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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dauerte ziemlich lang, ehe er die wenigen Buchstaben zu Papiere brachte.
    »So, da habt Ihr den Zettel, Sennor. Und nun macht daß Ihr fortkommt, sonst nimmt die ›Union‹ die Segel auf und geht Euch davon, ehe Ihr zum Wasser kommt!«
    Wilson ging. Er ließ das Pferd vor der Thür halten, da er die kostbare Zeit nicht mit einem Handel verschwenden wollte, der ihm von dem Wirthe doch nur eine Wenigkeit eingebracht hätte. In einen Kahn springend, gebot er dem Führer desselben, hinaus nach der Brigg zu rudern. Bei derselben angekommen, schwang er sich wie ein geschulter Seemann mittelst eines herabhängenden Taues an Bord und schritt in ehrerbietiger Haltung auf Williams, der ihm als Kapitän bezeichnet wurde, zu.
    »Verzeiht, Kapt’n; ich habe dieses Papier an Euch abzugeben!«
    Der Angeredete las die Zeilen und warf dann einen prüfenden Blick auf den Mann. Sein Auge traf die Narbe an der Stirn desselben, und sofort stieg eine naheliegende Vermuthung in ihm auf.
    »Eure Papiere!«
    Er erhielt dieselben und sah sie durch.
    »Frank Holborn aus Wilmington! Die Papiere sind gut, stimmen aber nicht so recht auf die Person. Doch das geht mich nichts an, wenn Ihr nur Eure Arbeit versteht. Sagen muß ich Euch freilich, daß ich streng auf Subordination und Verträglichkeit an Bord halte. Ihr seid wohl kein großer Freund der letzteren?«
    »Warum nicht, Kapt’n?«
    »Die Narbe hier ist jedenfalls die Folge irgend einer Schlägerei!«
    »Erlaubt, Sir! Ich erhielt sie von einem Indianer, als es mir einmal in den Sinn kam, die See auf einige Zeit mit der Prairie zu vertauschen.«
    »So, so; das ist etwas anderes. Ich werde Dich an Bord behalten. Geh, sag das dem Maate und mach mit ihm die Heuer richtig. Ich gehe noch auf eine Viertelstunde an das Land; dann nehmen wir die Anker auf.«
    Er wandte sich ab und begab sich in die Kajüte.
    »Das ist Wilson! Die Person, die Narbe, der Indianer, der ihn verwundet haben soll, Alles stimmt. Er hat die Flucht ergreifen müssen, will sich unter der jetzigen Maske in Sicherheit bringen und ist bei Saldano gewesen, der ihm mit den Papieren ausgeholfen hat. Was thue ich? Ihn der hiesigen Behörde übergeben? Nein. Es wäre doch ein ganz famoser Streich, wenn er nach Stenton gebracht werden könnte! Warten kann ich allerdings nicht, bis Forster kommt; die Ladung ist gestaut und ich muß fort. Nach Galveston darf ich den Menschen auch nicht mitnehmen, da er nur der Justiz der Vereinigten Staaten ausgeliefert werden soll. Ja, so geht es, ich setze ihn an einer der öden Mississippiinseln ab, und gebe Forster Nachricht, ihn dort wegzunehmen. Ich muß zwar einen Umweg machen; aber wenn ich die westlichste wähle, so ist er nicht bedeutend. Auch liegt diese so außer Kurs, daß er sicher von keinem Schiffe aufgenommen wird und von Forster leicht zu finden ist.«
    Er setzte sich an den Tisch, brachte sein Vorhaben zu Papiere und begab sich dann an das Land, um den Brief eigenhändig im Zollhause zu übergeben. Dies war der einzige Ort, wo er sicher an den Adressaten gelangte.
    Sofort nach seiner Rückkehr an Bord ließ er die Anker lichten und das Tuch aufziehen. Die »Union« stach in See.
    Das Wetter hielt sich ausgezeichnet; der Wind blieb günstig, und die Fahrt war eine so schnelle, daß man bald die Höhe von Galveston erreichte. Da trat Williams zum Maate.
    »Wie gefällt Euch Helborn, der neue Mann?«
    Der Gefragte warf, ehe er Antwort gab, seinen Kautabak erst einige Male im Munde hin und her.
    »Der, Sir? Er wird früher vielleicht einmal zur See gewesen sein, ist aber aus der Uebung gekommen.«
    »Das sieht man. Und sonst?«
    »Und sonst? Geht mich eigentlich nichts an; aber verlieben könnte ich mich in den Kerl nicht. Er hat kein gutes Auge.«
    »So haltet ein wenig mehr nach Lee. Ich werde ihn absetzen.«
    »Absetzen, Sir? Wo?«
    »An der westlichsten Mississippibank.«
    »Hm, Sir; ich darf Euch nicht fragen, warum Ihr so Etwas thut, aber es scheint mir, daß es nur nach Empörungen an Bord geschehen darf.«
    »Richtig. Dennoch aber habe ich einen Grund, der mich vollständig rechtfertigt. Ihr kennt Mr. Forster und Mr. Summerland, die mit uns fuhren, um einen Raubmörder zu verfolgen?«
    »Ayo, ayo, Sir! Warum sollte ich nicht?«
    »Nun, dieser Mann ist ihnen entkommen und nennt sich hier an Bord Frank Holborn aus Wilmington.«
    »Alle Wetter, Sir, ists wahr?«
    »Ich bin meiner Sache vollständig sicher und habe Mr. Forster aufgefordert, ihn an der Bank aufzunehmen.«
    »Das ist

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