Der gläserne Sarg
ist absolut unverdächtig«, schließt er. »Meine Vermutung ist, daß Miß Whyler auf Erpressung aus war und deswegen sterben mußte. Ihr großes Ding ist nicht mehr gelaufen.«
»Sie können verdammt recht haben, Lieutenant«, nickt Jacklow und denkt an die Fotos in seiner Brusttasche.
»Tatsache ist auch, daß Peggy Whyler angerufen wurde, kurz bevor sie gestern nachmittag die Pension verließ und verschwand«, schildert Collin weiter. »Und« – trumpft er auf – »sie ist mit Sicherheit in den Fall Joan Dhiser verwickelt. Denn sehen Sie hier, Chef …« Collin öffnet die Fondtür und angelt vom Rücksitz den cremefarbenen Hut, den er in Peggy Whylers Schrank gefunden hat. Er hält ihn dem Inspector triumphierend vor die Nase. »Wissen Sie, was das ist?«
»Ein Hut … was sonst?«
»Die Entlastung für Mrs. French, Inspector.« Collin platzt fast vor Stolz. »Denn dieser Hut gehört Miß Whyler.«
»…?«
»Erinnern Sie sich nicht mehr, Chef … An die Aussage des Portiers? – Sam berichtete uns, daß Peggy Whyler Dienstag abend – ganz gegen ihre Gewohnheit – das Theater in ihrem Bühnenkostüm verlassen hat – und auch ihren Hut aufgesetzt hatte.«
»Soll das der Hut sein?«
»Ja, Sir … Und dann hörten wir heute, der zusammengeschlagene Junge habe ausgesagt, der Mann habe einen schwarzen Anzug und einen hellen Hut getragen. Dieser Mann, der den Brief übergab, war …«
»… Miß Whyler«, bringt ihn Jacklow um die Pointe.
Collin läßt die Hand, mit der er immer noch den Hut in Jacklows Augenhöhe gehalten hat, enttäuscht sinken.
»Und deshalb hat sie auch mit dem Mord zu tun – vielleicht wurde sie auch ermordet, weil sie den Täter kannte und ihn damit erpressen wollte.«
»Unsere Artistin hat auf zu vielen verstimmten Klavieren gespielt – das, was sie sich vorgenommen hatte, war aber offensichtlich eine Nummer zu groß für sie«, erklärt Jacklow und zeigt Collin die Fotos: »Hier, Sie werden staunen …«
Der Lieutenant betrachtet die Aufnahmen kopfschüttelnd: »Blondie … Mr. Blondie und Peggy Whyler! Und ich hätte geschworen, daß sie mit Jim Dhiser das Verhältnis hat und dieser ihre Rechnung bezahlt … Glauben Sie, Inspector, daß Blondie sie umgebracht hat?«
»Es sieht fast so aus«, erklärt Jacklow und reicht dem Assistenten das Feuerzeug. »Sie können es ruhig anfassen. Das lag in Peggys Apartment im Sunshine Motel. Fingerabdrücke sind schon abgenommen. Betrachten Sie vor allem die Gravierung unten am Boden.«
»M.W.B.«, liest Collin.
»Ja«, meint Jacklow, »das deutet einwandfrei auf Mark W. Blondie hin. – Aber – kommen Sie, wir wollen dem guten Direktor mal auf den Zahn fühlen.«
Blondie kommt sichtlich mitgenommen an die Tür. Seine Wagen sind eingefallen, dunkle Ringe liegen unter den Augen. Wenn ich nicht wüßte, was er heute nacht gemacht hat, würde ich vermuten, er habe sich einige zuviel hinter die Binde gegossen – denkt Jacklow.
Der Direktor führt die beiden wieder in den Salon, in dem sie sich schon bei ihrem ersten Besuch mit ihm unterhalten hatten.
»Gibt es etwas Neues?«
»Das ist eine relative Frage, Direktor. Meinen Sie – etwas Neues für Sie oder für uns?« Und übergangslos fügt Jacklow hinzu: »Ich würde gerne wissen, wo Sie heute nacht waren?«
»Ich? – Hier, wo sonst?«
»Und wann sind Sie heimgekommen?«
»Ich fuhr sofort nach der Vorstellung hierher. – Es wird so etwa kurz vor dreiundzwanzig Uhr gewesen sein.«
»Und Ihre Frau kann das bezeugen?«
Blondie wird verlegen: »Meine Frau? Ja, wissen Sie, meine Frau war auf einem Kongreß – in Detroit. Sie hatte dort gestern abend einen Vortrag zu halten. – Sie ist erst vor einer Stunde zurückgekommen.«
»Aber Ihre Haushälterin hat Sie sicher kommen hören.«
Blondie sinkt noch tiefer in seinen Sessel. »Ich fürchte, auch da muß ich Sie enttäuschen. Sie hatte gestern ihren freien Tag.«
»Mit anderen Worten: Niemand kann Ihnen bestätigen, daß Sie heute nacht hier waren …?«
»Bedauerlicherweise, nein … Aber warum glauben Sie mir nicht? Ist das denn so wichtig, ob ich hier war – oder mich anderswo vergnügte?« Blondie versucht, ins Scherzhafte auszuweichen.
»Es ist eben sehr wichtig, Mr. Blondie – sonst würde ich nicht so beharrlich nachfragen«, erklärt Jacklow betont ernst. »Miß Whyler wurde heute nacht ermordet – besser gesagt erstochen – in einem Apartment eines Motels in der Nähe von Portage. – Aber Sie werden das ja
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