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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Schiffsseiler als Posten zurücklassend, zu unserem Lagerplatze zurück.
    Während zwei Mann bei den Sachen zu bleiben hatten, stiegen wir mit den Andern dann wieder zur Klippe empor. Unten am Strande brannte jetzt ein Feuer, welches eine mächtige Rauchsäule zum Himmel sendete.
    »Ist etwas geschehen?« frug der Kapitän den Posten.
    »Ja. Sie haben zwei Gefangene, welche an Händen und Füßen gebunden waren, aus der großen Praue geholt und nach dem Feuer getragen.«
    »Was glaubt Ihr wohl, daß sie mit ihnen machen werden, Sir?«
    »Jedenfalls tödten,« antwortete ich. »Der Polynesier kennt keinen Pardon gegen den Feind, der ihm in die Hände fällt.«
    »Und dann?«
    »Hm, wer kann das wissen! Aber hört, ich werde einmal rekognosziren.«
    »Das heißt, Ihr wollt Euch in ihre Nähe wagen?«
    »Ja.«
    »Das ist gefährlich!«
    »Nicht so sehr, als wie Ihr denkt. Ich habe in meinen Kämpfen zwischen den wilden Indianern der Savanne das Anschleichen gut genug gelernt, um es auch hier ausführen zu können. Hier rechts zieht sich ein Gebüsch von wilden Baumwollensträuchern so nahe an ihren Landeplatz heran, daß ich mich unbemerkt bis auf zwanzig Schritte nähern kann. Ich habe eine Büchse, ein Messer und meinen Revolver. Gefahr gibt es also nicht.«
    »Aber sie sind über vierzig und wir nur zwanzig!«
    »Fürchtet Ihr Euch?«
    »Pah! Ich möchte nur nicht gern haben, daß sie Euch massakriren.«
    »Das laßt immerhin nur meine Sorge sein! Sobald ich schießen sollte, eilt Ihr so schnell wie möglich hinzu. Das Uebrige wird sich dann schon finden.«
    Ich trat auf unserer Seite in das Baumwollengestrüpp ein und pürschte mich am Boden fortkriechend um die Felsen herum, nach dem Feuer zu. In der möglichsten Nähe angekommen, sah ich, daß sie eine tiefe, ungefähr sieben Fuß lange Grube gemacht hatten, welche mit Steinen ausgelegt war, und von dem Feuer vollständig ausgefüllt wurde. Ich ahnte, was diese Grube für einen Zweck habe und schauderte.
    Die Männer saßen schweigsam um sie herum, und einer untersuchte von Zeit zu Zeit die Steine, ob sie heiß genug seien. Endlich gab er ein Zeichen. Zwei erhoben sich, entfernten mit grünen dichten Zweigen das Feuer aus der Grube und faßten dann einen der Gefangenen bei dem Kopfe und den Beinen an, um ihn in die Grube zu werfen, sie mit Steinen zu belegen, das Feuer auf diese zu bringen und ihn dann lebendig zu braten.
    Jetzt war es Zeit für mich. Ich erhob mich vom Boden.
    »Lo (halt)!«
    Bei diesem Rufe standen Alle sofort auf den Beinen und griffen zu ihren Keulen. Derjenige, welcher die Hitze der Steine probirt hatte und wohl der Anführer sein mochte, trat einen Schritt vor und frug:
    »Wer bist Du?«
    »Ein Germa (Deutscher).«
    »Was thust Du hier?«
    »Meine Praue ist hier gescheitert.«
    »So bist Du unser. Greift ihn!«
    Sie näherten sich mir; ich aber erhob meine Büchse.
    »Zurück, sonst seid Ihr verloren! Wer seid Ihr?«
    »Sei still, Fremder! Ich bin Katua, der große Häuptling von Manua.«
    »Was wollt Ihr hier?«
    »Wir haben unsere Feinde gerichtet und werden sie verzehren.«
    »Das verbiete ich Euch!«
    »Du?« Er schüttelte verächtlich den Kopf und deutete dann mit der Hand nach mir. »Das Fleisch der Weißen ist nicht gut, aber er soll gebraten werden wie diese hier. Ergreift ihn!«
    Jetzt sprangen sie wirklich auf mich zu, und es galt kein Zaudern mehr. Zwei Schüsse aus meiner Büchse trafen die beiden Vordersten, dann stieß ich dem Dritten das Messer in die Kehle, den Revolver für einen andern Zweck aufbewahrend. In demselben Augenblick nämlich, an welchem mein erster Schuß krachte, stießen unsere Leute einen lauten Kampfesruf aus, traten hinter der Klippe vor, schossen in den dichten Haufen der Wilden hinein und kamen dann herabgesprungen.
    »In die Praue!« gebot der Häuptling.
    Es waren mehr als zehn der Seinigen gefallen, und unsere Waffen waren ihm überlegen. Dieses und daß die Flucht das Beste für sie sei, erkannte er sofort und eilte also in weiten Sprüngen nach der Doppelpraue. Dafür nun hatte ich mir den Revolver aufgespart. Ich hatte seinen Gedanken errathen und war ihm vorangeeilt. Noch ehe er die Praue erreicht hatte, stand ich bereits an Bord derselben und begrüßte ihn mit einer Kugel. Auch die fünf andern Kugeln der Drehpistole fanden ihr Ziel, und nun mußte ich die Eindringenden, welche unter diesen Umständen keinen Gebrauch von ihren Keulen machen konnten, mit dem Kolben meiner Büchse

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