Der Glanz des Mondes
Art und Weise auftauchen würde, mit der er in mein Leben getreten war. Doch im Moment wollte ich nicht mit ihm sprechen. Ich war zu müde, um an etwas anderes zu denken, als die Männer in den Gebäuden des Schreins unterzubringen, die Pferde zu schützen, so gut es ging, und zu retten, was von unseren durchnässten Vorräten noch zu retten war. Danach blieb uns nichts anderes als abzuwarten, bis der Taifun sich ausgetobt hatte.
Es dauerte zwei Tage. In der zweiten Nacht wachte ich auf und merkte, dass die Stille mich aus dem Schlaf gerissen hatte. Der Wind hatte sich gelegt, und obwohl das Wasser noch von den Traufen tropfte, regnete es nicht mehr. Um mich herum schliefen die Männer wie Tote. Ich stand auf und trat ins Freie. Die Sterne leuchteten hell wie Lampen und die Luft war klar und kalt. Die Wachtposten begrüßten mich leise.
»Es klart auf«, sagte der eine munter, doch ich wusste, dass es für uns zu spät kam.
Ich betrat den alten Friedhof. Jo-An erschien wie ein Geist in dem verwüsteten Garten. Er sah mir prüfend ins Gesicht.
»Geht es Ihnen gut, Lord?«
»Ich muss mich nun entscheiden, ob ich mich wie ein Krieger verhalte oder nicht.«
»Sie sollten Gott danken«, erwiderte er. »Nun, da die verlorene Schlacht vorüber ist, werden Sie alle restlichen gewinnen.«
Dasselbe hatte ich zu Makoto gesagt, allerdings bevor Wind und Regen mir so zugesetzt hatten. »Ein wahrer Krieger würde sich in dieser Situation den Bauch aufschlitzen«, sagte ich, laut nachdenkend.
»Ihr Tod liegt nicht in Ihrer Hand. Gott hat nach wie vor seine Pläne mit Ihnen.«
»Wenn ich mich nicht töte, werde ich mich Arai ergeben müssen. Er ist mir auf den Fersen und die Terada können es unmöglich schaffen, vor ihm bei uns zu sein.«
Die Nacht war wunderschön. Ich hörte das gedämpfte Rauschen von Eulenschwingen und ein Frosch quakte vom alten Teich herüber. Das Tosen der Brandung auf dem Kies wurde schwächer und schwächer.
»Was wirst du tun, Jo-An? Wirst du nach Maruyama zurückkehren?« Ich fürchtete, dass man die Ausgestoßenen schlecht behandeln würde, wenn ich nicht mehr da war, um sie zu beschützen. Wenn im ganzen Land Aufruhr herrschte, würden sie mehr denn je zur Zielscheibe, als Sündenböcke angegriffen, von Dorfbewohnern denunziert, von Kriegern verfolgt.
»Ich fühle mich Gott sehr nahe«, sagte er. »Ich denke, er wird mich bald zu sich rufen.«
Ich wusste nichts darauf zu sagen.
»Damals haben Sie meinen Bruder in Yamagata von seinen Leiden erlöst«, fuhr er fort. »Falls es dazu kommt, werden Sie dasselbe auch für mich tun?«
»Sag so etwas nicht«, erwiderte ich. »Du hast mir das Leben gerettet; wie kannst du mich darum bitten, dir deins zu nehmen?«
»Werden Sie es tun? Vor dem Tod fürchte ich mich nicht, aber vor den Schmerzen.«
»Geh zurück nach Maruyama«, drängte ich ihn. »Nimm das Pferd, mit dem du gekommen bist. Halte dich von den großen Straßen fern. Ich werde nach dir schicken lassen, wenn ich kann. Aber du weißt, dass Arai mich wahrscheinlich töten lassen wird. Vermutlich sehen wir uns nie wieder.«
Er lächelte seine typische Andeutung eines Lächelns.
»Danke für alles, was du für mich getan hast«, sagte ich.
»Alles, was zwischen uns geschehen ist, gehört zum Plan Gottes. Ihm sollten Sie danken!«
Ich begleitete ihn zu den Reihen der Pferde und sprach mit den Wachen. Ungläubig sahen sie zu, wie ich den Hengst losmachte und Jo-An auf seinen Rücken sprang.
Nachdem er in die Dunkelheit hinausgetrabt war, legte ich mich wieder hin, schlief aber nicht ein. Ich dachte an Kaede und wie sehr ich sie liebte, versank in Gedanken über mein ungewöhnliches Leben. Ich war froh, es so gelebt zu haben, trotz all der Fehler, die ich gemacht hatte. Ich trauerte um nichts, außer um jene, die vor mir hatten sterben müssen. Der heraufziehende Morgen war so hell und makellos wie kaum einer, den ich je gesehen hatte. Ich wusch mich so gründlich wie möglich, frisierte mein Haar, und als meine zerlumpte Armee erwachte, wies ich sie an, dasselbe zu tun. Ich rief nach Ryoma, dankte ihm für seine Dienste und bat ihn, zumindest abzuwarten, bis er von meinem Tod erfuhr, um die Nachricht dann Fumio auf Oshima zu überbringen.
»Ich werde mich Lord Arai ergeben und vertraue darauf, dass er euer Leben im Gegenzug verschonen und euch in seine Dienste nehmen wird. Ich danke euch für eure Ergebenheit. Ihr hättet mir nicht treuer dienen können.«
Sie sollten unter der
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