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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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draußen die scheltende Stimme Omar-Arha’s, meines Dieners, der zugleich die Stelle eines Ministers aller inneren und äußeren Angelegenheiten bei mir vertrat, und mit einer Liebe und Ergebenheit an mir hing, die von einem Araber einem Christen gegenüber fast beispiellos genannt werden konnte. Er war früher Soldat seiner viceköniglichen Majestät gewesen und nach langjähriger Dienstzeit in Folge seiner Invalidität ohne Weiteres fortgejagt und fast dem Hungertode in die Arme getrieben worden; damals nahm ich ihn zu mir, heilte ihn von seinen Gebrechen und fand mich in der Folge reichlich dafür belohnt. Er bekam gute Kleidung und trug ausgezeichnete Waffen, zwei Dinge, welche ihn mit unendlichem Stolze erfüllten, und als ich ihm später noch die Vollmacht gab, mit dem königlichen Firman (Reisepaß, Empfehlung) in der Hand mich in den meisten geschäftlichen Angelegenheiten zu vertreten, da fühlte er die ganze Größe seiner Würde und wiederholte mir fast täglich die Betheurung:
    »Was war ich, o Herr, als Du mich fandest und Dich mein erbarmtest? Eine todte Ratte, ein Hund, den man von sich stößt! Und was bin ich bei Dir geworden? Ein Sihdi (Herr), vor dem sich der Fellah fürchtet und der Türke zittert. El hamdi lillahi, Gott sei Dank!«
    Außer seiner Treue und Zuverlässigkeit besaß er noch eine ganz besonders schätzenswerthe Eigenschaft in einem Humore, der nie zu versiechen schien, bei jeder Gelegenheit hervorsprudelte und selbst der ernstesten und schlimmsten Lage noch eine heitere Seite abzugewinnen wußte. »Mukle«, Spaßvogel, wurde er deshalb von allen Denjenigen genannt, denen er eine solche Vertraulichkeit gestattete; und da er, wie die meisten Araber, bei jedem Selbstgespräche sich eine Person vorstellte, mit welcher er sprach, so hielt er oft unter seinen eigenen zwei Augen die köstlichsten Reden, über welche das Zwerchfell eines etwaigen Zuhörers in die größte Gefahr gerathen wäre.
    Jetzt freilich schien seine Stimmung nicht die beste zu sein, denn mit zornigem Tone hörte ich ihn rufen:
    »Was? Den Effendi el kebihr, den großen Herrn und Meister willst Du stören – jetzt – seinem Kef – in seiner Mittagsruhe? Hat der Teufel – Allah beschütze mich vor ihm – Dir den Kopf mit Nilschlamm gefüllt, so daß Du nicht begreifen kannst, was ein Effendi zu bedeuten hat, ein Mann, den der Prophet mit Weisheit speist, und der Alles kann, sogar die Todten wieder lebendig machen, sobald sie ihm sagen, woran sie gestorben sind!«
    »Gott erhalte Deine Rede, Sihdi,« ertönte die Antwort; »aber ich muß Deinen Effendi, den großen Arzt aus Frankhistan sehen, denn mein Herr, der mächtige und reiche Abrahim-Arha – Allah möge ihm tausend Jahre schenken – hat mich gesandt, ihn zu sich zu rufen.«
    »Abrahim-Arha? Zu sich rufen? Wer ist denn Abrahim-Arha, und wie hieß sein Vater? Von wem wurde er geboren und wo leben die, denen er seinen Namen verdankt? Niemand kennt ihn, selbst ich, Omar-Arha, der tapfere Freund und Beschützer meines Gebieters, habe noch nie die Spitze seines Tarbusch gesehen. Gehe fort und komme in drei Tagen wieder. Morgen reisen wir ab!«
    »So höre, Du Mann mit dem verstockten Ohren, was ich Dir zu sagen habe! Der Effendi soll kommen zu« – hier wurde die Stimme des Sprechers unhörbar, und erst die letzten Worte seiner Rede konnte ich wieder verstehen: »Reicher Lohn wartet sein, wenn es ihm gelingt, den Tod von dem Hause meines Gebieters fern zu halten!«
    »Allah akbar, Gott ist groß! Und ich, Ohmar-Arha Ben Afradin stehe da, mit der Nilpeitsche in der Hand, und vergesse doch, ihr Deinen Rücken zu zeigen. Bei dem Barte des Propheten, Dein Mund spricht solche Weisheit, als wäre der Verstand Dir bei der Fahrt in’s Wasser gefallen. Weißt Du nicht, daß ein Weib gar keine Seele hat und deshalb auch nicht in den Himmel darf? Mein Herr kennt den Koran und verachtet die Frauen. Die schönste Perle des Harems ist ihm wie der Scorpion im Sande, und seine Hand hat noch nie das Gewand eines Weibes berührt, denn er weiß, daß ich es für ihn thue. Komme in drei Tagen wieder. Morgen reisen wir ab!«
    »Du mußt wissen, o Unbarmherziger, daß er ihr Gewand nicht berühren und ihre Gestalt nicht sehen wird, denn die Gesetze des Harems sind streng. Er wird durch das Gitter mit ihr sprechen!«
    »Ich bewundere die Weisheit Deiner Rede und die Klugheit Deiner Worte, o Mann! Merkst Du denn nicht, daß die Gesundheit, welche der Effendi spendet, an dem Gitter

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