Der Gitano. Abenteuererzählungen
vorzustellen.
Dann begab er sich zum Buchhändler und Druckereibesitzer, welcher zugleich Herausgeber der hiesigen Morgen-und Abendpost war und ihn mit Auszeichnung empfing. Hier erkundigte er sich nach der Privatwohnung des Advokaten Summerland. Er hatte sich in Preston am Red River von dem braven Tim getrennt, um noch einen Ausflug in das Indiana-Territorium zu machen und wollte den ersten Tag nicht vorübergehen lassen, ohne ihn aufgesucht zu haben. Leider aber fand er ihn nicht daheim; er war, wie das Mädchen berichtete, mit ihrer Herrschaft für den ganzen Abend zum Bankier Olbers geladen.
Er kehrte nach Hause zurück, um sich mit der Bibliothek des verstorbenen Mississippihändlers zu beschäftigen. Während dieser Unterhaltung bemerkte er, daß die zweite Etage des gegenüberliegenden großen Hauses hell erleuchtet war. Man konnte von dort aus recht wohl seine Zimmer übersehen; er schloß also die Gardinen.
Drüben war eine zahlreiche Gesellschaft um die Tafel, an welcher Marga präsidirte, versammelt. Unter den Anwesenden befanden sich, Wilson abgerechnet, sämmtliche Theilnehmer der heutigen Reitparthie und auch Bill Summerland mit Frau und Bruder. Dieser letztere hatte aus Rücksicht für die Seinen heute auf die gewohnte Trapperkleidung verzichtet und sich in eine salongerechtere Gewandung geworfen; doch war ihm recht gut anzusehen, daß er sich in derselben außerordentlich unbehaglich fühlte. Er war nicht der Mann, sich an einem solchen Orte fehlerlos zu bewegen, aber das genirte ihn ganz und gar nicht, denn er wußte, daß alle diese geputzten Herren und Damen im Gegensatze zu ihm in der Prairie noch viel unbehülflicher gewesen sein würden, wie er hier in den glänzenden Räumen des reichen Goldmannes, die er noch niemals betreten hatte. Er war ja eigentlich die Hauptperson der anwesenden Versammlung, die nicht müde wurde, sich von der Erzählung seiner Abenteuer unterhalten zu lassen.
Er stand jetzt bei der Schilderung der Todessteppe und seiner Rettung durch Forster.
»Ja, Mesch’schurs, es ist ein kleiner Unterschied zwischen Kojotensaft und dem veritablen Zeuge, das hier in diesem Glase glänzt, aber ich sage Euch, das Blut damals war mehr werth, als der ganze Keller von Master Olbers, auf dessen Wohl ich bei dieser Gelegenheit einen Schluck nehmen will. Und wißt Ihr, wem ich es verdanke, daß ich dies thun kann und nicht von den Geiern zerrissen worden bin? Einem Dichter, ja, schaut mich nur verwundert an, einem Dichter, aber nicht einem solchen, der zwischen Himmel und Erde hängt und hilflos mit den Beinen zappelt, sondern einem echten Busineßman, der auf jedem Fleck, wo man ihn hinstellt, es mit dem Besten aufzunehmen versteht.«
»Wie heißt er?« frug der dicke Bankier, der ein großer Literaturfreund war und nicht gern eine Gelegenheit, seine Belesenheit merken zu lassen, ungenützt vorübergehen ließ.
»Forster, Richard Forster, wenn es Euch recht ist. Seine Reime sind weich wie Butter, seine Fäuste aber hart wie Stahl. Er ist ein Kerl wie ein Riese und hat dabei ein Herz wie ein Kind; darauf kann ich schwören wie auf meine Mütze!«
»Forster, der Germanist! Dort sitzt seine größte Verehrerin,« meinte er, auf seine Tochter zeigend. »Sie hat seine Gedichte bei Mutter Smolly kennen gelernt. Er ist wirklich bedeutend in seinem Genre; groß aber könnte er nur im Englischen werden.«
»Im Englischen?« frug Tim Summerland. »Ich weiß nicht, ob er deutsch oder englisch zugeschlagen hat, aber gut waren seine Hiebe, das könnt Ihr glauben Ich habe es gesehen, als wir meine Nuggets wieder holten, und diese Geschichte müßt Ihr noch hören!«
Er fuhr in seinem Berichte fort, den er mit der Bemerkung schloß:
»Und wenn Ihr ihn sehen wollt, so kann dies vielleicht gar bald geschehen. Als wir am rothen Flusse von einander gingen, hat er mir versprochen, nach Stenton zu kommen. Er war blos in die Prairie gezogen, um ein Buch voll Reime über sie zu machen, und will es hier drucken lassen. Reime über die alte große Wüste, ein verteufelt sonderbarer Gedanke! Als ich zum ersten Male hineinritt, war ich ein Greenbeak von achtzehn Jahren, jetzt bin ich ein alter Junge und niemals aus ihr herausgekommen, aber ich will, so lang ich noch lebe, nichts als Truthahnbussard und Büffelboutins verzehren, wenn ich einen einzigen Reim über sie fertig bringe, geschweige ein ganzes Buch voll von ihnen! Und da soll er nicht groß sein, Master Olbers? Seht ihn Euch erst an, und dann sagt,
Weitere Kostenlose Bücher