Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch

Vom Netzwerk:

der Funkverkehr in der Nähe dieser merkwürdigen Kuppel gestört sein würde.
    »Wie haben Ihre Laserwaffen gearbeitet, Major? Mir schien es, als ob die Energie irgendwie reflektiert würde!«
    »Ja, Kapitän, dieser Effekt ist anscheinend von der Streuung abhängig. Je schärfer die Bündelung, umso sicherer arbeiten die Laser. Man darf nur nicht auf eine nahe Ranke zielen.«
    Der Kapitän glaubte die Zusammenhänge zu ahnen.
    »Ich danke Ihnen, Major! Gehen wir zu den anderen! Aber denken Sie immer daran: Uns geht es hier vor allem um das Phänomen dieser Kuppel, nicht um die Eingeborenen!«
    Der Major nickte. Dann setzten sie sich in Bewegung.
    Schon von weitem hörten sie die Geräusche, die die Gruppe verursachte. In der Lautlosigkeit des Rankengestrüpps wirkte das wie ein grelles Licht in der Nacht, nur, dass man danach die Richtung nicht eindeutig zu bestimmen vermochte. Doch der Major besaß ein gutes Orientierungsvermögen. Er führte sie zu den anderen zurück, ohne ein einziges Mal irgendein technisches Hilfsmittel zu gebrauchen.
    In der Mitte des Abwehrkreises lagen die beiden umgekommenen Soldaten. Der eine war bis zur Unkenntlichkeit verkohlt, während in der Brust des zweiten einer jener Stäbe steckte, die der Kapitän in den Händen der vier von ihm getöteten Eingeborenen bemerkt hatte. Er besah sich die Wunde genauer. Der Stab hatte sich mit großer Wucht in den Körper des Toten gebohrt und das Herz verletzt.
    Wie hatten die Eingeborenen den Stab so stark beschleunigen können? Die Kraft des Armes oder vielmehr die Bewegungsgeschwindigkeit des Armes hätte dazu niemals gereicht.
    Der Kapitän beugte sich hinab und versuchte, den Stab aus dem Körper des Toten zu ziehen, doch bemühte er sich vergebens.

    Irgendetwas hielt ihn fest. Einer der Soldaten kam herbei, kniete sich neben die Leiche und reichte dem Kapitän einen anderen Stab. Der Kapitän musterte den Mann, der seinen Wunsch erraten hatte, betroffen. Plötzlich bemerkte er, dass er keinen von seinen Soldaten kannte. Er wusste nicht einmal, wie sie hießen, und war doch auf ihre Zuverlässigkeit und ihren Mut angewiesen.
    »Danke, Polizist!« murmelte er verlegen und nahm den Stab. Schüchtern und unbeholfen deutete der Soldat erst auf die Spitze des Stabes, dann auf den Toten. Der Kapitän verstand die wortlose Geste sofort. Am einen Ende trug der Stab einen metallisch glänzenden Ansatz, der vorn spitz sich nach hinten zu zwei Widerhaken verbreiterte. Darum also hatte er ihn nicht aus der Wunde ziehen können. Achselzuckend reichte er das Ding dem Major.
    »Männer, wir müssen weiter! Der Major wird euch in Vierergruppen einteilen. Je einer sichert nach vorn, rechts, links und nach oben. Wir werden ziemlich dicht beieinander bleiben. Die Flügelmänner müssen sich immer im Auge behalten. Wenn ihr etwas Verdächtiges seht, schießt sofort! – Major, übernehmen Sie!«
    Der Kapitän musste sich eingestehen, dass der Major seine Sache verstand; und dass er selbst wirklich lieber im Landungsboot hätte bleiben sollen.
    Rasch ordnete der Major die Männer, und sie rückten weiter vor in das verschwommene Licht des Rankendickichts. Manchmal erstarrten die Männer wie auf Kommando zu bewegungslosen Bildern, während sich ihre Hände um die Schäfte der Waffen krampften … dann verlor sich irgendein Geräusch in der Ferne, und die Lautlosigkeit schlug wieder über ihnen zusammen, so dass sie sich fürchteten und lieber weitergingen, um sich durch die von ihnen selbst erzeugten Geräusche zu beruhigen.
    Nachdem sie so etwa eine halbe Stunde vorgedrungen waren, wurden sie ohne jede Vorwarnung mit Hunderten der seltsamen Spitzstäbe überschüttet. Diesmal hatten die Eingeborenen aber überhaupt keinen Erfolg mit ihrem Angriff. Die Stäbe kamen aus viel zu großer Entfernung herangeflogen, so dass die meisten schon weit vor dem Ziel gegen Ranken und Blätter prallten. Diejenigen jedoch, die nicht vorher aufgehalten worden waren, fielen kraftlos zwischen den Soldaten zu Boden. Freilich wurden auch einige Männer getroffen, doch vermochten die Spitzstäbe kaum den Uniformstoff zu durchdringen, und es gab nur einige leichte Wunden.
    Verwirrt blickte der Kapitän um sich und suchte die Angreifer.
    »Vorwärts! Feuer frei!« hörte er den Major brüllen. Geduckt sprangen die Soldaten vorwärts und begannen zu feuern. Um seine Truppe nicht aus den Augen zu verlieren, musste er hinter den Leuten herrennen. Ringsum erhob sich Lärm und Tumult, und