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Der gewagte Antrag

Der gewagte Antrag

Titel: Der gewagte Antrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Marshall
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ihn um Essen gebeten haben, doch er hat sich geweigert, mir etwas zu geben, und vertrieb mich von seinem Hof.”
    “Er ist ein guter Bauer, aber ein schlechter Mensch”, erwiderte Elinor missbilligend. “Er hätte Sie zu uns bringen sollen, hat es indes wohl deshalb nicht getan, weil er unserer Wohltätigkeit ablehnend gegenübersteht.”
    “Ich bin froh, dass Sie mich aufgenommen haben”, sagte Chad dankbar. “Denn sonst wäre ich bestimmt verhungert.”
    “Wahrscheinlich”, stimmte Elinor zu. “Aisgill hat mir erzählt, Sie leisten gute Arbeit, und das nicht nur mit den Pferden.”
    Chad merkte, dass die Countess sich unbedingt mit ihm unterhalten wollte. “Ich gehe am liebsten mit Pferden um”, gestand er. “Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass ich zwar oft mit ihnen zu tun hatte, früher jedoch kein Stallbursche oder Reitknecht war.”
    “Das könnte Aisgills Ansicht unterstreichen, dass Sie einmal bei der Kavallerie waren. Es stört Sie hoffentlich nicht, jetzt im Reitstall tätig zu sein?”
    “Ich wäre ein sehr eigennütziger Mensch, würde ich mich bei denen beklagen, die mir das Leben gerettet und eine Anstellung verschafft haben, obwohl über meine Vergangenheit nichts bekannt ist.” Da Lady Malplaquet ihn fragend anschaute, fügte er steif hinzu: “Ein Mann, dessen Vorleben ein Geheimnis umgibt, ist zwangsläufig verdächtig, nicht wahr? Manchmal, wenn ich nachts nicht schlafen kann, zermartere ich mir das Hirn darüber, ob ich etwas verbrochen habe und auf der Flucht bin.”
    Flüchtig schaute Elinor den Reitknecht an. Sie wagte nicht, ihn länger zu betrachten, da sein Anblick sie innerlich aus dem Gleichgewicht brachte. “Wie ein Verbrecher wirken Sie nicht auf mich, Newcome”, entgegnete sie.
    Er zuckte mit den Schultern und unterließ es, ihr einzugestehen, dass seine Bemühungen, sich seines einstigen Lebens zu entsinnen, bisher nichts gefruchtet und ihn nur noch unsicherer gemacht hatten. Einmal war er nach stundenlangem Grübeln vor Erschöpfung eingeschlafen und von einem Albtraum heimgesucht worden, der sich um die Countess gedreht hatte. Mit einem Aufschrei hatte er sich aus dem Bett gewälzt und durch den Lärm einige seiner Kameraden geweckt. Er war von ihnen festgehalten worden, weil er sich in seiner Benommenheit heftig gegen sie gewehrt hatte. In wachem Zustand war es ihm dann nicht möglich gewesen, sich zu erinnern, was ihn im Schlaf so verstört hatte. Da er überzeugt war, Lady Malplaquet nie zuvor gesehen zu haben, und weil sie ihm ohnehin nur mit Freundlichkeit begegnete, hatte seine Reaktion im Traum ihn zutiefst bestürzt. Um sich von den trüben Gedanken abzulenken, entschied er sich, etwas zu tun, was kein pflichtbewusster Bediensteter sich anmaßen sollte. Er wechselte das Thema und fragte neugierig: “Sind diese Felsen so gewachsen oder von Menschenhand aufgeschichtet worden?”
    “Dieser Teil des Landes wurde erst lange nach dem Süden christianisiert, und die Einheimischen glauben, dass die alten nordischen Götter die Steine beim Spiel vom Himmel geschleudert haben”, antwortete Elinor lächelnd. “In meiner Bibliothek gibt es ein Buch, aus dem hervorgeht, dass schon in grauen Vorzeiten Menschen in der 'Cairn' genannten Felsengruppe gewohnt haben. Ich kann es mir schwer vorstellen, weil sie dort im Winter schrecklich gefroren haben müssen.”
    Chad hatte den Eindruck, dass Lady Malplaquet ihn unbewusst wie ihresgleichen zu behandeln schien. Deshalb verzichtete er auf einen unterwürfigen Ton und meinte gelassen: “Wenn die Angaben im Buch richtig sind, muss es einen Zugang zu einer Art Höhle geben.”
    “Sie ist vorhanden”, bestätigte Elinor. “Kommen Sie, ich zeige sie Ihnen.” Sie stand auf, ging zu einer Flanke der aufgetürmten Gesteinsbrocken und wies auf einen in der Mitte klaffenden Spalt. “Folgen Sie mir!”, forderte sie Newcome auf und drängte sich seitlich durch die Öffnung.
    Nur mit Mühe gelang es Chad, sich durch den Einschnitt zu zwängen, hinter dem ein so niedriger Raum lag, dass er und die Countess den Kopf einziehen mussten. “Hier können nur Zwerge gelebt haben!”, sagte er schmunzelnd.
    “Mein Bibliothekar ist derselben Meinung”, erwiderte Elinor und drehte sich in der Absicht um, die kleine Höhle zu verlassen.
    Ihr Fuß knickte um, und hastig hielt Chad sie fest, damit sie nicht stürzte. Plötzlich war sie ihm ganz nah, von Angesicht zu Angesicht. Er spürte ihren schmiegsamen Körper und nahm den

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