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Der gewagte Antrag

Der gewagte Antrag

Titel: Der gewagte Antrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Marshall
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in der festlich erleuchteten Halle zu den in gleichem Stil gekleideten drei Mitgliedern des Kronrates. Er wusste, dass er einem derartigen Fest noch nie beigewohnt hatte.
    Lady Malplaquet plauderte mit Stuart Aisgill und sah überwältigend schön aus. Sie trug eine Ballrobe aus schimmernder weißer Seide und ein herrliches Smaragdcollier mit passenden Ohrringen und Armreifen. Auf dem zu kurzen Locken frisierten kastanienbraunen Haar erstrahlte eine Tiara, und ein schmaler, gleichfalls mit Smaragden verzierter Gürtel umschloss die hochangesetzte Taille. Selbst der hübsch bemalte Fächer stimmte Ton in Ton mit der Farbe der Juwelen überein. Der Anblick verschlug Chad den Atem, und er bemerkte, dass auch alle übrigen Anwesenden von der Ausstrahlung der Countess bezaubert waren.
    Als ältester Berater Ihrer Ladyschaft geleitete Mr. Challenor sie zum Tanz auf das Parkett. Nach dem Menuett, sobald der Bibliothekar sie zu ihrem vor einem Fenster auf einem mit Samt verkleideten Podest stehenden Sessel zurückgebracht, sich verneigt und entfernt hatte, raunte sie Chad verschmitzt lächelnd zu: “Wenn ich mit Mr. Henson und Mr. Aisgill getanzt habe, werden Sie mich auf das Parkett führen, und nach Ihnen darf es der Butler. Wir achten sehr auf die gesellschaftliche Reihenfolge.”
    Chad schmunzelte und wartete, bis die Countess mit Mr. Aisgill zu ihrem Fauteuil zurückgekommen war. Dann verbeugte er sich, reichte ihr galant den Arm und begab sich auf die Tanzfläche.
    Sie vollzogen die Schritte der Gavotte, trennten sich, kamen wieder zusammen, genau wie im Leben, wie Elinor dachte. Sie drehte sie an seiner Hand, und es erschien ihr ganz natürlich, dass sie, mitten auf dem Parkett, einen flüchtigen Moment lang nicht mehr verheimlichte, was sie für Chad empfand.
    Stuart, der sich bei Bällen stets langweilte, fand sein Vergnügen darin, die Gesellschaft zu beobachten. Er lehnte sich an eine Säule und schaute den Tänzern mit der gleichen Aufmerksamkeit zu, die er sonst den von ihm betreuten Rossen widmete. Er sah die Countess of Malplaquet sich von Newcome lösen, im Kreis drehen, wieder seine Hand ergreifen, und bemerkte, dass sie sich in sehr vertraulicher Weise anlächelten. Und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Für ihn gab es keinen Zweifel, dass zwischen Ihrer Ladyschaft und dem ehemaligen Reitknecht eine enge Beziehung bestand. Unwillkürlich fragte er sich, wie weit sie schon gediehen sein mochte.

9. KAPITEL
    S echs Wochen nach dem Ball erschien Stuart verspätet zum Frühstück und traf Chad Newcome im Begriff an, den Raum zu verlassen. “Einen Augenblick noch, Newcome”, sagte er schroff. “Ich habe mit Ihnen zu reden.”
    Chad war ein wenig erstaunt über Mr. Aisgills barschen Ton und wunderte sich noch mehr, als der Stallmeister mit ihm in den Hof ging.
    Stuart wollte von niemandem belauscht werden, schaute sich argwöhnisch um und sagte dann ernst: “Sie sind unser bester Pferdetrainer, Newcome. Von Mr. Henson habe ich gehört, dass Sie auch ein vorzüglicher Sekretär sind. Sie sollten jedoch stets daran denken, dass Ihre Ladyschaft unser aller Herrin ist. Ich will nicht, dass sie Kummer hat, ganz besonders nicht durch jemandem, dem sie stets nur Freundlichkeit entgegengebrachte. Ich nehme an, Sie haben begriffen, worauf ich hinauswill. Sollte ich Grund zu der Annahme haben, dass Ihre Anwesenheit eine Gefahr für Campions ist, werde ich alle Hebel in Bewegung setzen, um Sie entlassen zu können.”
    Jäh wurde Chad klar, dass Mr. Aisgill über ihn und Lady Malplaquet Bescheid wusste. Unerklärlich war ihm nur, wie der Stallmeister es erfahren haben konnte. Er war sicher, dass weder er noch Nell sich durch ihr Verhalten verraten hatten. “Ich würde nie etwas tun, dass Mylady oder Campions schaden könnte”, erwiderte er in gezwungen ruhigem Ton. “Ihr verdanke ich mein Leben, denn ohne ihre Gutherzigkeit wäre ich gewiss verhungert oder erfroren.”
    “Heute sind Sie ihr Sekretär”, sagte Stuart hart. “Davor waren Sie ihr Reitknecht, und noch früher ein Niemand, den Mr. Outhwaite zerlumpt und halbverhungert im Straßengraben aufgelesen hat. Wenn Sie stets daran denken, wissen Sie, wo Ihr Platz ist.”
    Chad verneigte sich steif vor dem Stallmeister, der sich bestimmt nur von dem Wunsch hatte leiten lassen, Lady Malplaquet zu beschützen. Er selbst dagegen hätte sie entehrt, wenn er dem Bedürfnis nachgab, sie zu besitzen. Aisgills Warnung war eine neue Barriere, die ihn

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