Der gläserne Drache Band II (German Edition)
nachlassende Treue zu Eurer Heimat, die Ihr mit so vielen Entbehrungen bewiesen habt.“
Er betrachtete die jungen Männer mit scharfem Blick. „Und ihr Beiden sollt herzlich willkommen sein in der Burg eurer Vorfahren, und mögen die Götter euch auch weiterhin ihren Beistand nicht versagen, denn es warten große Aufgaben auf euch.
Und auch dir und deinem Weib, Dormas, verdankt Torgard viel, denn eure Fürsorge hat die Söhne unseres Fürsten zu prächtigen jungen Männern heranwachsen lassen.
Doch nun tretet ein! Eure Räume sind bereit und ihr könnt euch nach eurer langen Reise erfrischen. Heute Abend findet dann das große Bankett statt.“
Als sie in die große Halle kamen, trat ein junger Mann in Tanis‘ und Wigos Alter auf sie zu und verneigte sich vor ihnen:
„Mein Name ist Amaro. Gondar bat mich, euch in eure Räume zu führen. Er hat mich euch zum Dienst zugeteilt, und wenn ihr etwas wissen wollt oder braucht, könnt ihr mich jederzeit fragen.“
„Wir danken dir, Amaro“, sagte Tanis, „und leider werden wir dich zumindest in der ersten Zeit wohl öfter in Anspruch nehmen müssen, bis wir uns hier auskennen. Es ist schon seltsam, nachhause zu kommen und sich nicht zuhause zu fühlen!“
Amaro lachte. „Nun, das wird sich wohl schnell ändern, denn ihr beide seht nicht so aus, als seiet ihr schüchtern und wüsstet euch nicht zu helfen.
Wenn es euch recht ist, solltet ihr jetzt mitkommen, denn ich denke, dass den Dienern sonst das Wasser im Badezuber kalt wird. “
Er führte die Beiden in einen Seitenflügel. Dort gab es zwei gemütlich eingerichtete Räume mit einem kleinen Vorzimmer.
„Hey, für jeden ein eigenes Zimmer!“ lachte Tanis staunend. „Das wird diese Nacht wohl das erste Mal in unserem Leben sein, dass ich mit dir nicht um die Bettdecke kämpfen muss.“
„Umgekehrt wird wohl ein Schuh daraus!“ feixte Wigo. „Es war wohl oft genug ich, der morgens total durchgefroren aufwachte, weil du die Decke für dich allein haben wolltest.“
„Ja, ja, das ist Bruderliebe!“ lächelte Amaro. „Wie gut, dass ich das einzige Kind meiner Mutter bin!
Aber kommt, am Ende des Ganges ist die Badestube. Ich werde eure Diener anweisen, euch die Kleidung für das heutige Festmahl bereitzulegen.“
Bald saßen Tanis und Wigo in zwei großen Zubern und genossen lachend und spritzend das lang entbehrte heiße Bad.
Nach etwa einer Stunde steckte Amaro den Kopf durch die Tür.
„Wo seid ihr?“ fragte er und wedelte mit den Händen die dichten Dampfschwaden auseinander. „Ihr solltet da langsam herauskommen, denn in einer Stunde erwartet uns Gondar an der Tafel.“
Triefend nass tauchten die Zwillinge aus dem Dampf auf. Sofort reichten die beiden Diener ihnen große Tücher zum Abtrocknen. In die Laken gehüllt rannten die beiden jungen Männer zu ihren Zimmern.
„Ich komme euch dann abholen !“ rief Amaro lachend hinter ihnen her.
*****
Als die Zwillinge zu ihren Zimmern gebracht worden waren, hatte auch Malux Quartier bezogen. Doch eine innere Unruhe trieb ihn hinaus.
Er durchwanderte die Gänge der Burg, und eine Flut von Erinnerungen brandete über sein Herz. Dort waren die Gemächer von Prios und seiner Gemahlin, die jetzt von Gondar bewohnt waren, wo er den sterbenden Erugal gefunden hatte und ihm den Schwur leistete, der sein ganzes Leben in andere Bahnen gelenkt hatte. Es hatte sich im Schloss kaum etwas verändert, und das Geschehnis lag so klar vor seinen Augen, als sei es erst gestern gewesen.
Es war ihm, als schnüre eine kalte Hand seine Kehle zu. Um wieder frei atmen zu können, verließ er durch eine der Pforten zum Garten das Schloss.
Ziellos wanderte er die Wege des gepflegten Parks entlang. Tief in Gedanken hätte er beinahe die schlanke Frau nicht bemerkt, die in ein einfaches Gewand gekleidet auf einer der Ruhebänke am Rande des Weges saß. Erst als sie sich erhob und ihm entgegenblickte, schaute er auf.
„Verzeiht, dass ich Euch … Bei allen Göttern, Safira, bist du es wirklich?!“ stammelte Malux.
„Ja, ich bin Safira, Herward, aber wohl nicht mehr die Safira, die du einst kanntest“, sagte die Frau. In ihren klaren blauen Augen schimmerten Tränen.
Ihr dunkles Haar, bereits mit einigen silbernen Fäden durchzogen, wurde fast ganz von einer schlichten Haube bedeckt. Obwohl sie nicht mehr jung war, hatten ihre feinen Gesichtszüge ihre Schönheit bewahrt.
Malux ging auf
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