Der Gladiator
wütenden Stich im Brustkorb, krümmte sich vor Schmerz, taumelte weiter. Je mehr er sich der Türöffnung näherte, desto stärker spürte er den Sog, den das Feuer verursachte. Vor ihm tauchte die Marmorbrüstung auf, aber von Mariamne keine Spur. Er wollte schon umkehren, als er sie in der Ecke der Balustrade kauern sah. Sie preßte die Hände vor Mund und Nase und starrte ausdruckslos auf den Boden.
Vorsichtig ging Vitellius auf Mariamne zu. Sie reagierte nicht. Behutsam legte er ihren linken Arm um seine Schulter, faßte mit der Rechten um ihre Taille, den linken Arm schob er unter ihre Beine, dann hob er Mariamne hoch. Ein Stich durchfuhr seinen Körper wie ein glühender Pfahl. Vitellius torkelte, er drohte zu fallen. Mühsam richtete er sich auf und setzte einen Fuß vor den anderen. Vorbei an Fabius, der wieder in tiefe Bewußtlosigkeit gefallen war, schleppte er seine Last den Korridor entlang in Richtung Treppe. Mariamne hing regungslos in seinen Armen; aber der Gladiator hatte nicht die Zeit, darüber nachzudenken, ob Mariamne noch lebte.
Entsetzt starrte er auf die glühenden Stufen. Von oben sahen sie noch bedrohlicher, noch unüberwindlicher aus. Während er überlegte, ob er mit seiner Last auf den Armen abwärts jeweils zwei Stufen nehmen sollte, damit ihm seine Sohlen nicht durchbrannten, kam ihm wie ein Feuergott Pictor entgegen. »Herr!« brüllte er dem Krachen und Lodern entgegen, »Herr, du mußt hier raus. Jeden Augenblick kann der Porticus in sich zusammenstürzen!«
Vitellius zeigte mit dem Gesicht auf die Isis-Statue. »Da liegt Fabius. Hole ihn!«
»Herr, der Porticus stürzt ein!«
»Hol Fabius, ich befehle es dir!« Vitellius brüllte seinen Sklaven an, da sah er, daß sich Mariamnes Mund zu einem Lächeln formte. »Mariamne!« sagte der Gladiator. »Gleich haben wir es geschafft, gleich sind wir in Sicherheit!«
Er biß die Zähne zusammen und stieg wie im Traum die glühenden Stufen hinab. Unter seinen Füßen spürte er das Zischen und Krachen des nassen Leders, das mit jedem Schritt heißer und heißer wurde. In der Mitte der Treppe wollte er schreien vor Schmerz, weil er fühlte, wie seine Fußsohlen zu schmoren begannen. Kaum hatte er die letzte Stufe hinter sich gebracht, stürzte er mit Mariamne in den Armen zum Porticus. Ein glühender Balken, der herabgefallen war, versperrte den Weg. Vitellius nahm Anlauf. Seine Fußsohlen brannten wie Feuer. Er sprang über das brennende Hindernis und torkelte in einer Rauchwolke dem Ausgang entgegen.
Ein Schrei des Entsetzens ging durch die Menge, als der Gladiator dampfend und qualmend vor dem Porticus auftauchte. Mariamne klammerte sich ängstlich wie ein Kind an Vitellius. »Sie lebt!« rief ein Sklave, der den beiden entgegenkam. »Sie lebt!« Von allen Seiten strömten die Menschen zusammen, umringten lärmend den Retter, der Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten. Benommen blieb er stehen, legte vorsichtig Mariamne auf das Pflaster und brach dann besinnungslos zusammen.
»Pictor!« stammelte Vitellius, als er wieder zu sich kam. »Pictor!« Mariamne wischte ihm mit einem Kleidungsstück über das Gesicht und schüttelte den Kopf. Der Gladiator setzte sich auf. Er rang nach Luft, als er die lodernde Ruine des Palais' sah. Der Porticus vor dem Eingang war eingestürzt. Die Frau legte ihre Hand auf den verrußten Unterarm des Gladiators und sagte: »Er kam zu spät. Pictor und Fabius haben es nicht mehr geschafft. Wir waren gerade im Freien, da brach der Säuleneingang ein. Mögen die Götter ihnen gnädig sein.«
Vitellius blickte um sich. Von überallher dröhnte der tobende Abgesang des monumentalen Feuers. Krachend fiel ein Gebäude vor ihnen in sich zusammen. »Wir müssen zurück, bevor uns das Feuer den Weg versperrt«, sagte Vitellius. Er erhob sich mühsam. Mariamne und eine Sklavin legten seine Arme über ihre Schultern und stützten ihn beim Gehen. Jeder Schritt, den er mit bloßen Füßen tat, schmerzte, als träte er auf glühende Scheite. Mariamne sah, wie seine Lippen zitterten. Vor Schmerz kniff er die Augen zu einem schmalen Spalt zusammen.
Mühsam und unter qualvollen Schmerzen erreichten sie die Via Appia. Hier wähnten sie sich in Sicherheit vor dem rasenden Inferno. Mariamne schickte die Sklavin in Vitellius' Haus, sie sollte Hilfe holen.
In Rom spielten sich indes unbeschreibliche Szenen ab. Aufkommender Wind hatte den Flammenfraß noch beschleunigt. Menschen, die sich vor dem Feuer in abgelegene
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