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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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bald sah er die ersten toten Eingeborenen am Boden liegen. Offensichtlich flohen die Eingeborenen und wurden von den Soldaten verfolgt.
    Unvermittelt stand Kapitän Kali vor einem gut drei Meter hohen kristallinen Gebilde. Erschrocken prallte er zurück, und eine der federnden Ranken versetzte ihm einen fast betäubenden Schlag gegen den Hinterkopf. Während er den Schmerz zu ignorieren versuchte, beglückwünschte er sich, dass die Ranke an der Stelle, mit der sie ihn getroffen hatte, keinen Dorn trug, und er erkannte, dass das Prisma mit dem Pyramidendach, vor dem er so erschrocken war, nur wie ein Kristall aussah, in Wirklichkeit aber so etwas wie ein Haus sein musste. Ein Haus aus Stoff, aus einem reich verzierten Stoff allerdings, auf den mit golden- und rotglühenden Schnüren Muster aufgetragen waren, die beim ersten Anblick den Eindruck einer kristallinen Struktur erweckt hatten.
    Mit schussbereiter Pistole schlich Kali um das Stoffhaus herum, um einen Eingang zu finden. Links und rechts neben sich hörte er die erstaunten Ausrufe der Soldaten. Das gab ihm Mut.
    Eine plötzlich in ihm aufwallende Lust am Zerstören veranlasste ihn, stehenzubleiben und mit einem Schuss der Laserpistole die Flanke des Zeltes aufzuschlitzen. Ein zweiter Schnitt, und eine dreieckige Stoffbahn löste sich und gab den Blick ins Innere frei.
    Zunächst sah er im Dämmerlicht des Zeltes nur das goldene und silberne Funkeln verschiedener Gerätschaften. Er bückte sich und betrat ohne das geringste Misstrauen den Innenraum.
    Tatsächlich befand sich kein Mensch mehr darin. Obgleich Kapitän Kali den Zweck und die Art der verschiedenen Einrichtungsgegenstände nur zum Teil durchschaute, bemerkte er doch sofort die Unordnung. Ein in großer Hast umgerissenes Tischchen lag in der Mitte des Zeltes, daneben gläserne und metallene Gefäße. Aus einem war eine himmelgrüne Flüssigkeit gelaufen, die als großer hässlicher Fleck in das gelbe Gewebe des Teppichs eingedrungen war. Ein berauschend aromatischer Duft stieg von dem Fleck auf. Aber Kali spürte noch einen anderen Geruch, der unangenehm, ja bedrohlich auf ihn wirkte. Es roch wie verbrennendes Isoliermaterial. Ein Kurzschluss! – aber, nein, hier konnte es keine Elektrizität geben. Der Kapitän sah sich suchend um. In einem Winkel fand er ein metallenes Becken, und darin glühte golden ein ihm unbekanntes Material. Vorsichtig näherte er sich der offenen Glut, bis er die Infrarotstrahlung deutlich im Gesicht spürte.
    Verwirrt starrte er in das Becken, und seine ganze Erziehung lehnte sich gegen diesen katastrophalen Leichtsinn auf. Zugleich sagte er sich jedoch, dass die primitiven Ne Paresen wohl keine andere Möglichkeit hatten, Wärme zu erzeugen, als eine solche unkontrollierte Oxydation.
    Sein Blick glitt zurück zu dem umgestoßenen Tischchen. Er bückte sich und richtete das zierliche leichte Ding wieder auf. Die Tischplatte war so glatt und gleichmäßig gearbeitet, wie Kali es diesen Barbaren niemals zugetraut hätte. Mit unerhörter Präzision hatte der Hersteller verschiedene hauchfein linierte Stückchen an- und ineinander gepasst, so dass ein vielgestaltig zartes Muster entstanden war, in welchem sich helle und dunkle Materialien wie Licht und Schatten abwechselten, und das Ganze fügte sich zu einer überwältigend schönen Komposition.
    Als er so auf das Tischchen hinabschaute und sich überlegte, dass Menschen, die solche Dinge schufen, sicher nicht primitiv sein konnten, packte ihn eine unerklärliche Wut. Ohne sich Rechenschaft über sein Tun abzulegen, ergriff er die Füße des Kohlenbeckens und schmetterte es auf das Tischchen, wobei die Glut ringsum ins Zelt geschleudert wurde. Sofort züngelten überall kleine gelbgrüne Flämmchen aus dem Teppich, und stinkender Qualm begann den Raum zu erfüllen.
    Mit blutunterlaufenen Augen starrte Kali auf die Reste des Tischchens, das mit einem schrillen Kreischen unter seinem Schlag zersplittert war. Da stürzten atemlos drei Soldaten ins Zelt von dem Lärm und Rauch angelockt. Mit einem einzigen Blick hatte jeder von ihnen die Situation erfasst, und sie rannten wieder hinaus.
    Als Kapitän Kali Sekunden später das brennende Zelt des Fürsten von Zaina verließ, wirbelten nicht nur an dieser einen Stelle Rauchwolken gen Himmel, sondern 23 von den 48 Zelten des Lagers brannten lichterloh, und auch die restlichen Zelte des Lagers gingen in Flammen auf, bevor Kali etwas dagegen unternehmen konnte.
    Der Kapitän fand den

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