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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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dritte Beiboot schon gelandet war. Es stand in einiger Entfernung landeinwärts, noch umgeben von einem Kranz wabernder Flammen, die allmählich in sich zusammensanken, bis nur noch der Boden dunkelrot glühte.
    Er verließ seinen Posten am Fenster und schlich sich gebückt unter den Hängematten zu seiner eigenen zurück. Der Tag war also gekommen, sie würden kämpfen müssen. Er warf einen prüfenden Blick auf sein Sturmgepäck. Die Energiekontrolle seines Gewehrs zeigte die volle Spannung. Er setzte sich neben das Gepäck auf den Boden und begann den Lauf seines Handraketenwerfers zu polieren.
    Da keine weiteren Befehle von Kommandant Lubar eingetroffen waren, verständigten sich die Kapitäne der zwölf Beiboote untereinander und begannen Mannschaften und Material auszuschiffen. Obgleich das Gelände bis zu den Mauern von Zaina gut einzusehen war und keinerlei Feindbewegungen festgestellt wurden, hielten sie sich strikt an die vorbereiteten Operationspläne, die davon ausgingen, dass die Schiffe von einer erregten, unkontrollierten Volksmenge umlagert würden. Daher schickten sie zunächst besonders für den Nahkampf ausgebildete Polizeisoldaten nach draußen, die mit leichten Handfeuerwaffen die nähere Umgebung der Schiffe sichern sollten.
    Thomal trat durch die Schleuse auf die von einem Antigravkran gehaltene Plattform hinaus. Hinter ihm drängten sich die sechs Männer seiner Gruppe. Er atmete tief ein und hätte fast niesen müssen, so würzig und voller Gerüche war die Luft des Planeten. Gerade noch rechtzeitig hielt er sich am Geländer fest, denn im gleichen Augenblick wurden die Antigravmotoren eingeschaltet, und alle Gegenstände unter dem Kran wurden nahezu gewichtslos. Leicht und sanft wie Federn schwebten sie zum Boden hinab.
    Thomals Gruppe war die vierte, die von der »Komet III« ausgeschleust wurde. Sie hatte Befehl, sofort ein Stück weit in Richtung Stadt vorzustoßen und dort den vorgeschobenen Posten der ersten Gruppe abzulösen. Das Gelände lag friedlich und leer vor ihnen, nur der schwarze, von den Heckdüsen verbrannte Kreis zeugte von Gewalt und Zerstörung. In geduckter Haltung, das Gewehr im Anschlag, stießen sie vor.
    »Keine besonderen Vorkommnisse!« meldete der Posten der ersten Gruppe, als sie ihn am Rand der verbrannten Erde erreichten.
    »Merkwürdig«, fügte er hinzu und wies auf die unversehrte Bodenbedeckung, die bis zur Stadtmauer zu reichen schien. Tatsächlich breitete sich da eine Art Teppich nach allen Seiten aus, welcher aus unzähligen blaugrünen Fäden bestand, die etwa fünf bis dreißig Zentimeter emporragten und sich im Wind wiegten. An den meisten dieser Fäden hingen viele durchsichtige, glitzernde Tröpfchen.
    »Idiot!« brummte Thomal vor sich hin und zog seinen Kampfstoffanalysator aus der Gürteltasche. Er misstraute zutiefst der friedlichen Ruhe, und das blaugrüne Funkeln des Bodenbelags erinnerte ihn unangenehm an den Reizgiftnebel beta 3, der zum Einsatz gegen Meuterer auf Raumschiffen vorgesehen war. Wie wäre man auch sonst auf den Gedanken gekommen, einen so kostbaren Teppich einfach auf den Sand ins Freie zu legen. Unendlich vorsichtig brachte er den Echowerfer seines Analysators vor einen der glitzernden Fäden und schaltete das Gerät ein. Der Kampfstoffanzeiger schlug aus, sank jedoch sofort wieder in den Weißbereich zurück.
    »Harmlos!« sagte Thomal, »aber nehmt euch in acht! Haltet euch von allem fern, was anders aussieht!« Er konnte sich noch immer nicht mit dem Gedanken abfinden, dass diese ganze grüne Pracht nur als Schmuck am Boden lag, ohne irgendeinem hinterhältigen Zweck zu dienen. Er erinnerte sich noch genau, wie das Gelände weiter unten am Meer ausgesehen hatte, wo sie in früheren Jahren gelandet waren. Die lockeren, feinen Quarzkörnchen dort waren ihm normal erschienen und typisch für eine Zivilisation, die nicht einmal die einfachsten Bindemittel kannte, um Beton herzustellen.
    »Manja geht rechts hinter mir!« ordnete er an. »Und beobachtet das Gelände bis zur Mauer! – Feni geht links hinter mir und beobachtet die Mauer! Die andern folgen in Doppelreihe. – Keiner bewegt sich, wenn ich stehen bleibe!«
    Widerspruchslos gehorchten die Männer seinen Befehlen, obgleich Thomal nicht einmal Unteroffizier war; aber vielleicht sicherte ihm gerade das ihr besonderes Vertrauen und ließ seine Autorität unmittelbarer zur Geltung kommen.
    Behutsam schob Thomal mit dem Stiefel die grünen Fäden zur Seite und setzte den

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