Der Gitano. Abenteuererzählungen
nur eine Namensverwechselung vorliegen. Dank, Matrina, ich muß die Donna sprechen!«
Er verließ die Stube, stieg die schmale Treppe empor und klopfte. Ein leiser Ruf erklang, und er trat ein.
Sie wars! Das Auge auf die Thür gerichtet, erkannte sie ihn sofort, wie der Schreck zeigte, welcher ihr Gesicht trotz seines dunklen Teints erbleichen ließ.
»Mylord Forster!« rief sie, mit den Händen den Tisch erfassend, an welchem sie stand.
»Ich bin es, Sarah! Warum erschrickst Du?«
»Ich – ich – erschrak nicht. Es – es war nur die Freude!«
»Wirklich? So erlaube, daß ich mich setze! Wo ist Master Wilson, der sich hier Tomasio nennt?«
»Nach Morelia zu seinem Bruder.«
»Wann kommt er zurück?«
Ihr ungewisser Blick suchte in seinem Gesichte zu lesen.
»Sarah, die Wahrheit!« gebot er ernst.
»In vier oder fünf Tagen.«
»Was thut er dort?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wo hat er seine Effekten?«
»Hier.«
»Briefe und sonstige Schreibereien?«
»Auch hier.«
»Zeig einmal her!«
»Das darf ich nicht, Sir. Er hat sie eingeschlossen, denn auch ich darf sie nicht sehen.«
»Wo sind sie?«
»Hier in der Kommode.«
»Schön; so helfe ich mir selbst!«
Er ergriff den Kaminhaken, stemmte ihn in die Fuge des Kastens und sprengte das Schloß auf. Sie wagte nicht, Widerstand zu leisten und versuchte auch kein Wort der Einwendung mehr. Tief unter der Wäsche versteckt, fand er eine Brieftasche und ein zusammengebundenes Paket mit allerlei Skripturen. Er öffnete die erstere; ein triumphirendes Lächeln flog über sein Gesicht; sie enthielt seinen Depositenschein, die gestohlenen Wechsel und Olbers’ sämmtliche Anweisungen im Werthe von fünfzigtausend Dollars. Wilson hatte sich doch nicht sicher gewußt und die Verwerthung bis später aufgeschoben. Er nahm die Brieftasche zu sich und öffnete dann das Paket.
Es enthielt in Schriftübungen und einer kleinen Monogramm-und Stempelsammlung den sichern Beweis, daß der Besitzer sich sehr eingehend mit Fälschungen beschäftigt habe. Auch einige Briefe waren dabei. Er öffnete die Bogen und überflog ihren Inhalt. Der letzte zeigte ein neueres Datum und schien Forsters ganze Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen.
Als er ihn gelesen hatte, legte er die übrigen Papiere wieder an ihre Stelle zurück und frug, den Brief in die Tasche schiebend:
»Hat er zu Dir von dem Grafen Hernano gesprochen?«
»Kein Wort.«
»Du sagtest mir in Stenton, daß er viel Goldstaub und Nuggets besitze?«
»Er hat in New-Orleans Einiges davon verkauft; das Andre befindet sich im untern Kasten.«
Auch dieser wurde aufgesprengt. Er enthielt mehrere schwere Beutel, die einen nicht geringen Werth repräsentirten.
»Alles geraubt. Er soll auch nicht ein Körnchen davon behalten!«
»Geraubt?« frug sie erschrocken. »Nein, das hat Tom nicht gethan!«
»Er hat es gethan, Sarah: Master Olbers fünfzigtausend Dollars, mir mehrere Tausend und dieses Gold den Goldgräbern, die er ermordet hat.«
»Ermordet? Mein Gott, Sir, ich höre wohl nicht recht!«
»Du hörst sehr recht. Er ist ein Mörder, ein Räuber und Fälscher und aus Stenton bei Nacht und Nebel entflohen, weil die Polizei ihn suchte. Die Narbe hat er nicht von einem Indianer, sondern von mir. Ich traf ihn in der wilden Prairie mitten unter Mördern und gab ihm den Hieb, von welchem die Narbe stammt.«
»Nein, nein, das ist nicht möglich, Mylord Forster!«
Sie warf sich auf das Sopha und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Er beschloß, den sichersten Trumpf auszugeben.
»Nicht blos das, sondern noch viel mehr. Auch Dich hat er betrogen!«
»Mich? Niemals!«
»Er hat, während er zu Dir ging, um die Hand von Miß Marga angehalten. Ich selbst habe dabeigestanden; es war am Tage seiner Flucht.«
Sie sprang empor. Ihr Auge blitzte.
»Ists wahr, Sir? Könnt Ihr es beschwören?«
»Ja, Sarah! Er hat Dich nur mitgenommen, um Dich später treulos zu verlassen.«
»Der Bube!«
Ihr südliches Naturell begann, sich im Zorne zu offenbaren.
»Er hat keine Plantage, keinen Fußbreit Land in Texas; er lebt nur vom Verbrechen und wird auch Dich ins Verderben führen.«
»Mich, Mylord Forster? Nein, das wird er nicht!« Sie ballte die kleinen Fäuste. »Ich habe ihn lieb gehabt wie mein Leben; aber ich glaube Euch; er hat Miß Marga gewollt und nun ist meine Liebe hin. Sobald er zurückkehrt, werde – – –«
»Er kehrt nicht zurück zu Dir, Sarah, denn Du wirst sofort mit mir das Haus verlassen.«
»Das darf
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