Der gläserne Drache
will. Das heißt, bis zur Rückkehr des Magiers sind es noch drei Tage. Bis dahin fällt uns bestimmt noch etwas ein.“
„Ja, Magritta hat mir schon ausrichten lassen, dass ich übermorgen in der Früh mit dem Wagen vorfahren soll“, sagte Malux.
„Wenn sie fort ist, müsst ihr ja noch einmal in Romandos Räume, um das Buch zurückzubringen und den Rest der Prophezeiung zu lesen. Vielleicht kommen euch beim Anblick seiner Zauberdinge die richtigen Gedanken.
Doch kommt, ich brühe uns erst einmal einen guten Tee, das Wasser kocht gerade!“
Aus einer runden Dose mit Deckel entnahm er eine Hand voll getrocknete Kräuter und warf sie in eine Kanne. Dann goss er das sprudelnde Wasser aus dem Kessel hinein.
Er stand am Tisch und sah sinnend zu, wie der aromatische Dampf aus der Kanne stieg, während der Tee zog.
Plötzlich weiteten sich seine Augen. „Das ist es! Das könnte gemeint sein!“
„Was? Was ist es? Was meinst du?“ bestürmten ihn die Freunde.
„Setzt euch wieder hin“, sagte Malux und goss jedem von ihnen durch ein Sieb den Becher voll. Dann setzte auch er sich dazu. „Die Idee kam mir, als ich jetzt sah, wie die trockenen Blätter in dem heißen Wasser aufquollen.
Was passiert, wenn man frische Blätter in ein Gefäß mit Öl legt?“
„Ja!“ jubelte Tamira. „Die Blätter behalten lange Zeit ihre Farbe, auch wenn die Pflanze, von der man sie pflückte, schon längst verdorrt ist.
Und ich weiß auch, wie wir an solche Blätter kommen. Der Gärtner sammelt auf Magrittas Geheiß frische Rosenblätter in einem Gefäß und bedeckt sie mit Öl. Dann verschließt er das Gefäß und lässt es einige Zeit stehen. Wenn man es dann wieder öffnet, hat das Öl einen zarten Duft von Rosen angenommen. Die Rosenblätter aber sehen noch lange so aus, als seien sie gerade erst gepflückt worden.
In jedem Wäscheschrank steht ein solches Gefäß, auch in unserem. Aber ich weiß nicht, ob die Rosenblätter darin noch frisch sind. Wenn nicht, muss uns Maya ein neues beschaffen.
Malux, was täten wir nur ohne dich?“
„Was täte ich ohne euch?“ fragte Malux zurück. „Nur durch euch komme ich meinem Ziel näher, Romando für seine Untaten zur Rechenschaft zu ziehen. Wie sonst könnte ich beweisen, dass er ein schwarzer Magier ist?
Ich müsste hilflos zusehen, wie er weiterhin sein Unwesen treibt, ohne ihm Einhalt gebieten zu können. Aber durch eure Kräfte ist die Erfüllung meiner Lebensaufgabe in greifbare Nähe gerückt.“
„Wir sind eine vom Schicksal verbundene Gemeinschaft“, sagte Wigo ernst, „und daher denke ich, dass Malux auf jeden Fall an dem Ritual teilhaben sollte, das uns vor Romando schützt.
Magritta weiß ja inzwischen, dass wir uns oft bei Malux aufhalten, und wird das dem Zauberer berichten. Der wird sicher sein, dass Malux mittlerweile um unsere Gaben weiß. Wer kann wissen, ob Romando ihm nicht verübelt, dass er sich unserer angenommen hat, und ihn daran hindern will, anderen von unseren Kräften zu berichten?
Wenn wir doch nur schon das Rätsel mit dem Gefäß gelöst hätten!“ stöhnte er. „Wir müssen es bald herausfinden, damit wir das Ritual so schnell wie möglich vollziehen können, und wenn ich die drei Dinge in meinen eigenen Händen verbrennen müsste!“
Tanis sah den Bruder nachdenklich an. „Ich glaube, du hast das Rätsel soeben gelöst!“
Alle sahen Tanis verwirrt und erwartungsvoll an. „Wie meinst du das?“ fragte Wigo.
„Nun, überlegt doch mal: Ein Gefäß, das keines ist! Habt ihr noch nie an einem Brunnen oder einer Quelle euren Durst gestillt, ohne einen Becher zu haben? Was habt ihr da benutzt? Ein Gefäß, das keines ist – eure Hände!“
Die anderen sahen ihn sprachlos an. „Aber wieso habe ich das Rätsel gelöst?“ Wigo war völlig verstört.
„Hast du nicht gerade gesagt, du würdest die drei Dinge in deinen eigenen Händen verbrennen, wenn wir kein Gefäß finden?“ fragte Tanis lächelnd. „Damit hast du die Lösung gefunden.“
„Aber wie soll das gehen?“ fragte Anina zweifelnd. „Das Feuer würde ihm die Hände verbrennen!“
„Nein, das denke ich nicht“, entgegnete Tanis. „Ich bin sicher, dass wir selbst durch unser magisches Feuer nicht zu Schaden kommen.
Aber das können wir ja sofort ausprobieren! Tamira, Wigo, richtet einen Feuerstrahl auf meine Hand!“
„Aber was ist, wenn deine Vermutung nicht stimmt? Dann wirst du verletzt!“
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