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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den letzten Rest seiner Kräfte abgetrieben. Die Zunge hing ihm trocken zwischen den auseinanderklaffenden Zähnen hervor, die Augen schienen mit Blut unterlaufen, und nur mechanisch schleppte er sich Schritt um Schritt in dem riefen Sande weiter.
    So war es schon seit Tagen gegangen. Er hatte mit einer Gesellschaft von Westmännern Santa Fé verlassen, um über das Ozarkgebirge Arkansas zu erreichen, war jedoch von einem Trupp Comanchen überfallen worden und dankte es nur der Vorzüglichkeit seines Pferdes, daß er als der Einzige ihnen entkommen war. Sie hatten ihn bis in die Steppe verfolgt, sonst hätte er sich sicherlich nicht ohne Begleitung in dieselbe gewagt; er kannte ihre Gefahren und hatte sie noch nie betreten, Grund genug, sich nur deshalb zu dem verzweifelten Ritte zu entschließen, weil hinter ihm der sichere Tod drohte.
    Schon seit gestern früh hatten die Stangen aufgehört, und er besaß keinen andern Wegweiser, als den Kompaß und die Gestirne des Himmels. Seit drei Tagen war kein Tropfen Wassers über seine glühenden Lippen gekommen, und mit einem trostlosen Blicke beobachtete er die Geier, welche sich immer weiter niedersenkten, je langsamer und strauchelnder die Bewegungen seines erschöpften Pferdes wurden.
    Es stand endlich still und war nicht weiter fortzubringen; es zitterte an allen Gliedern und drohte bei der ersten erzwungenen Anstrengung umzusinken.
    »Also bis hierher und – jedenfalls – nicht weiter!« murmelte der Fremde in deutscher Sprache, an diesem Orte eine Seltenheit. »Giebts denn keine Rettung für mich und Dich, mein braves Thier?«
    Er suchte den Horizont vergebens nach einer rettenden Erscheinung ab und stand schon im Begriffe abzusteigen, als ihn das Verhalten des Pferdes aufmerksam werden ließ. Das Zittern desselben war ein eigenthümliches; es schien halb von Ermüdung, halb von Angst hervorgebracht zu sein; die schlaffen Nüstern hatten sich erweitert und gespannt, und jetzt erhob sich auch der bisher gesenkte Kopf zu jenem bezeichnenden Schnauben, mit welchem das ächte Prairienpferd die Nähe eines feindlichen Wesens verräth.
    Der Wanderer zog das Glas hervor, um den Gesichtskreis noch einmal und zwar genauer zu durchforschen, und bemerkte, daß die Geier ihn verlassen hatten und sich im Westen von ihm zur Erde senkten. Dort sah er nun auch einige regungslose Punkte und zuckte unwillkürlich mit der Hand nach dem Messer. Bei besserer Ueberlegung aber mußte er sich sagen, daß er in seiner Lage von menschlichen Wesen nichts Schlimmeres zu fürchten habe, als ihm so schon drohte. Vielleicht war einer dieser Punkte nur irgend ein verendendes Thier, auf dessen Tod die andern nur warteten, um es zu zerfleischen. Er stieg ab, ergriff die Zügel und schleppte sich und das Pferd langsam vorwärts. Von Zeit zu Zeit das Fernrohr erhebend, gewahrte er endlich, daß ein Mann an der Erde lag, um welchen in einiger Entfernung mehrere Koyoten (Prairiewölfe) und Geier saßen. Er konnte noch nicht todt sein, sonst hätten sich die Thiere längst auf ihn gestürzt.
    Es durchzuckte ihn schaudernd. Er sah sein eigenes Schicksal vor seinen Augen liegen, dem er verfallen war, wenn sich nicht baldige Rettung zeigte.
    »Wer mag es sein? Ein Jäger? Wo ist sein Pferd? Sie werden ihn zerfleischen und sein Blut – –«
    Er hielt inne. Das letzte Wort weckte einen Gedanken in ihm.
    »Nein, unser Blut soll nicht von ihnen getrunken werden, sondern das ihrige soll uns vor dem Verschmachten retten!«
    Er gab seinem Pferde das gewohnte Zeichen, sich niederzulegen. Es gehorchte. Dann duckte er sich nieder und schlich sich näher an die Räuber und Todtengräber der Steppe heran. Sobald er sah, daß er bemerkt wurde, legte er sein Lariat (Lasso) zu einer Doppelschlinge, die er mit dem Messer im Sande befestigte, und gab ein paar Stücke in der Sonne gedörrtes Büffelfleisch dazu, welches er aus dem am Pferde hangenden Proviantsacke mitgenommen hatte. Dann ging er eine Strecke zurück und fiel zu Boden.
    Die Thiere hatten sich bei seinem Anblicke nur langsam und zögernd von ihrer erwarteten Beute entfernt; der Hunger überwog die Furcht vor dem überlegenen Menschen. Jetzt, da er still und bewegungslos an der Erde lag, kamen sie mit eingezogenem Schwanze und lechzender Zunge herbeigeschlichen, um den neuen Tribut der wilden Savanne zu untersuchen. Kaum hatte der Erste die Schlinge erreicht und die Lockung gewittert, so schnappte er mit Heißgier zu und war gefangen. Zwei Schüsse krachten;

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