Der Gitano. Abenteuererzählungen
verbergen.«
»Beides wurde vom Wasser angespült.«
»Sehr gut, mein Lieber! Du bist zu bedauern, daß Du so lang aushalten mußtest. Der letzte Sturm war vor bereits vierzehn Tagen. Wie heißt der Kapitän der ›Jowa‹?«
»Smith.«
»Irrst Du Dich nicht vielleicht in dem Namen? Ich meine, daß Dein Fahrzeug ›Union‹ und der Kapitän Williams geheißen hat. Nicht?«
Der Gefragte schwieg vor Schreck.
»Die ›Union‹ mochte von einem gewissen Frank Holborn aus Wilmington nichts wissen. Kennst Du ihn vielleicht?«
»Nein, Sir. Ich sagte Euch die Wahrheit. Laßt mir einen Platz bei Euch bis New-Orleans; ich werde dafür nach Kräften arbeiten!«
»Den Platz sollst Du haben, doch welchen, das wird sich finden. Geh!«
Wilson begab sich auf das Vorderdeck. War er wirklich gerettet, oder drohte ihm auf dem »Manhattan« vielleicht noch mehr Gefahr als auf der einsamen Mississippibank? Eben wollte er zum Bootsmann treten, um Arbeit zu begehren, da legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er wandte sich um und fuhr mit einem Schreckensrufe zurück.
»Summerland!«
»Ja, Tim Summerland ist es, mein sehr ehrenwerther Master Wilson, Molez, Holborn, Hellword, oder wie Ihr sonst heißen mögt! Warum gingt Ihr nur so rasch aus Mexiko weg? Nun haben wir an Eurer Stelle die Grants, zehn ganze Legua’s, aus Dankbarkeit dafür, daß wir den Grafen retteten.«
»Zehn – – –«
Das Wort blieb ihm im Munde stecken, denn sein Auge fiel auf Forster, welcher mit dem Kapitän näher kam. Einige handfeste Matrosen folgten ihnen.
»Master Forster, ist das Euer Mann?« frug der Kapitän.
»Ja.«
»So nehmet ihn, Jungens!«
Die Matrosen traten zu ihm. Er sah, daß Alles verloren sei; seine Erstarrung wich. Eine am Boden liegende Handspeiche ergreifend, sprang er auf Forster zu und holte zum Schlage aus.
»Fahre hin, Schurke! O – – –!«
Die Handspeiche entsank seiner Faust; er fuhr mit der Hand nach der Brust, drehte sich mit hintenüberstrebendem Kopfe einmal um seine eigene Axe und brach dann zusammen. Tim Summerland hatte das Messer gezogen und es ihm in die Seite gestoßen.
»Der hat genug, Sir! Ich werde ihn lehren, mit dem Holze hier auf Euch loszugehen!«
Forster neigte sich über den Gestürzten.
»Du hast gut getroffen, Tim, gerade ins Herz und keine Linie zu weit nach rechts oder links! Er ist todt. Wollt Ihr Euch überzeugen, Sir?«
Auch der Kapitän untersuchte die Wunde.
»Todt. Laßt ihn liegen, bis er kalt ist; dann sollen ihn die Fische haben. Ich werde Euch den Todtenschein ausstellen, Sir, damit Ihr in Stenton beweisen könnt, daß der Kerl aufgehört hat, ehrlichen Leuten gefährlich zu sein!«
Eine Stunde später wurde die Leiche ohne die sonst üblichen Formalitäten über Bord geworfen. Man befand sich bereits im gelben Flußwasser, und die hier häufigen Krokodile schossen bei dem Geräusche des Falles herbei, um ihr Todtengräberamt zu verrichten.
Die Stromfahrt ging glücklich von Statten. An der Mündung des Arkansas verließen die drei Passagiere den »Manhattan« und legten den Rest ihrer Reise auf einem kleineren Steamer zurück. Es war bereits am späten Abende, als sie in Stenton anlangten.
Sarah hatte während der ganzen Zeit eine tiefe Reue gezeigt, so daß Forster beschloß, ihren Fürsprecher bei Mutter Smolly zu machen. Jetzt lehnte sie an der Deckeinfassung; die Thränen der Angst standen ihr im Auge.
»Wo soll ich nun hin, Mylord Forster?« schluchzte sie. »Mistreß Smolly wird nichts mehr von mir wissen wollen.«
»Sie wird Dir verzeihen, Sarah, so wie ich Dir ja längst auch vergeben habe. Du gehst mit zu ihr.«
»Ich habe große Furcht vor ihr, Sir, denn ich bin zu undankbar gegen sie gewesen. Sie war so gut und ich so schlimm!«
»Sie ist auch jetzt noch gut, und Du sollst nicht eher zu ihr, als bis ich mit ihr gesprochen habe.«
Jetzt kam Tim Summerland herbei; er brachte die sämmtlichen Effekten der Drei geschleppt und keuchte unter ihrer Last.
»Macht schnell, Sir, daß wir nun endlich einmal an das Land kommen! Es ist schon Alles hinüber und wir thun gerade so, als ob wir noch dreimal um die ganze Erde herumdampfen wollten. Einmal zur See und nicht wieder; das ist so sicher wie meine Mütze. Ich bin halb todt von dem vielen Wasser!«
Das Haus des Advokaten befand sich in der Nähe des Flusses. Dort angekommen, blieb Summerland halten.
»Wie nun, Sir? Ihr tretet doch mit herein?«
»Heut nicht, Tim. Morgen komme ich, Dich zu besuchen. Behalte
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