Der gläserne Sarg
liegen, das ihn zunächst stutzen läßt. Dann greift er aufgeregt danach und – hält einen Hut in der Hand. Obwohl er wie ein Herrenhut aussieht, ist er aber offensichtlich für eine Dame bestimmt. Die weiche Flanellqualität verrät es. Und der Hut ist – cremefarben.
Fast hätte der Lieutenant einen Luftsprung vollführt. Gerade noch rechtzeitig aber besinnt er sich darauf, daß er nicht allein ist. So sagt er nur: »Der Chef wird Augen machen …«
Dann wendet er sich an Liz, die ihm staunend, aber offensichtlich verständnislos zugesehen hat: »Ich bin fertig. Und es hat sich gelohnt.«
Unten in der Halle angekommen, wirft er noch einen Blick in die Telefonzentrale.
Diana hat ihn schon erwartet: »Miß Whyler hat seit gestern sechzehn Uhr nur einmal telefoniert. Ein Ortsgespräch.«
»Danke«, ruft ihr der Lieutenant zu. Und wendet sich wieder Liz zu: »Bestellen Sie Mrs. Vanhuisen meine Empfehlung. Ich werde mich bemühen, möglichst nicht wieder zu kommen.«
Draußen im Polizeiwagen weist er den Chauffeur an: »Zur Park Lane … aber dalli.«
17.
Das Sunshine Motel trug seinen Namen zu Unrecht. Von der Atmosphäre, die der Hinweis auf den ›Sonnenschein‹ suggerierte, war nicht viel zu spüren. Von außen vermittelte das gesamte Anwesen sogar einen mehr als abstoßenden Eindruck. Jacklow hätte dort jedenfalls nicht übernachten wollen.
Zu seinem Urteil mochte aber auch beigetragen haben, daß ein penetranter Geruch den Parkplatz des Geländes überzog. Der Inspector ließ sich von dem ihn erwartenden örtlichen Polizisten erklären, daß gestern nachmittag in der Einfahrt zum Motel ein Odelwagen ausgelaufen sei. »Es wird wohl noch einige Tage dauern, bis sich der Gestank verzogen hat«, meinte abschließend der Beamte, bevor er Jacklow in das Apartment 7 führte.
Dort herrscht noch geschäftiges Treiben. Vier Spurensicherer nehmen ihre Aufgabe offenbar sehr ernst. Der Polizeiarzt klappt gerade seine Tasche zu.
»Können Sie schon etwas sagen?« fragt ihn Jacklow.
»Die Todesursache steht einwandfrei fest. Sehen Sie selbst.« Der Arzt geht voraus in das angrenzende Schlafzimmer.
Jacklow bleibt in der Tür stehen. Peggy Whyler liegt quer über dem breiten Bett. Die Kissen sind zerwühlt, das Bettlaken ist halb weggerissen. Sollte Peggy einst schön gewesen sein, so ist jetzt nichts mehr davon zu sehen – denkt der Inspector. Peggy ist nackt, ihr Körper blutverschmiert, ihr Mund qualvoll aufgerissen; die Augen blicken auch jetzt noch, in ihrer Starre, entsetzt. So, als könnte das Mädchen das grausame Geschehen nicht begreifen.
»Sie ist erstochen worden – mit diesem Messer.« Der Arzt hält Jacklow ein spitzes Küchenmesser hin. »Es gehört zur Ausstattung des Apartments …«
»Sie muß doch geschrien haben. Hat jemand in den angrenzenden Räumen etwas bemerkt?«
»Ich glaube, ihr Mörder hat ihr mit diesem Kissen den Mund zugehalten. Er muß über beachtliche Kräfte verfügen, denn die Frau hat sich offensichtlich verzweifelt gewehrt. Doch sie hatte keine Chance mehr, beide Stiche trafen genau das Herz.«
Der Inspector wendet sich ab. Wie oft hat er solche Anblicke schon aushalten müssen … Und doch, die Brutalität, mit der in diesen Fällen der Tod gewaltsam herbeigeführt wird, berührt ihn immer wieder. In diesen Augenblicken weiß er, warum er seinen Beruf ergriffen hat und warum er in ihm eine Berufung sieht. Mörder dürfen nicht frei herumlaufen, sie müssen ihrer Bestrafung zugeführt werden.
Jacklow geht in das Wohnzimmer zurück: »Irgend etwas, was ich noch wissen müßte?« fragt er seinen Kollegen, der die Untersuchung leitet.
»Ich glaube, ja. – Wir haben ein Feuerzeug gefunden und diese Fotos.«
Jacklow nimmt zuerst die fünf Fotos. Es sind Aktaufnahmen; sie zeigen ein Paar in eindeutigen Posen. Die Frau ist Peggy Whyler und ihr Partner – Mr. Blondie. Der Inspector pfeift durch die Zähne. »Da sieh mal einer an. Unser lieber Direktor als Lustknabe … Wo waren die Fotos?«
»In ihrem Koffer, in einem Seitenfach. Nicht sofort zu finden.«
»Meinen Sie, der Mörder hat danach gesucht – oder nach anderen Dingen?«
»Das ist schwer zu sagen. Es war nichts in Unordnung. Aber ich möchte annehmen, daß zumindest der Koffer durchwühlt wurde … Genaues wird aber erst die Auswertung der Spuren ergeben …«
Jacklow nimmt das Feuerzeug und betrachtet es. Es handelt sich um ein elegantes Dunhill-Modell. Der Inspector wendet es in seinen Händen und stutzt
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