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Der Gipfel

Der Gipfel

Titel: Der Gipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston DeWalt
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legen schien, immer spürbarer wurde. Er wollte unbedingt auf den Gipfel und würde bei diesem Tempo nie hinaufkommen. Als besonders ärgerlich empfand er, daß er seine laut Plan vorgesehene Übernachtung in Lager III ausfallen lassen mußte, weil die Zelte noch nicht standen.

    Martin schlief wie ich vor dem Abendessen ein paar Stunden, und als es dunkelte, warf er sich in seinen »Krokodil-Anzug«, und ich zog meinen Daunenanzug an. Im Essenszelt entbrannte dann eine lebhafte Diskussion darüber, wie es weitergehen sollte. Da Lager III noch nicht stand, entwickelten wir einen Alternativplan. Die Kunden sollten an den Fixseilen bis zu einer Höhe von 7000 Metern aufsteigen, zu einer Stelle, die ich kannte, da ich die Seile bis dorthin angebracht hatte. Dann sollten Scott und ich bis auf 7300 Meter gehen. Dort würden wir den Standort für Lager III bestimmen und die Arbeit am Gelände sowie die Aufstellung der Zelte überwachen.

    In der Nacht kam ein Unwetter auf mit dicken Wolken und etwas Schnee, doch war der Wind zum Glück nicht so stark, wie ihn Fischer vor einigen Nächten erlebt hatte. Noch vor Tagesanbruch machte sich eine Gruppe Sherpas mit Vorräten und Ausrüstung für Lager III auf den Weg und trat eine Spur, der die Kunden, die um sechs Uhr aufstanden, bis zu den Fixseilen folgen konnten. Nach dem Frühstück entschloß sich Fischer, mit Tim Madsen ins Basislager zurückzukehren, da dieser nach der Rettung Ngawang Topches dringend eine Erholungspause brauchte. Weil aber Lager III unbedingt aufgebaut werden mußte, wies Fischer Boukreev an, die Sherpas, die frühmorgens aufgebrochen waren, einzuholen und wie geplant auf 7300 Meter zu gehen, während die Kunden nach eigenem Gutdünken an den Fixseilen bis 7000 Meter aufsteigen und dann rechtzeitig zum Mittagessen zurück kommen sollten.

    Ich ging langsam los, mit Bekleidung und einem Höhenzelt im Gepäck. Als ich mich auf 6800 Meter an der Lhotse-Flanke in die Fixseile einhängte, wurde das Wetter schlechter. Bei Tagesanbruch hatte die Bewölkung nicht bedrohlich ausgesehen, nun aber frischte der Wind auf. Leichter Schneefall setzte ein, und während ich an den Fixseilen aufstieg, wurde es neblig. Jetzt erst merkte ich, daß ich am Morgen einen Fehler begangen und meine »Snickers« anbehalten hatte. Ich ärgerte mich über diese Nachlässigkeit. Gefährlich war meine Situation wegen der Fixseile nicht, aber angenehm auch nicht. Die Stollen meiner Profilsohlen fanden im Neuschnee kaum Halt, so daß ich mir jeden Schritt gut überlegen mußte.

    Zuweilen war die Sicht nur ein, zwei Meter weit, doch riß der starke Wind die Wolken manchmal auf. In einem dieser Löcher sah Boukreev die Mountain-Madness-Sherpas knapp unterhalb des für Lager III vorgesehenen Standorts im Abstieg begriffen. Erstaunt darüber fragte er sie, ob sie alles vorbereitet und die Zelte aufgestellt hätten. Nichts von beidem war geschehen. Der Wind sei zu stark und das Wetter zu schlecht, meinten sie.

    Da wir unserem Akklimatisationsplan hinterherhinkten und noch Übernachtungen in höhergelegenen Lagern absolvieren mußten, war ich sehr ungehalten, daß die Sherpas die Arbeit einfach abgebrochen hatten. Es stand jedoch nicht in meiner Macht, sie umzustimmen. Nur Scott, der abgestiegen war, oder Lopsang, der seinen kranken Onkel ins Basislager begleitet hatte, hätten es durchsetzen können. Enttäuscht über diese Pleite fuhr ich fort, die Fixseile anzubringen, bis ich alle aufgebraucht hatte. Wie um der Entscheidung der Sherpas Nachdruck zu verleihen, wurde das Wetter noch schlechter. Stetiger Schneefall, begleitet von starken Böen, setzte ein. Die Sicht war praktisch gleich null. Ich zog mein Höhenzelt aus dem Rucksack und deponierte es dort, wo die Träger am Ende der Fixseile ihre Lasten zurückgelassen hatten. Vor Kälte zitternd und mißmutig, weil mir der Fehler mit den Schuhen unterlaufen war, stieg ich über die Lhotse-Flanke ab. Nach einer knappen Stunde kam ich bei den Zelten an und setzte mich zu den anderen zum Mittagessen.

    Als das Wetter schlechter wurde, war die Mountain-Madness-Gruppe vernünftig genug gewesen, nicht bis zur geplanten Höhe aufzusteigen, sondern ins Lager zurückzukehren.

    Am Abend des 24. April meldete ich mich über Funk bei Scott, der sich mit Neal noch immer im Basislager aufhielt. Wir besprachen die anstehenden Probleme. Lager III stand noch nicht, und unsere Sherpas waren am Rande der Erschöpfung, nachdem sie einige Tage hintereinander

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