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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht!«
    Da erhob sie sich. Im Vollgefühle des Glückes, welches seine Rückkehr ihr bereitete, überwand sie die weibliche Scheu und trat zu Forster.
    »Papa, ich weiß, wie wir ihm danken können. Darf ich Dir es zeigen?«
    »Thue es, mein Kind!«
    Da legte sie die Arme um den Geliebten und bot ihm die schönen Lippen zum Kusse dar.
    »So, Papa! Darf es so sein und so bleiben?«
    Der Bankier war so vollständig überrascht, daß er die Antwort vergaß. In diesem Augenblicke öffnete sich die Thür und Tim Summerland trat ein.
    »Wer wollte mich besuchen und ist nicht gekommen? Daheim ist er auch nicht, und da – –
by god,
die haben sich beim Kopfe, da ist der alte Trapper überflüssig!«
    Er wollte sich schleunigst zurückziehen, wurde aber von Olbers, der mittlerweile sich in die Gegenwart gefunden hatte, noch rechtzeitig beim Arme ergriffen.
    »Bleibt, Master Summerland, denn wir haben Verlobung, jetzt zwar nur unter uns, aber die Sache wird wohl auch noch festlicher arrangirt werden!«
    »Verlobung? Na, ich gebe meinen Segen auf der Stelle dazu, denn, Master Olbers, die Zwei da passen zu einander so gut und vielleicht gar noch ein weniges besser wie Jakob und Judith, um die er volle vierzehn Jahre gefreit hat, die Monate und Tage gar nicht mitgerechnet; das ist so sicher wie meine Mütze!« – – –

Tui Fanua
Ein Abenteuer auf den Samoa-Inseln von Prinz Muhamêl Latréaumont
I.
Unter Menschenfressern
    Gibt es in irgend einer Sprache der Welt ein abscheulicheres Wort als das Wort Menschenfresser? Ich glaube es nicht.
    Wie schauderte ich als Kind, wenn mir meine alte Gouvernante das Märchen von jenem Riesen mit zwei Mäulern erzählte, der mit dem einen Maule sagte: »Es riecht nach frischem Menschenfleisch!« und mit dem andern dann die Unglücklichen mit Haut und Haar, mit Rock, Hose und Stiefel verspeiste!
    Mit welchem Gefühle las ich dann als Knabe jene Reisebeschreibungen, welche den Leser in Länder führen, deren Bewohner nichts lieber genießen als ein Stück saftigen Menschenbraten!
    Und als dann das rücksichtslose Schicksal den Jüngling hinaustrieb in das wilde sturmbewegte Leben, lernte ich die Gluth der Sahara und den Schneesturm der wilden Gobi, die Kaffernhorden Südafrikas und die Indianerstämme des »wilden Westens«, die heiligen Pyramiden des Nils und die versunkenen Atobesstädte in den Klüften der Kordilleren kennen. Ich sah die Ueberreste von Völkern, welche von christlichen Kugeln, christlichem Branntwein und christlichen Krankheiten hingemordet wurden, ich sah die Korruption wüthen unter Nationen, welche noch vor kurzer Zeit stark und kräftig waren; ich sah Menschen tödten, Menschen unterdrücken, Menschen knechten, Menschen um ihre heiligsten Rechte betrügen; aber Menschen geradezu – fressen zu sehen, das war mir denn doch noch nicht vorgekommen, so daß ich schließlich beinahe nicht mehr an das Dasein von Kabalen glauben wollte.
    Ein heiterer wolkenloser Himmel breitete sich über uns aus, aber das strahlende Licht der Sonne vermochte die finsteren Schatten nicht zu verscheuchen, welche auf den Zügen der wackern Seeleute lagen, die mit mir um das lodernde Feuer saßen, an welchem wir unser Mittagsmahl bereiteten.
    Vor uns dehnte sich der niedere Strand, umgeben von drei scharfen gefährlichen Korallenringen, außerhalb deren die See ihre weiten glitzernden Wogen wälzte, während zwischen ihnen und dem Küstensaume das Wasser so still, so ruhig und unbewegt lag, als habe nie ein Sturm diese sonnendurchglühten Breiten durchtobt.
    Hinter uns stieg das Land zur Höhe, hier und da von grünen Eucalyptussträuchern, dichten Melaleuceen 1 und Gruppen von Callitriskoniferen bestanden, unter und zwischen denen zahlreiche Akazien und andere Leguminosenarten eine dichte Bodenbekleidung bildeten.
    Auf dem höchsten Punkte der Insel stand Will, der Schiffsseiler, denn an ihm war die Reihe, mit dem Fernrohre unausgesetzt den Horizont nach irgend einer Art von Segel abzusuchen, welches uns Befreiung aus unserer nichts weniger als angenehmen Lage bringen konnte.
    Wir hatten vor ungefähr sechs Wochen mit unserem guten Dreimaster »Jonathan« Valparaiso verlassen, um nach Hongkong zu segeln, in kurzer Zeit die sehr frequentirte Linie nach Callao, Quayaquil, Panama und Akapulko durchschnitten und waren dann vor einem steifen Südostpassat in schneller glücklicher Fahrt immer scharf nach West gegangen, bis auf der ungefähren Höhe von Tubuai der Passat in einen Orkan umschlug,

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