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Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

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Titel: Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston Dewalt
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Gerüchten nichts dran, aber ich hörte von Freunden in Dänemark, daß du Michael Joergensen auf den Lhotse führen möchtest. Anatoli, ich zahle dir nicht einen Haufen Geld, damit du dir auf dem Lhotse ein Nebeneinkommen verschaffst. Du stehst bei mir für die Dauer der Everest-Saison unter Vertrag. Wenn du eine Partie auf den Lhotse führst, kannst du Mountain Madness abschreiben.«
    Michael Joergensen, 1995 Teilnehmer an Henry Todds Himalyan Guides-Everest-Expedition, die Boukreev geführt hatte, hatte als erster Däne auf dem Everest-Gipfel gestanden. Er und Boukreev hatten von einer gemeinsamen Lhotse-Besteigung gesprochen, ohne definitiv etwas zu vereinbaren. Boukreev hatte nie die Absicht gehabt, mit Joergensen etwas abzumachen, ohne die Sache vorher mit Fischer zu besprechen. Eine Gelegenheit dazu hatte sich aber nie ergeben, weil Fischer ständig unterwegs war. Da er wußte, daß Fischer unmittelbar nach dem Everest eine Besteigung des Manaslu mit Rob Hall, Ed Viesturs und anderen plante, hatte er angenommen, daß er dann frei sein würde, aber Fischer sah das anders.
    Fischer, für seine Kompromißbereitschaft bekannt, hatte für Boukreev einen Vorschlag parat. Er glaubte, einige der für den Everest gewonnenen Kunden für eine anschließende Besteigung des Lhotse interessieren zu können. »Was hältst du von diesem Angebot?« faxte er. »Du übernimmst die Führung auf den Lhotse für die paar Kunden, die wir dafür gewinnen konnten, und wir übernehmen die Kosten für die Genehmigung und geben dir zusätzlich 3000 Dollar. Wenn Michael möchte, daß du ihn führst, dann wird er sich direkt an Mountain Madness wenden müssen.«
    Boukreev, der nie ein Problem daraus hatte machen wollen, faxte sein Einverständnis zurück und nannte Fischer die Namen der zwei Bergsteiger, die vielleicht für den Lhotse in Frage kamen. Boukreev, in kapitalistischen Gewässern noch fremd, hatte das Gefühl, gegen den Strom zu schwimmen. Nur in den Bergen, in Eis und Höhe, war er wirklich in seinem Element. Dort stand er in dem Ruf, unfehlbar zu sein.

4. Kapitel Die Kunden
     
    Bis zum 29. Februar hatte Mountain Madness acht Teilnehmer für das Unternehmen gewinnen können. In einem persönlichen Schreiben an jeden einzelnen stellte Fischer fest: »Das wird ein großartiges Kletterteam. Wir sind nicht nur ein starker Haufen, es sieht ganz so aus, als würden auch die einzelnen Charaktere gut zusammenpassen.«
    Lene Gammelgaard hatte zwar das nötige Geld noch nicht beisammen, wollte aber die Hoffnung nicht aufgeben. Fischer, der sie unbedingt dabeihaben wollte, beruhigte sie. Sie solle sich keine Sorgen machen, sagte er zu ihr. »Ich möchte, daß du mitkommst, und deshalb werden wir uns schon irgendwie einig werden.«
    Von Sandy Hill Pittman abgesehen, hatte nicht ein einziger der Interessenten den vollen Preis von 65000 Dollar bezahlt. Karen Dickinson sagte: »Sandy zahlte für ihren Vater, der sie auf dem Treck begleiten sollte, und für vieles andere mehr. Sie berappte für zusätzliche Sherpas, die ihr Gepäck schleppen sollten – und für hunderterlei andere Dinge, so daß sich ihre Kosten schließlich auf etwas mehr als 65000 Dollar beliefen.«
    Bei den anderen richteten sich die Preise nach ihrer Qualifikation als Bergsteiger. Die Kundenliste wies eine bunte Mischung hinsichtlich Eignung und Erfahrung auf.
    So war Pete Schoening aus Bothell, Washington, für Fischer geradezu ein Paradeteilnehmer. Wenn Schoening es bis zum Gipfel schaffte, würde er mit achtundsechzig der älteste Everest-Bezwinger sein. Dazu kam, daß er bereits in die Annalen des Höhenbergsteigens eingegangen war und für Scott Fischer als Held galt.
    Am 10. August 1953 hatten Schoening und sieben andere Amerikaner ihre Besteigung des bis dahin unbezwungenen K2 abgebrochen, da sie einen Kameraden hinunterschaffen mußten, der an einer lebensgefährlichen Thrombose litt. Beim Abstieg im Schneesturm sicherte Schoening den Kranken, während fünf andere Teammitglieder über einen Eishang abstiegen. Einer der Kletterer, der schwere Erfrierungen an den Händen hatte, verlor das Gleichgewicht und stürzte. Die vier am Seil zwischen ihm und Schoening wurden einer nach dem anderen mitgerissen. Schoening, dessen Seilende um seinen Eispickel gewickelt war, den er als zusätzliche Sicherung hinter einem Felsblock verklemmt hatte, spürte, wie das Seil über seine Schulter lief. Die Reibung und seine geschickte Sicherung bremsten den Sturz. Die fünf blieben

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