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Der Gipfel

Der Gipfel

Titel: Der Gipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston DeWalt
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der Akklimatisation beim Aufstieg in größere Höhen nichts Ungewöhnliches ist. Noch in seinem warmen Schlafsack steckend, hörte er Sherpas vorbeigehen, die mit einem Seilvorrat hinauf zum Gelben Band stiegen. Da er sich nach dem schweren Arbeitstag noch immer nicht ganz erholt hatte, kämpfte er eine halbe Stunde gegen das Verlangen an, in seinem Schlafsack zu bleiben. Schließlich kroch er doch aus dem Zelt und sicherte sich an dem wenig mehr als einen Schritt vom Eingang entfernten Fixseil.

    Im Aufsteigen überprüfte ich die Arbeit vom Vortag und vergewisserte mich, daß sich die Sicherungen nicht gelockert und die Knoten nicht gelöst hatten. Ich entfernte auch ein paar alte Seile, die noch an den Verankerungen hingen, die wir benutzten. Ich wollte verhindern, daß sich jemand irrtümlich an einem alten, womöglich brüchigen oder schlecht verankerten Seil sicherte. Ang Dorje arbeitete als erster in der Reihe. Gemeinsam versicherten wir die Route bis unterhalb des Gelben Bandes, legten dann eine Rast ein und aßen etwas.

    Während Boukreev heißen Tee aus seiner Thermosflasche trank, beobachtete er, wie die Sherpas alte Fixseile aus dem Schnee zogen und sie begutachteten. Die noch brauchbaren nahmen sie und stiegen damit höher, um sie zusammen mit den neuen Seilen entlang der Strecke anzubringen. Nach einer kurzen Rast folgte Boukreev den Sherpas und überprüfte auf dem Weg zum Südsattel sämtliche Fixseile.

    Auf 7800 Meter Höhe, an einer Stelle, an der der Aufstieg zum Südsattel ein wenig flacher wurde, sah ich, daß die Sherpas, die vor mir gingen, umdrehten. Auf meine Frage, wie es ihnen ginge, sagten sie »gut«. Sie müßten sich aber beeilen, um vor Einbruch der Dunkelheit Lager II zu erreichen. Ich wollte noch eine Nacht in Lager III verbringen, hatte daher keinen so langen Abstieg vor mir und ging weiter aufwärts, um einen Standplatz für Lager IV zu suchen und dort ein mitgebrachtes Zelt zu deponieren. Auf dem Südsattel blies ein starker, gleichmäßiger Wind. Da ich untertags keine Anzeichen einer Wetterverschlechterung beobachtet hatte und kein Unwetter drohte, nahm ich mir die Zeit, einen Platz zu suchen, von dem aus wir die letzte Etappe zum Gipfel in Angriff nehmen würden.

    Nachdem er einen Standort für Lager IV gefunden und zum Lager III abgestiegen war, war Boukreev erleichtert: Fünf von Fischers acht Kunden, nämlich Lene Gammelgaard, Klev Schoening, Martin Adams, Sandy Hill Pittman und Dale Kruse waren während seiner Abwesenheit eingetroffen. Die Gruppe machte nach dem Aufstieg von Lager II nach Lager III einen guten Eindruck. Seine erste Nacht in dieser Höhe hatte ihn aber gelehrt, daß sich das oft ganz überraschend ändern konnte.

    Am nächsten Morgen (28. April) standen wir alle gegen acht Uhr auf, als die ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf unsere Zelte fielen. Über Funk wurden wir informiert, daß Scott und Neal zum Lager II aufgebrochen waren und zur Akklimatisation bis zum Lager III aufsteigen wollten. Meine Kondition hatte sich dank der Arbeit sehr verbessert, obwohl ich noch immer müde war. Die Gruppe schien sich mit Ausnahme von Lene und Dale ebenfalls gut zu akklimatisieren. Lene hatte rote, entzündende Augen und wirkte irgendwie angeschlagen. So wie ich am Vortag schien sie geringfügige Probleme zu haben, die jedoch nicht bedrohlich waren. Bei Dale Kruse lag die Sache anders.

    Boukreev beobachtete Kruse genau und registrierte, daß er anders als die anderen »apathisch, in sich gekehrt und gleich gültig« schien. Sein erfahrener Blick sagte ihm, daß Kruse mit großen Schwierigkeiten kämpfte. Gegen zehn Uhr machte sich Martin Adams, der endlich seine Nacht in Lager III hinter sich gebracht hatte, daran, seine Ausrüstung zusammenzusuchen. Er wollte sofort absteigen. Boukreev, dem vor allem daran lag, Kruse auf eine niedrigere Höhe zu bringen, redete allen zu, Adams’ Beispiel zu folgen.

    Für jemanden, der noch nie so hoch oben war, reicht eine Nacht, deshalb versuchte ich Lene und Sandy davon abzubringen, noch einmal in Lager III zu übernachten. Ich hielt ihren Ehrgeiz für falsch, da sie Ruhe brauchten. Deshalb schlug ich vor, sie sollten am Morgen auf 7500 bis 7600 Meter steigen und dann zum Lager II hinuntergehen, aber keine zeigte den Wunsch, höher zu klettern.

    Während ich mit den Kunden sprach, fiel mir auf, daß es mit Dales Zustand rapid abwärts ging. Gemeinsam mit einigen anderen aus der Gruppe, die sich ebenfalls Sorgen um ihn

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