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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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Innere des ganzen Belagerungsrings mit strahlender Helligkeit übergießen würden, wie es die Sonne am Tag getan hatte; die mächtigen Scheinwerferbatterien vermochten jedoch nur, die Schwärze aufzusplittern und unruhig tastend zu zerschneiden. Dabei wurde durch den jähen Kontrast die Sicht nur umso schwieriger.
    Im Innern der Bunker durften sie kein Licht machen, und so begann in Finsternis und Kälte die erste entsetzliche Nacht auf Ne Par.
     
    Zu dieser Zeit tobte Kommandant Lubar wie ein Wahnsinniger in der Zentrale seines Schiffes. Der unglückliche Leutnant, der ihm das Lasertelegramm überbracht hatte, das den Verlust sämtlicher Helikopter meldete, wurde heimlich von zwei anderen Offizieren aus der Zentrale getragen. Lubar hatte mit beiden Fäusten so lange auf den überraschten Mann eingeschlagen, bis dieser bewusstlos zusammengebrochen war.
    Erst als der Kommandant den Fuß hob, um den Ohnmächtigen auch zu treten, rissen ihn die Stabsoffiziere zurück. Dadurch hatten sie freilich seinen Zorn auf sich gelenkt.
    Niemand hatte den kleinen, fetten Mann je in solcher Verfassung gesehen. Wer in seiner Umgebung lebte und arbeitete, der wusste, dass Lübars gelegentliche Zornesausbrüche eher wohlberechneter Gehässigkeit entsprangen als jähzorniger Unbeherrschtheit. Lubar selbst hätte sich zweifellos als humorvoll und gemütlich charakterisiert. Im Augenblick allerdings war er höchst ungemütlich und ganz und gar humorlos. Er raste vor Wut. Mit hochrotem Kopf stürmte er in der Zentrale auf und ab und trug die geballten Fäuste vor sich wie ein Kampfstier die Hörner. Mit den Fäusten, deren Knöchel schon blutig geschlagen waren, hämmerte er auf alles ein, was ihm in den Weg kam. Die Offiziere wichen ihm verschüchtert aus, denn sie wagten nicht seinem Toben entgegenzutreten und wussten nicht, wie sie ihn beruhigen sollten. Sie wussten noch nicht einmal, was den Vizeadmiral so aus der Fassung gebracht hatte.
    Endlich ließ sich Lubar in einen Sessel fallen. »Alle Helikopter vernichtet!« ächzte er und schlug die Hände vor die Augen. Die Stabsoffiziere in der Zentrale sahen sich bestürzt an.
    »Das kann doch nicht möglich sein!« rief ein älterer Oberst impulsiv und sprach damit aus, was alle dachten.
    Der Kommandant nahm die Hände vom Gesicht und stierte den Sprecher mit blutunterlaufenen Augen an. Mit einem gequälten, flehenden Ausdruck reichte er dem Oberst das Plastikknäuel, das er in der rechten Faust zusammengeballt hatte, und beobachtete, wie der Oberst die Telegrammfolie glättete. Dieser las es mit vor Erregung bebender Stimme vor:
    »Um 7.15 h (Ortszeit/dekadisch) sind auf Befehl des Rates der Kapitäne alle Helikopter zu einem Aufklärungsflug über Stadt und Festung Zaina gestartet. Sie wurden fünf Minuten später aus der Festung heraus von einem Pulk unbekannter Flugobjekte angegriffen und augenscheinlich durch Rammen zum Absturz gebracht. Die unbekannten Flugobjekte konnten ungehindert entkommen. Kapitän Faljan, im Auftrag des Rates der Kapitäne.« – Der Oberst ließ das Telegramm sinken. – »Gestatten Sie, dass ich Maßnahmen ergreife, Kommandant?«
    Die Gestalt Lübars straffte sich, und er lächelte höhnisch. »Welche ›Maßnahmen‹ wollen Sie denn ergreifen, mein lieber Oberst? -Wollen Sie aus Ersatzteilen Helikopter basteln? Maßnahmen, pah! Wissen Sie, was das heißt: Keine Luftaufklärung? Erinnern Sie sich überhaupt noch an unseren Auftrag? – Warum ist diese lächerliche Stadt nicht schon längst eingenommen? Wie viel Stunden ist es denn schon her, dass ich den Angriff befohlen habe? – Aber ich wette, die Herren Kapitäne haben erst ausgeladen und Bunker bauen lassen! Verdammtes Höhlenpack … nur graben, nichts als graben, das haben sie gelernt! Oh, Sie brauchen sich nicht auch noch zu verkriechen, meine Herren, ich werde nicht wieder gewalttätig. Ab jetzt führe ich den Krieg! – Direkte Verbindung zur Funkstation, aber dalli! – Stellen Sie sofort konstante Funkverbindung zu allen Beibooten her! Ich will außerdem in den Funkverkehr der Bodentruppen eingeschaltet werden. Veranlassen Sie das! Ich will jeden einzelnen Mann erreichen können!«
    In den wenigen Sekunden, in denen er die Befehle erteilte, hatte sich Lubar völlig verwandelt. Er strahlte eine Aktivität aus, die man selbst in seinen besten Jahren nicht von ihm gewohnt war. Dann meldeten die Funkstationen, dass die gewünschten Verbindungen hergestellt seien.
    »Männer«, sagte Lubar, und

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