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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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zersplitterten, so dass sämtliche Helikopter in wenigen Sekunden in den Hof der Festung stürzten und dort detonierten.
    In fieberhafter Eile suchten die Bordkanoniere der Raumschiffe die unbekannten Flieger anzuvisieren. Die Fragonreiter lenkten ihre Tiere jedoch blitzschnell auf die andere Seite der Festung. Die dort stationierten Raumschiffe hatten den Vorfall nicht beobachten können und brauchten eine gewisse Zeit, um festzustellen, dass die aus der lila glühenden Sonne heraus anfliegenden Objekte wesentlich größer waren als die Helikopter. Bevor sie die Gegner im Visier hatten, waren diese schon viel zu nahe an den eigenen Stellungen, um noch die schweren Bordwaffen einsetzen zu können.
    So konnten die Fragonreiter ungehindert und ohne Verluste entkommen, denn auch von den Bodentruppen der Adaporianer wurde kein Schuss auf sie abgegeben. Der Feind verharrte in einer merkwürdigen Starre, als sei er vom ersten Gegenschlag völlig gelähmt.
     
    Thomal sah aus seinem Beobachtungsschlitz die Formation der Hubschrauber hinter den massigen Mauern der Festung verschwinden, die sich mit ihren Türmen und Zinnen drohend und schwarz gegen den zartgrünen Abendhimmel abhob. Dann blickte er wieder in die grellgrüne Scheibe der untergehenden Sonne. Das immer noch blendende Licht faszinierte ihn und weckte in ihm beängstigende Gefühle von Gewalt, die er nie gekannt hatte und für die er keinen Namen wusste.
    Minuten, nachdem sie verschwunden waren, tauchten die Helikopter wieder hinter der Festung auf. Thomal wusste nicht, wie lange er in die Sonne gestarrt hatte. Er nahm die Flugzeuge überhaupt nur wahr, weil sie sich gleichsam in die Sonne stürzten und sich dabei aufblähten, als hätten sich ihre dunklen Silhouetten am Licht gemästet. Plötzlich schienen sie eine Größe erreicht zu haben, die den Bann zerbrach, in dem der Anblick der Sonne ihn gefangen gehalten hatte. Entsetzen überkam Thomal, und er stieß einen gellenden, unartikulierten Schrei aus, denn was aus der Sonne heraus auf ihre Stellungen zuflog, waren keine Helikopter, sondern Maschinen, die nach einem ganz anderen Prinzip arbeiteten und wesentlich größer waren als ihre Fluggeräte.
    Thomals Schrei schreckte die Soldaten hoch, die im Bunker gedöst hatten. So sehr sie sich bisher vor einem Blick nach draußen gefürchtet hatten, jetzt sprangen sie auf, ergriffen ihre Gewehre und drängten sich zum Beobachtungsschlitz. Jeder wollte als erster an Thomal vorbei einen Blick auf die drohende Gefahr werfen.
    »Zurück!« brüllte Thomal, »ich muss schießen!« Er stieß mit dem Ellbogen und dem Gewehrkolben um sich; aber bis er sich genügend Bewegungsfreiheit erkämpft hatte, um das Gewehr durch den Schlitz zu schieben, rauschten die schwarzen Ungeheuer schon über den Bunker, so dass er das Feuer nicht mehr eröffnen konnte.
    Zum ersten Mal seit Stunden meldete sich wieder der Funklautsprecher. Eine vor Nervosität und Hast sich überschlagende Stimme schrie: »Unbekannte Flugobjekte im Anflug auf die ›Komet III‹! An alle Bunker: Feuer frei!«
    Thomal begann zu lachen, aber sein Lachen ging bald in keuchendes Husten über, das er nicht unterdrücken konnte, so sehr er sich auch darum bemühte. ›Kampfgas!‹ dachte er entsetzt, während er nach Atem rang und die Kameraden ihn besorgt und hilflos anstarrten. Endlich wurden die Hustenkrämpfe schwächer, und er ließ sich erschöpft zu Boden sinken.
    Während er noch darüber nachdachte, warum sie ohne Gasmasken nach draußen geschickt worden waren, wurde seine Aufmerksamkeit von einem anderen Ereignis in Anspruch genommen, das sich weit weniger dramatisch ausnahm als das vorausgegangene. Das grüne Leuchten jenseits des Beobachtungsschlitzes war immer dämmriger geworden. Nur noch ein fahler Schein drang herein, der ihre Gesichter und Hände vom Hintergrund abhob, während ihre Uniformen im Dunkel verschmolzen.
    Thomal richtete sich auf und spähte durch den Schlitz. Dort, wo vor kurzem noch die Sonne gewesen war, lag jetzt ein wie Phosphor glühender Wolkenball. Sonst war der Himmel fast schwarz, und die Ebene vor der Stadt versank in der Nacht. Plötzlich stießen Hunderte weißer Lichtfinger von allen Seiten her in die Finsternis. Wie ein Kristall zersprang die Schwärze unter dem Ansturm des Lichts, und die Männer im Bunker atmeten erleichtert auf. Sie hatten Angst vor der wachsenden Dunkelheit gehabt.
    Die Wirkung der Scheinwerfer enttäuschte Thomal. Er hatte gehofft, dass sie das

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