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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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ermorden.«
    »Es geht das Gerücht, Nero selbst habe die Stadt in Brand gesteckt, um sich ein neues Rom, ein Neropolis, errichten zu lassen.«
    »Rom ist voll von Gerüchten – wie stets bei großen Katastrophen. Aber dieses Gerücht entbehrt jeder Grundlage. Der Kaiser war in Antium, als der Brand ausbrach. Hätte er den Auftrag gegeben, die Stadt anzuzünden, dann hätte er sicher jene Stadtteile in Brand gesteckt, die fernab von seinem Palast lagen.«
    »Vielleicht wollte er auch einen neuen Palast errichten?«
    »Dann hätte er zumindest seine kostbare Sammlung griechischer Kunstwerke in Sicherheit gebracht. Als sein Freund weiß ich zu gut, was diese Sammlung für ihn bedeutete. Sie war nicht nur Millionen wert, er hing mit ganzem Herzen an den Skulpturen und weinte wie ein kleines Kind, als er sah, daß all der prächtige Marmor zu Kalk verbrannt war.«
    »Dem kann ich schlecht widersprechen.«
    »Nein, Nero hat Rom nicht angezündet. Aber er geht einem anderen Gerücht nach. In verschiedenen Teilen der Stadt sollen während des Brandes tanzende und singende Menschen gesehen worden sein …«
    »Auch ich bin diesen Leuten begegnet«, sagte Mariamne. »Es waren diese Christiani, die das Weltenende und ihre Erlösung für gekommen glauben. Sollten sie den Brand gelegt haben?«
    »Juden«, knurrte Tigellinus.
    »Nein, keine Juden«, antwortete Mariamne, »ihre Bewegung nahm nur in Palästina ihren Anfang.«
    »Jedenfalls leben sie bei den Juden in Transtiberim. Merkwürdig, daß gerade dieser Stadtteil von den Flammen verschont blieb.«
    »Was für ein Motiv sollten die Christiani gehabt haben?«
    »Wer weiß das schon bei all den orientalischen Sekten, die in Rom Wurzeln fassen. Vielleicht wollten sie sich rächen, weil wir zwei ihrer Anführer im Mamertinischen Kerker gefangen halten.«
    »Welchen Verbrechens sind sie angeklagt?«
    »Sie mißachten unsere Götter und wiegeln das Volk gegen den Kaiser auf. Auf Majestätsverbrechen steht die Todesstrafe.« Als Tigellinus bemerkte, daß seine Worte bei Mariamne Mißtrauen erregten, fügte er hinzu: »Der eine ist harmlos, ein Fischer aus Galiläa. Der andere ist ein guter Redner, sprachkundig und in der stoischen Philosophie bewandert. Er wurde in Jerusalem verhaftet, bestand aber darauf, daß man ihm als römischem Bürger in Rom den Prozeß mache. Das werden wir auch sehr bald tun. Denn wenn die Gesetze nicht befolgt werden, wird der Staat zugrunde gerichtet.«
    »Und du glaubst, daß ein paar tausend Christiani das römische Weltreich ins Wanken bringen können?«
    Tigellinus schwieg. »Seit drei Nächten steht ein Komet am Himmel«, sagte er schließlich, »die Sterndeuter meinen, er künde vom Untergang der Herrschenden. Nero hat seinen Hofastrologen Balbillus gefragt, was zu tun sei.«
    »Und welchen Rat gab er dem Kaiser?«
    »Er meinte, das Blut eines hervorragenden Mannes sollte als Sühneopfer vergossen werden. Dann könnten die jetzigen Verhältnisse fortbestehen.«
    »Er ist sehr verunsichert, dein Kaiser, und glaubt wohl, die Tage seiner Regierung seien gezählt. Immerhin, seine Zeit währt schon über zehn Jahre, und es waren keine schlechten Jahre für Rom. Doch scheint es unseren Prinzipes vorgezeichnet, eines gewaltsamen Todes zu sterben.«
    »Noch ist er Kaiser!«
    »Ein einsamer, unglücklicher Mann ist er, der sich mit Hilfe seiner Prätorianer an der Macht hält. An ihm ist ein Künstler verlorengegangen, ein Sänger oder ein Dichter, aber gewiß kein Politiker.«
    »Du gebrauchst beinahe seine eigenen Worte, Mariamne, aber das Schicksal hat ihn nun einmal für diese Rolle ausersehen. Doch sprich, was darf ich dem Kaiser melden? Kann er mit dem Kredit rechnen?«
    Mariamne überlegte, dann sagte sie mit fester Stimme: »Hundert Millionen Sesterze sind eine riesige Summe und ein unübersehbares Risiko …«
    »Der Kaiser ist nicht irgendein Bittsteller!« erregte sich Tigellinus; aber Mariamne antwortete ruhig: »Kredit ist Kredit, und Kredit heißt daran glauben, das Geld mit Zins zurückzuerhalten.«
    »Du zweifelst?«
    »Ich bin zumindest nicht sicher. Zwölftausend Leibgardisten sind für mich keine Sicherheit. Frage deinen Kaiser, welche Sicherheiten er mir für die hundert Millionen Sesterze anzubieten hat. Dann werde ich eine Entscheidung treffen.« Mariamnes Stimme klang so bestimmt, daß Tigellinus nicht zu widersprechen wagte. Er grüßte und verließ das Haus.
    Während Rom glänzender und prächtiger zum Himmel wuchs als je

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