Der gläserne Drache Band II (German Edition)
nicht mehr viel Zeit! – Der einzige, der dir dann vielleicht noch gewachsen wäre, ist der Magier Sardon, doch der lebt auf einer Insel fernab im westlichen Meer, und ich hörte nie, dass er jemals seinen Fuß auf das Festland gesetzt hätte.
Du bist mein Erbe und wirst hier am Hof meinen Platz einnehmen. Somit denke ich, dass ich dir auch meinen größten Schatz nicht vorenthalten sollte: meine Magie! Sie mit mir vergehen zu lassen, wäre Verschwendung!
Daher kann ich beruhigt vor die Götter treten, denn unter deinem Schutz weiß ich euch dann alle in Sicherheit. Und somit hat sich meine Lebensaufgabe erfüllt.“
Während Aelianos ermattet die Augen schloss, griff Wigo nach dem Buch. Es waren nur vier Wörter, die mit roter Tinte unterstrichen waren.
In diesem Augenblick spürte er, dass die Atemzüge des alten Zauberers immer schwächer wurden.
Angstvoll ergriff er Aelianos‘ Hand. Als wolle der Greis ihm ein Zeichen geben, schlossen sich seine Finger noch einmal mit kurzem Druck um Wigos Hand.
Wigo sprach die Worte. Ein gewaltiger Schauer durchfuhr seinen Körper, und für kurze Zeit wurde ihm schwarz vor Augen. Er fühlte, wie eine starke Energie in ihn hineinfloss, ihn ausfüllte und von seinem ganzen Körper aufgesogen wurde.
Als sein Blick sich wieder klärte, sah er, dass er die Hand eines Toten hielt.
Wigos tiefe Trauer wurde jedoch durch Aelianos‘ friedlichen Gesichtsausdruck und das noch immer um den Mund gezeichnete Lächeln ein wenig gemildert.
Mit einem tiefen Seufzer erhob sich Wigo. Bevor er sich jedoch zum König begab, um ihm die Nachricht vom Tod seines Hofmagiers zu überbringen, übermittelte er den Freunden die traurige Botschaft und welches Geschenk Aelianos ihm noch im Tode gemacht hatte. In gemeinsamer Trauer und im Gedenken an den dahingeschiedenen Freund hielten die Vier für ein Weilchen die Gedankenverbindung aufrecht. Sie würden den gütigen Greis nie vergessen!
Mendor ordnete drei Tage Hoftrauer an, denn er hatte Aelianos sehr geschätzt, der bereits unter der Herrschaft seines Vaters als Hofmagier auf das Schloss gekommen war. Darum ließ er Aelianos auch in allen Ehren in der Königsgruft beisetzen.
Als die angeordnete Trauerzeit vorbei war, rief der König Wigo zu sich.
„Es war zwar bereits beschlossene Sache, dass ihr, Waco von Torgard, Aelianos‘ Nachfolge antretet“, sagte der König und übergab Wigo ein Pergament mit dem königlichen Siegel. „Mit diesem Dokument bestätige ich Eure neue Stellung bei Hof.
In seinem Testament hat Aelianos Euch seinen gesamten Besitz vermacht. Es ist mehr, als wir alle gedacht haben, aber Aelianos hat stets ein bescheidenes Leben geführt, und so ist es nicht verwunderlich, dass Ihr nun ein reicher Mann seid.
Wenn es Euer Wunsch ist, könnt Ihr die Turmgemächer des Magiers bewohnen, aber ich bin auch gern bereit, Euch andere Räume anweisen zu lassen, wenn Aelianos‘ Wohnung Euch zu wenig Komfort bietet.
Und wenn Ihr nicht am Hof leben wollt, steht euch immer noch das Anwesen zur Verfügung, in dem Romando Euch damals gefangen hielt.“
„Ich danke Euch, Herr“, antwortete Wigo, „und es ist mir eine Ehre, Euch als Hofmagier zu dienen. Und gern übernehme ich Aelianos‘ Räumlichkeiten, denn dort finde ich alles, was ich benötige. Ein besseres Laboratorium als das vorhandene könnte ich nicht bekommen. Die Wohnräume werde ich jedoch ein wenig nach meinem persönlichen Bedarf umändern, wenn Ihr es gestattet.
Ich möchte Euch aber noch etwas mitteilen, was ich Euch jedoch geheim zu halten bitte: Aelianos hat mir im Sterben seine Magie übertragen!
Somit verfüge ich nun über mehr Macht als alle Magier, die ihr kennt.
Doch ich denke, dass es besser ist, wenn niemand als Ihr und der Bund der Vier davon weiß. Dieses Wissen sollte nicht verbreitet werden.
Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, und vielleicht ist dieses Geheimnis irgendwann einmal nützlich.“
Der König war sehr überrascht, aber auch erfreut, seinen Hof so gut geschützt zu wissen, und versprach, das Geheimnis zu wahren.
„Aber ich wollte noch etwas anderes mit Euch besprechen“, sagte er dann. „Wie Ihr wisst, steht immer noch das Problem mit der Vergabe des Fürstentums Candrien an, da Ihr die Übernahme abgelehnt habt, was sich jetzt im Nachhinein als Vorteil erweist.
Aber ich kann auf Dauer meinem Vetter, der mir zum Gefallen die Verwaltung vorläufig übernommen hat, diese Bürde nicht
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