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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schnitt im Vordringen einige Lasso’s durch und gab den Thieren einen Schlag, daß sie laut wiehernd davonstürmten. Dann sprang er auf den Fuchs, ergriff den Rappen beim Zügel und sah sich nun erst nach Forster um. Dieser hatte so schnell gehandelt, daß fast sämmtliche Pferde verschwunden waren. Er selbst saß auf einem Braunen und machte eben Miene, den Platz zu verlassen, als lautes Geschrei ertönte und die Pfahlmänner zwischen den Bäumen herbeisprangen.
    Der Vorderste von ihnen war ein breitschultriger, schwarzbärtiger Gesell, der sich sofort auf Forster stürzte.
    »Der Anführer, Master Dichter,« rief Summerland, seinen Stutzen auf zwei Andre abdrückend. »Gebt ihm genug!«
    Der Tomahawk Forsters sauste durch die Luft, und der Schwarze brach zusammen.
    »
Huzza,
so war’s gut. Jetzt fort!«
    Sie wandten sich zur Flucht. Schüsse krachten hinter ihnen, laute Flüche erschallten; der Wald wirkte hindernd auf ihre Eile; dennoch aber erreichten sie unverwundet die Büsche, zwischen denen Summerland das Pferd zurückgelassen hatte.
    »Schnell heraus mit ihm, und dann weiter, Sir! Ehe sie die Pferde wiederbekommen, wird es Nacht, und sie können erst morgen unsrer Fährte folgen. Aber fangen sollen sie Tim Summerland und seine Stute nicht, das ist so sicher wie meine Mütze!« –
II.
Marga
    Im Staate Arkansas und an dem gleichnamigen Flusse liegt einige Stunden oberhalb Little Rock die Stadt Stenton. Obgleich ihr Ursprung nur um einige Jahrzehnte zurückweist, bildet sie doch, an der Einmündung zweier kleiner Seitenflüsse liegend, den Knotenpunkt eines außerordentlich regen Land-und Wasserverkehrs. Mit echt amerikanischer Schnelligkeit ist Haus an Haus, Straße an Straße gewachsen, und wo vor kurzer Zeit der wilde Sohn der Prairie sein Roß im Wasser des Stroms tränkte, dehnt jetzt sein »weißer Bruder« sich in weichen Flaumen und freut sich des Segens – vielleicht auch des Fluches der Gesittung, die einen ganzen, nach Millionen zählenden Menschenstamm erbarmungslos von der Erde streicht.
    Da, wo einige englische Meilen vor der Stadt die Berge zur Ebene niedersteigen, tummelte eine Kalvakade junger Herren und Damen ihre muthigen Pferde in dem elastischen, von gelben Holianthusblüthen durchschossenen Grase. Der einzige ältere Mann, der sich bei der Gesellschaft befand, zeichnete sich zugleich auch durch sein Aeußeres von allen Uebrigen aus. Von ungemein dicker Natur, saß er auf einem Schimmel, der ihm an Körperumfang jedenfalls ebenbürtig war. Die Bewegungen der beiden so wohl zusammenpassenden Wesen hatte etwas Dickhäuterähnliches an sich, zu welchem die grellen Farben, in welche sich der Reiter gekleidet hatte, außerordentlich possierlich standen. Er trug ein gelbes Beinkleid, rothkarrirte Weste, lichtblauen Rock und einen breitkrämpigen, in schwarz und weiß geflochtenen Pferdehaarhut. Unter dem breit umgelegten, steif gestärkten Hemdenkragen war ein grün und lila gestreiftes Tuch in einen imposanten Knoten geschlungen und schickte seine wohlgefalteten Zipfel bis auf die kostbaren Berloquen herab, welche klingend an der dicken Uhrkette baumelten. Das jetzt vom Ritte geröthete und mit großen Schweißperlen bedeckte Gesicht hatte einen höchst gutmüthigen Ausdruck, doch konnte der eigenthümlich scharfe Zug um den Mund auch eine bittere Beimischung bedeuten und der kurze, dicke Nacken ein Zeichen hartnäckiger Ausdauer sein.
    Eben machten er und sein Schimmel eine keuchende Anstrengung, einer der Damen zu folgen, die, als die Gewandteste von Allen, in tollen Kapriolen und Zickzackwendungen umherfegte, während ihr langer, blauer Schleier hoch in den Lüften flatterte. Wer sie eine reizende Erscheinung nennen wollte, hätte viel zu wenig gesagt; eine so wundervolle Schönheit durfte nicht jetzt während des kühnen Rittes, sie mußte im Augenblicke der Ruhe und Beschaulichkeit beobachtet und dem Herzen eingezeichnet werden.
    »Halt ein, halt ein, Marga,« stöhnte der Bunte. Der Schimmel hatte eine fürchterliche Anstrengung gemacht und wirklich einen Satz fertig gebracht, der seinen Reiter vollständig aus der Contenance warf. »Du brichst den Hals, und ich, ich brech – brrr, stopp, ohohoho, Du höllische Bestie!«
    Einer der Herren eilte herbei und half ihm wieder in eine sattelfeste Stellung.
    »Der Schimmel hat zu gute Pflege, Master Olbers. Laßt ihm etwas weniger Hafer geben, dann wird er nicht so unmäßig in die Welt hineinspringen.«
    »Der Hafer ist nicht schuld,

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