte, blickte er mich an. Und ich konnte nur mit Mühe den Mund halten.»
    Als sich Mr. Schreiber bei Claibornes Agenten, Mr. Hyman, beschwerte und fragte, ob er nicht einen zivilisierenden Einfluß auf ihn ausüben könne, wenigstens was sein Äußeres, seine Worte und Tischmanieren betreffe, antwortete dieser: «Was wollen Sie? Er ist ein Naturbursche, und darum ist er das Idol von Millionen amerikanischer Jugendlicher. Er ist genau wie sie. Wenn man ihn wäscht und in einen Anzug steckt, verdirbt man ihn nur. Er wird viel Geld für Sie machen. Da kann Ihnen das doch ganz gleich sein.»

15

    Schließlich kam der Tag, da Mrs. Harris, der der Marquis geschrieben hatte, daß der kleine Henry niemanden mehr anstecke, ja wieder munter und gesund sei, auf dem Pennsylvania-Bahnhof den Zug nach Washington bestieg. Dort angekommen, heuerte sie mit ihrer üblichen Energie und Unternehmungslust als erstes einen Taxifahrer, der sie schnell durch die Hauptstadt fahren sollte, ehe er sie vor der Französischen Botschaft absetzte. Nach einer Rundfahrt, die das Capitol, das Washington-Monument, das Grabmal Lincolns, das Pentagon und das Weiße Haus einschloß, lehnte sich der Fahrer, der während des Krieges bei der Marine gewesen und sich lange Zeit in den britischen Gewässern und Häfen aufgehalten hatte, nach hinten und fragte: «Na, Ma, was halten Sie davon? Es ist nicht der Buckinghampalast oder die Westminster-Abtei, aber es gehört uns.»
    «Du lieber Gott», erwiderte Mrs. Harris, «ihr könnt ja nicht alles haben. Es wirkt sogar hübscher als auf Bildern.»
    In der Botschaft wurde Mrs. Harris vom Marquis de Chassagne sehr herzlich begrüßt — teils, weil er eine echte Zuneigung zu ihr empfand, und teils, weil er erleichtert war, daß das, woraus eine sehr schlimme Geschichte hätte werden können, sich jetzt, soweit es ihn selber betraf, in Wohlgefallen auflöste.
    Ein ganz neuer Henry Brown kam auf Mrs. Harris zugestürmt und schlang die Arme um sie. Neu darum, weil er wie die meisten Kinder, die mit Windpocken zu Bett liegen, während der Krankheit ein paar Zentimeter gewachsen und durch die gute Ernährung und Behandlung auch etwas rundlicher geworden war. Die Augen und der große Kopf waren immer noch klug und wissend, aber nicht mehr traurig. Es war ihm sogar gelungen, sich einige Manieren abzugucken. Und während des Mittagessens, zu dem der Marquis Mrs. Harris eingeladen hatte, stopfte er sich nicht zu große Bissen in den Mund, aß nicht mit dem Messer und ließ sich auch andere Verstöße gegen das gute Benehmen nicht zuschulden kommen.
    Mrs. Harris, die selbst sehr auf Etikette hielt und den kleinen Finger anmutig spreizte, blieb es

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