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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenigstens eine Abwechslung für unsere arme Küche.
    Ich kehrte wirklich bereits nach einer Viertelstunde mit ziemlicher Beute zurück und wurde mit einem fröhlichen Halloh empfangen. Die Vögel hatten die Feindschaft der Menschen noch nicht kennen gelernt und waren in Folge dessen meinen Schroten zahlreich zum Opfer gefallen. Sie wurden schleunigst gerupft, ausgenommen und gebraten und bildeten einen Nachtisch, welcher den Kapitän wieder in gute Laune versetzte.
    »Ihr seid ein famoser Kerl, Sir,« meinte er. »Ich könnte solch ein Schießinstrument hinhalten, wohin ich nur wollte, ich würde ein gewaltiges Loch in die Luft schießen, aber sicherlich nichts treffen, davon bin ich überzeugt. Ein Ruder zu führen, ja, das bringt man fertig trotz einem, aber einen Braten zu schießen, hm, das ist denn doch etwas anderes. Sagt einmal, Sir, ob es hier an Back-oder an Steuerbord wohl Menschen geben wird?«
    »Das läßt sich nicht so leicht beantworten. Es mag zwar in der Nachbarschaft noch einsame Inseln geben, ob sie aber bewohnt sind, kann ich nicht behaupten, doch denke ich es.«
    »Von welcher Sorte werden sie sein?«
    »Malayen.«
    »Hm, das soll eine gefährliche Sorte von Kreaturen sein!«
    »Sie sind meist noch Wilde, und es gibt Bücher, in denen zu lesen ist, daß Viele von ihnen noch Kannibalen sind.«
    »Kannibalen? Was versteht man darunter?«
    »Menschenfresser.«
    »Donnerwetter, sehr angenehm, mein lieber Sir Latréaumont! Wir freilich haben wohl von solchen Leuten nichts zu befürchten?«
    »Nein, wenn sie nicht zu zahlreich über uns kommen.«
    »Hm, klingt gar nicht sehr tröstlich! Aber – – ich glaube, wir könnten mit ihnen gar nicht einmal verhandeln, wenigstens kenne ich Keinen unter uns, der ihre Sprache versteht.«
    Der Steuermann schob sich ein kolossales Stück Salzfleisch zwischen die Zähne und meinte dann kaltblütig:
    »Ich bin es, der diese Sprache versteht, Kapt’n.«
    »Ihr? Wie? Wo wollt Ihr denn das gelernt haben?«
    »O, das ist sehr leicht! Mit Menschenfressern spricht man ja nur mit diesem da. Versteht Ihr mich?«
    Er hob das Messer in die Höhe, zog die fürchterlichste Miene, die ihm möglich war, und machte zwei Bewegungen mit dem Arme, als wolle er Jemanden erstechen oder ihm die Gurgel abschneiden.
    »Das ist allerdings eine Sprache, Maate,« antwortete der Kapitän, »aber sie bringt uns doch keinen Nutzen, wenn wir in Masse überfallen werden sollten, nicht wahr, Sir?«
    »Allerdings,« antwortete ich, »obgleich wir uns wohl auch ein wenig wehren würden.«
    »Ihr versteht doch nicht etwa malayisch, Sir Latréaumont?«
    Ich mußte lächeln. Sir Latréaumont war stets der Mann, von dem der gute Kapitän Hammer glaubte, daß er Alles verstehen müsse.
    »Die Wahrheit ist, Kapt’n, daß ich während eines früheren Aufenthaltes in Sumatra und Malacca mir das eigentliche Malayisch, welches durch den ganzen australischen Archipel Verkehrssprache ist, ein wenig angeeignet habe. Das Kawi, die malayische Priester-und Schriftsprache, verstehe ich nicht; dafür aber glaube ich, daß ich mich den Bewohnern der Tonga-und Samoainseln auch in ihrem Dialekte verständlich machen kann.«
    »Ja, zum Teufel, was seid Ihr denn eigentlich für ein Landsmann, wenn Ihr solche fremde Sprachen redet?«
    »Ich bin ein guter Deutscher trotz meines französisch klingenden Namens.«
    »Ein Deutscher? Aber Ihr habt ja einen amerikanischen Paß.«
    »Warum nicht, wenn man sich genug und lange Zeit in den Staaten herumgetrieben hat?«
    »Well, aber wenn Ihr diese verteufelten Dialekte hier versteht, so seid Ihr weder ein Franzose, noch ein Deutscher, noch ein Amerikaner, sondern ein richtiger Polynesier und Menschenfresser!«
    »Die Sache ist sehr einfach die, daß man sich leichter in eine fremde Sprache findet, wenn man während seiner Schülerzeit einen guten philologischen Grund gelegt hat. Bei der Bekehrung der westmalayischen Völkerstämme zum Muhamedanismus hat ihre Sprache sehr viel von dem Arabischen aufgenommen und wird noch jetzt mit wesentlich arabischen Buchstaben geschrieben. Da ich nun das Arabische verstehe, so ist sehr leicht einzusehen, daß mir eine Orientirung im Malayischen nicht sehr viel Mühe gemacht hat.«
    »Dann müßt Ihr uns als Dolmetscher dienen, wenn wir je mit Polynesern zusammenkommen sollten.«
    »Versteht sich und zwar sehr gern!«
    Da plötzlich erscholl es von der Anhöhe herab:
    »Ahoi – iiiih!«
    »Will, der wachehaltende Schiffsseiler, mußte etwas

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