Der Gitano. Abenteuererzählungen
Rothen alle hinter Euch her sein und die ›Festung‹ leer gelassen haben würden, wie mir scheint. Fand es auch so. Haben sich schön gewundert, als sie wieder zurückkamen und machten Gesichter, meine ich, Gesichter, hihihi! Aber wo bringt Ihr denn die Commisleute her, Sir?«
»Stießen unterwegs auf uns, Sam; kamen grad zur rechten Zeit.«
»Glaube es. Aber kommt nur herein, wenn ich mich nicht irre; liegen Alle noch da, Alle, wie sie niedergemacht worden sind, meine ich.«
Winnetou war uns vorangegangen, und wir folgten ihm, die Pferde nachziehend. Im Innern der »Burg« angekommen, sahen wir ihn an der Stelle stehen, an welcher wir gestern so heiß gekämpft hatten; zu seinen Füßen lag die Leiche eines Mannes, welchen wir sofort alle erkannten: es war Old Firehand.
Die starken Glieder lang ausgestreckt, lag er auf dem Rücken, sodaß wir die Wunde sahen, welche die Kugel Parranoh’s in seine Brust gerissen hatte. Die Augen waren geschlossen; um die eingefallenen Wangen und den fest zusammengekniffenen Mund lag noch der Ausdruck muthiger Todesverachtung, die ihm bis zum letzten Augenblicke seines thatenreichen Lebens treu geblieben war. Eins aber machte uns schaudern: der nackte, blutigrothe Schädel; man hatte ihn scalpirt, und die prachtvollen, langen, grauen Locken – wo waren sie nur? Parranoh hatte sie nicht bei sich gehabt – ah, dort am Pfahle hingen sie als Siegestrophäe bei den andern Scalpen. Ellen konnte den Anblick nicht ertragen und warf sich laut schluchzend über den geliebten Todten.
Wir traten zurück, um ihrem Schmerze seine Rechte zu lassen. Es war einer der trübsten Augenblicke meines Lebens, und selbst im Auge Winnetou’s, des festen, stolzen, und unerschütterlichen Mannes glänzte es wie eine Thräne, als er, die Hand schwer auf meine Schulter legend, sagte:
»Die Seele des Apachen ist dunkel, und sein Herz ist ohne Licht; er möchte sein Haupt legen neben das seines Freundes und todt sein wie er. Mein weißer Bruder mache glücklich die Tochter Ribanna’s, der Rose vom Quicourt!« –
Es war mehrere Wochen später, als wir zu Vieren in jene Gegend kamen, wo ich Ellen zum ersten Male gesehen und bei ihrem Erscheinen an den
flats-ghost
gedacht hatte. Sie ritt auf Parranoh’s Braunen dicht an meiner Seite, sodaß wir warm die Hände in einander legen konnten. Schon vor mehreren Tagen hatten wir von einigen Westmännern gehört, daß der Schwiegersohn Forsters, also Ellens Bruder, von Omaha nach New-Venango gezogen sei, um die vom Feuer zerstörten Besitzungen des verunglückten Oelprinzen wieder in den früheren Stand zu setzen.
Ihm galt heut, nachdem wir den Schauplatz unsrer letzten Abenteuer in Begleitung der Dragoner verlassen hatten, unser Besuch, und wir hatten uns vorgenommen, uns bei ihm von den gehabten Strapazen gehörig auszuruhen.
»Hier ist die Stelle, an welcher wir uns begrüßten, Ellen!«
»Wars zum Glück oder wars zum Unglück?« fragte sie, dem leuchtenden Blick tief in mein Auge senkend.
»Es war zum Glück; willst Du es glauben?«
»Ich glaube es!« – Das waren einige Worte; aber der aus dem innersten Herzen heraufsteigende Klang der tiefen, sonoren Stimme sagte mir mehr, als eine lange Rede.
Unbekümmert um unser Zurückbleiben war Winnetou fortgeritten; sein kleiner Nachbar aber schien weniger Nachsicht zu haben und mahnte uns mit ungeduldigem Rufe:
»Wenn nur dieses alte Coon hier wüßte, was dahinten für ein Meeting abgehalten wird. Die kleine Miß mag doch vorwärts machen, wenn ich mich nicht irre! Die Sonne ist nun fort und Sam Hawkens sehnt sich nach Manchem, was hier nicht zu haben ist, meine ich!« – –
Leïlet
Novelle von M. Gisela
Es war um die Zeit, in welcher die egyptische Sonne ihre Strahlen mit der gesteigertsten Gluth auf die lechzende Erde sendet und Jeder, den nicht die Noth hinaus unter den freien Himmel treibt, sich unter den Schutz seines Daches zurückzieht und nach der möglichsten Ruhe und Kühlung strebt. Auch ich lag auf dem weichen Divan meiner gemietheten Wohnung, schlürfte würzigen Mokka und schwelgte in dem Dufte des köstlichen Djebeli, welcher meiner Pfeife entströmte. Die starken, fast fensterlosen Mauern boten dem Sonnenbrande einigen Einhalt, und die aufgestellten porösen Gefäße, durch deren Wände das Nilwasser verdunstete, machten die Atmosphäre so erträglich, daß ich von der gewöhnlichen Abspannung des Menschen während der Mittagszeit wenig oder gar nichts bemerkte.
Da erhob sich
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